Appell in Russland Nawalny ruft zu Protestmarsch auf
28.01.2015, 02:04 Uhr
Polizeisperre in der Moskauer Innenstadt: Mitte Januar trafen hier mehrere Hundert Oppositionelle auf zahlreiche Putin-Unterstützer.
(Foto: REUTERS)
Oppositionspolitiker Nawalny gibt sich unbeirrt und ruft die Russen zu einem großen "Frühlingsmarsch gegen die Krise" auf. Sein Vorwurf: Präsident Putin habe das Land in die Pleite geführt.
Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny hat angesichts der schweren Wirtschaftskrise in Russland Massenproteste gegen die Regierung angekündigt. "Ich rufe alle Moskauer und Besucher der Hauptstadt auf, am 1. März 2015 auf die Straße zu gehen und an einer friedlichen Massenkundgebung teilzunehmen, einem Frühlingsmarsch gegen die Krise", schrieb der Kreml-Gegner und landesweit bekannte Blogger auf seiner Internetseite. "Putin und seine Regierung können das Land nicht aus der Krise führen und sollten abtreten."

"Putin und seine Regierung können das Land nicht aus der Krise führen und sollten abtreten": Alexej Nawalny.
(Foto: REUTERS)
Der 38-Jährige warf der Staatsführung vor, versagt zu haben. Die Regierung habe Russland in den vergangenen Jahren trotz sprudelnder Öleinnahmen "in eine Sackgasse und den Bankrott" geführt, schrieb der Anwalt und Politikaktivist. Der Demonstrationsaufruf wird nach Angaben Nawalnys von den Anführern der liberalen Opposition unterstützt.
Die Folgen russischer Sanktionen
Zu den Forderungen der Organisatoren gehört unter anderem die Aufhebung der russischen Importbeschränkungen für Nahrungsmittel aus Ländern, die im Ukraine-Konflikt Sanktionen gegen Moskau verhängt haben. Zudem soll die Regierung aufgerufen werden, die Militärausgaben zu verringern und der Gewalt in der Ukraine ein Ende zu setzen.
Erst zu Wochenbeginn hatten Berichte über einen zynischen Ratschlag eins russischen Duma-Abgeordneten an eine russische Mutter Empörung ausgelöst. "Wenn Sie nicht genug Geld haben, müssen Sie sich daran erinnern, dass wir Russen sind", gab der Politiker Ilja Gaffner einer alten Dame zur Antwort. "Wir haben Hunger und Kälte überlebt, wir müssen an unsere Gesundheit denken und weniger essen", riet Gaffner. Die Frau hatte sich an ihn gewandt, weil sie nach eigenen Angaben keinen Zucker mehr für ihren behinderten Sohn kaufen kann. Der Abgeordnete aus Sibirien hat sich mittlerweile bei der Frau entschuldigt.
Nawalny steht seit Februar 2014 unter Hausarrest. Erst im vergangenen Dezember wurde der prominente Regierungsgegner zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Gemeinsam mit seinem Bruder Oleg Nawalny, der zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde, soll er den französischen Kosmetikkonzern Yves Rocher um umgerechnet knapp eine halbe Million Euro betrogen haben.
Russlands Ratingnote fällt
Die Vorwürfe werfen zahlreiche Fragen auf - auch im Hinblick auf die Unabhängigkeit der russischen Rechtsprechung. Obwohl Yves Rocher den Vorwurf zurücknahm, sprach das Gericht die Brüder schuldig. Beobachter sprachen von einem politischen Prozess.
Die EU und die USA haben wegen der Haltung Russlands im Konflikt in der Ukraine Wirtschaftssanktionen gegen Moskau verhängt. Russland, das zu den größten Öl- und Gasförderer der Welt zählt, leidet zudem unter dem extremen Verfall des Ölpreises. Der russische Staat ist stark abhängig von den Einnahmen aus dem Rohstoffexport. Erst zu Wochenbeginn hatte die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) die Kreditwürdigkeit des Landes auf Ramschniveau herabgestuft. Damit dürfte sich die finanzielle Situation des Landes weiter verschärfen.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP