Leben

One Woman Show Impfpflicht für Liebe bei der Arbeit?

Falls Liebe im Spiel ist (oder auch nicht) - diesen Teil nun so oder so auf zu Hause zu verlegen wäre ratsam.

Falls Liebe im Spiel ist (oder auch nicht) - diesen Teil nun so oder so auf zu Hause zu verlegen wäre ratsam.

(Foto: imago/Westend61)

Der Irrtum in der Überschrift ist meiner Schlechtsichtigkeit geschuldet, es soll heißen "Infopflicht für Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz" und es geht darum, wer jetzt wen im Springer-Verlag lieben darf oder nicht. Häh, Liebe verboten?

Da stimmt doch was nicht: Liebe passiert, Liebe setzt sich durch, Liebe kann man nicht verhindern, sollte man auch nicht, schon gar nicht der Arbeitgeber. Es ist ja auch was anderes gemeint, es geht ja gar nicht wirklich um Liebe. Es geht viel eher um Beziehungen, die nicht gleichberechtigt sind.

Diese Woche kam die Meldung, dass der Medienkonzern Axel Springer bis zum Jahresende ein Regelwerk mit Informationsstandards zu innerbetrieblichen privaten Beziehungen erstellen will. Ein Regelwerk? Springer bestätigte dies in der "Financial Times", dann wird es wohl stimmen. Es geht darum, dass der Arbeitgeber über Liebesbeziehungen informiert werden soll, bei denen ein Interessenkonflikt bestehen könnte, etwa bei Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Vorgesetzten und direkt untergebenen Kollegen. Sie können es sich denken, das sind die Konsequenzen, die der Konzern aus der Angelegenheit mit Julian Reichelt ziehen musste. Es soll laut Mitteilung allerdings keine generellen Verbote von Beziehungen geben. Mitarbeiter sollen aber in bestimmten Fällen, also bei Interessenkonflikten, verpflichtet werden, über Beziehungen zu informieren. Denkbar sei, das Gespräch mit einer Vertrauensperson im Konzern oder einer zuständigen Stelle in der Compliance- oder der Personalabteilung zu suchen.

"Ich hab' sie zuerst gesehen!" "Nein, ich!"

"Ich hab' sie zuerst gesehen!" "Nein, ich!"

(Foto: imago/Westend61)

"Chef, ich habe mich in Frau Müller verliebt, geht das in Ordnung?" "Nein, ich habe mich auch in Frau Müller verliebt." Was tun? Ein Duell im Morgengrauen auf der Rudi-Dutschke-Straße? Wie romantisch.

Was geht?

Es geht ja aber eigentlich um etwas ganz anderes. Es geht um das Ausnutzen von Untergebenen. Das gab es schon immer, und das wird es auch weiter geben, wenn nur die Liebe verboten werden soll. Denn was verboten werden müsste, sind ganz andere Dinge: "Frauen/Männer nach Fuckability einstellen: verboten". "Unterstellte ausnutzen oder mit sexuellen Gefälligkeiten Jobaussichten verbessern lassen: verboten", "Frauen auf den Arsch klatschen und Männern aufs Gemächt glotzen: verboten", "Anzügliche Sprüche: verboten", "Fragen seitens des Arbeitgebers oder Vorgesetzten nach allzu privaten Dingen, Kinderwunsch et cetera: verboten". Sie verstehen, oder?

Es ist sicher nicht verboten, jemandem mal länger in die Augen zu schauen, denn das ist ja etwas total Schönes, das in unserer degenerierten Zeit, in der es für alles Verordnungen gibt und Verbote, komplett den Bach runtergeht. Flirten verboten? Komplimente und Tür aufhalten verboten? Schade, aber so weit wird es bald kommen. Und wenn es keine Verordnung dafür gibt, dann macht es trotzdem bald niemand mehr, weil alle Leute zutiefst unsicher sind, was noch geht und was nicht.

Um regelkonform zu bleiben, sei aber noch erwähnt, dass DJV-Chef Frank Überall die Sache bereits geklärt hat: Er sagt, dass die Anregung des Springer-Konzerns mit dem deutschen Recht ebenso wenig vereinbar ist wie mit dem Grundrecht eines jeden Menschen auf Privatsphäre: "Klar ist, dass das Einfordern sexueller Gefälligkeiten durch einen Vorgesetzten völlig inakzeptabel ist und strafrechtlich relevant sein kann." Ein Transparenzbericht jedoch, der tief in die Privatsphäre von Beschäftigten eingreifen würde, sei das falsche Gegenmittel. Stattdessen müsse Springer die Machtfülle von Chefredakteuren beschneiden, die die Reichelt-Affäre erst möglich gemacht habe, betont Überall.

Also bitte, lernen Sie doch jemanden bei der Arbeit kennen und lieben - wir verbringen da immerhin sehr viel Zeit - und Liebe ist eine verdammt schöne Sache. Sollte Ihnen jemand allerdings auf den Hintern greifen oder vor versammelter Mannschaft sagen, dass Ihr Verhalten zickig sei, bloß weil Sie sich jetzt wehren und Sie "sich mal nicht so anstellen sollen, der Meier hat's doch nur nett gemeint", dann ab ins Personalbüro!

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen