Wirtschaft

Yoga-Unternehmerin im Interview "Wir sind kein Reparaturbetrieb für die Leistungsgesellschaft"

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Yoga ist in den letzten Jahren sehr populär geworden.

Yoga ist in den letzten Jahren sehr populär geworden.

(Foto: IMAGO/Zoonar)

Yoga und Business – verträgt sich das? Die Berliner Yoga-Unternehmerin Patricia Thielemann über Kurse für Angestellte und die Frage, warum sich das Konzept so schwer in eine Kette pressen lässt.

Yoga ist fast zu einem Standardprogramm für den gestressten Städter geworden. Woher kommt dieser Erfolg?

Patricia Thielemann: Es gibt einmal die körperliche Ebene. Yoga wirkt entstressend und führt den Menschen wieder in seine Kraft. Aber es führt auch zu einer größeren Klarheit auf mentaler Ebene. Wir sind ja alle einer großen Aufmerksamkeitsökonomie ausgesetzt. Da führt einen Yoga raus.

Sie betreiben Yoga als Unternehmerin. Gibt es da nicht einen Grundkonflikt? Auf der einen Seite geht es darum, aus dem Druck und dem Tempo herauszukommen. Andererseits wollen Sie natürlich Geld damit verdienen. Wie lösen Sie diesen Konflikt auf?

Mir geht es nicht darum, möglichst in die Breite zu wachsen und vielleicht eine große Kette mit Spirit Yoga aufzubauen. Sondern ich versuche, bewusst Maß zu halten und eher auf die Tiefe als auf die Breite zu setzen.

Sie sind Anfang des Jahrtausends als ausgebildete Yoga-Lehrerin aus Kalifornien gekommen, um dann in Berlin ein erstes Studio zu gründen. Aber es ist ja sicher nicht so, dass man da sofort von jeder Bank einen Kredit bekommt.

Das stimmt, und damals war es auch noch eine andere Zeit. Als ich zur Berliner Sparkasse ging, um einen Gründungskredit zu bekommen, da war es noch exotisch, einen Business-Plan für ein Yogastudio zu schreiben. Da wurde genau abgeklopft, dass das keine Sekte ist oder etwas Ähnliches. In Berlin-Mitte aber hat sich damals viel bewegt, weshalb es auch viel Unterstützung gab. Vieles war damals noch machbar.

Im Grunde haben Sie eine kleine Yoga-Marke aufgebaut. Warum gibt es eigentlich keine richtige Kette für Yoga-Studios in Deutschland?

Ich glaube, das liegt daran, dass Yoga anders als Fitness sehr von der persönlichen Ansprache lebt. Und von der Individualität. Es wäre ein Widerspruch in sich, das in eine skalierbare Form zu packen. Es ist schon für mich mit zwei Standorten ein Spagat: einerseits einen klaren Rahmen zu setzen, aber auch den Freiraum zu lassen. Spirit Yoga ist der Versuch, so etwas wie ein europäisches Yoga zu schaffen. Also nicht die Indien-Nostalgie hochzuhalten, aber auch nicht das funktionale Yoga aus den USA zu verfolgen, bei dem es mehr um Sport geht.

Ist Yoga nicht einfach eine Art Reparaturbetrieb für die Leistungsgesellschaft?

Man könnte meinen, dass wir so ein Reparaturbetrieb sind. Aber Yoga richtig verstanden führt eher zu innerer Freiheit. Gerade im Unternehmens-Kontext kann es sein, dass Yoga jemanden dazu bringt, zu sagen, dass er nicht mehr im Hamsterrad laufen will. Und dann lässt er es alles, weil er sein Leben aus einer anderen Perspektive sieht.

Es gibt ja eine Fülle von Angeboten an Yoga-Kursen. Woran erkenne ich, ob da was Gutes dabei ist oder ob es sich um einen Scharlatan handelt?

Man sollte einfach, wenn man in einen Kurs geht, nicht den gesunden Menschenverstand über Bord werfen, sondern das kritisch hinterfragen. Man sollte sich fragen: Kann der Lehrende Yoga so vermitteln, dass es einen Unterschied macht, hat er eine Präsenz? Da kann man schon auf sein eigenes Gefühl hören. Wichtig ist, darauf zu achten, ob da klischeehaft mit Yoga umgegangen wird, mit kleinen Buddha-Bildchen oder irgendetwas indisch Angehauchtem. Dabei ist die Spiritualität natürlich trotzdem wichtig.

Ist die nicht häufig aufgesetzt?

Manchmal ist es nicht authentisch. Yoga ist ja in den letzten Jahren enorm populär geworden. Und natürlich führt das dazu, dass die Klischee-Bilder stärker werden, die man mit Yoga verbindet. Da die Spreu vom Weizen zu trennen, ist nicht immer einfach.

Hören Sie in der neuen Folge von "Die Stunde Null"

· Weshalb Yoga sich so schwer per Online-Kurs unterrichten lässt

· Wie Yoga in Betrieben funktioniert

· Wann man auf den Yoga-Kopfstand eher verzichten sollte

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Quelle: ntv.de, jki

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