Wirtschaft

Auto-Lobbyisten regieren in Berlin VDA führt Regie bei Ökolabel

Autolobbyist Wissman: Hans Dampf in allen Gassen?

Autolobbyist Wissman: Hans Dampf in allen Gassen?

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Autoverband VDA soll bei der Einführung des umstrittenen Energielabels für den Kraftstoffverbrauch im großen Stil mitgewirkt haben. Die Grenzen zwischen Industrie und Politik verschwimmen, Lobbyismus scheint salonfähig zu werden.

Erst die Großspenden der BMW-Eigentümerfamilie Quandt an die CDU, dann der Jobwechsel des ehemaligen Staatsministers Eckart von Klaeden zum Daimler-Konzern, jetzt die Einflussnahme des Autoverbands VDA auf das sogenannte Ökolabel für Autos: Im Moment mangelt es nicht an Geschichten zu Kunststückchen der Lobbyisten. Die Öffentlichkeit beobachtet diese Verflechtungen zwischen Industrie und Politik jedoch mit Argusaugen. Offenbar hat die Privatwirtschaft einen heißeren Draht ins Kanzleramt als gedacht, und sie nutzt ihn offenbar auch mit großem Geschick.

Wie jetzt bekannt wird, hat der VDA bei der Einführung des umstrittenen Ökolabels für den Verbrauch von Autos vor zwei Jahren auch stärker mitbestimmt als bisher bekannt war. Der Verband warb einem Medienbericht zufolge bei der Bundesregierung nicht nur für seine Positionen, sondern vermittelte sogar direkt zwischen den Ministerien, berichtete "Zeit online" unter Berufung auf Akten des Bundeswirtschaftsministeriums.

Als Beispiel für die exzellenten Kontakte, zitiert der Bericht einen Brief aus dem Februar 2010 an das Verkehrsministerium. Darin schreibt VDA-Präsident Matthias Wissmann, sein Verband und das Wirtschaftsministerium seien sich "über einen konkreten Vorschlag einig". Es gehe nun darum, auch das Umweltministerium davon zu überzeugen. Im April 2010 habe der VDA das Wirtschaftsministerium darüber informiert, dass das Bundesumweltministerium einen Vorschlag des Wirtschaftsressorts falsch verstehe. Man müsse dem Umweltministerium die Formeln nochmals erklären. "Sonst rechnet das BMU falsch", mahnte der VDA-Vertreter laut dem Bericht.

Der verlängerte Arm der Regierung

Die Kritik lässt nicht auf sich warten: "Hier hat ein Lobbyverband nicht einfach nur seine Positionen übermittelt, sondern gleich noch die Ressortabstimmung übernommen", sagte Christina Deckwirth von der Antilobbyismus-Initiative LobbyControl "Zeit online". Der VDA handle offenbar als verlängerter Arm der Bundesregierung.

Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisierte, dass der VDA "weitgehend die Regie bei der Erstellung der Verordnung" übernommen habe. Ans Licht kam die Korrespondenz dem Bericht zufolge nur, weil die Umwelthilfe sich die Einsicht in die Akten vor dem Europäischen Gerichtshof erstritten hatte.

Die umstrittene Verordnung war im Dezember 2011 in Kraft getreten. Das Label soll Verbraucher beim Kauf eines Neuwagens über Energieverbrauch und Ausstoß an klimaschädlichem Kohlendioxid informieren. Ähnlich wie bei Elektrogeräten gibt es Effizienzklassen. Umweltverbände kritisierten das System schon bei der Einführung als irreführend und wenig aussagekräftig, da es bestimmte Modelle bevorzuge.

Ist Lobbyismus salonfähig geworden?

Die Verzahnung insbesondere von Autoindustrie und Regierungspolitik ist kein Novum. Aber gerade in den vergangenen Monaten war die Lobbyisten wieder besonders umtriebig. Sie brachten Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Bundestagswahl sogar dazu, den Klimaschutz hintenanzustellen. An Gewicht für solche Vorstöße mangelt es der Autobranche nicht. Mit 750.000 Beschäftigten in Deutschland gehören die Autobauer zu den wichtigsten Arbeitgebern hierzulande. Nimmt man die Jobs im Kfz-Handwerk, Dienstleistern und Lieferanten dazu, sprechen die Branchenvertreter sogar für mehrere Millionen Mitarbeiter.

Eines hat sich über die Zeit jedoch verändert: mittlerweile werden die guten Kontakte zwischen Industrie und Politik öffentlich zelebriert. Von versteckter Einflussnahme kann fast keine Rede mehr sein. "Diplomatie" und Geschäftemachen" - das ist kein Widerspruch, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle beim Wirtschaftstag der Botschafterkonferenz 2013 im September frei heraus formulierte.

Die Begegnung mit 1.500 Unternehmern, zu denen auch mächtige Chefs wie der Vorstandsvorsitzende von VW Martin Winterkorn, gehörte, soll im besten Sinne "Vernetzung und Offenheit" signalisieren. Am Ende bleibt ein fader Beisgeschmack. Insbesondere, wenn sich der Minister artig bei der Industrie bedankt und sagt: "Wir verstehen uns ausdrücklich als Dienstleister der deutschen Unternehmen."

Quelle: ntv.de, ddi/AFP

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