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Heldenepos made in RussiaWie die Sowjets "Saljut 7" retteten

10.04.2018, 18:41 Uhr
imageVon Thomas Badtke

Weltraum-Epen sind in Hollywood gern gesehen: unendliche Weiten, der Kampf des Menschen mit der Technik und dem Ungewissen. Und das alles für Ruhm, Ehre, Vaterland. Klingt gut? Kann Russland auch. "Salyut 7" ist der Beweis.

Die ISS kennt heutzutage jedes Kind. Die "Mir", gewissermaßen der Vorgänger der ISS und die Mutter aller Raumstationen in modularer Bauweise, dürfte auch noch in vielen Köpfen umherkreisen. Aber wie steht es mit den "Saljut"-Stationen? Da scheint fast schon Insiderwissen gefragt. Das waren gleich mehrere Raumstationen der Sowjetunion, in den 1970ern und 1980ern, vor der "Mir" in eine nahe Erdumlaufbahn geschossen.

"Saljut 7" (englisch Salyut) ist die berühmteste von ihnen - und das hat einen ganz speziellen Grund: Die etwa 15 Meter lange, 4 Meter Breite und etwa 20 Tonnen schwere Raumstation steht im Mittelpunkt einer erfolgreichen bemannten Rettungsmission, die heute zu den größten Leistungen der Raumfahrtgeschichte gezählt wird. Und genau diese Rettungsmission ist der Stoff, aus dem einer der erfolgreichsten neuen russischen Spielfilme gedreht wurde, der als "Salyut 7" nun in die deutschen Heimkinos kommt.

Spannungsgeladenes Helden-Epos

Hier werden die Ersten aufschreien: "Putin-Propaganda", "russische Fake News" ... Denen sei gesagt: "Salyut 7" ist ein hervorragend inszenierter, spannungsgeladener Spielfilm, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Natürlich spielt Pathos eine gewisse Rolle - ebenso aber auch Humor, Special Effects und wunderschönen CGI-Allbilder. Also einfach mal Vorurteile über Bord und wirken lassen. Ab ins Jahr 1985.

Die "Saljut 7" dreht ihre Runden um die Erde, als am 11. Februar die Funkverbindung zur Erde plötzlich abreißt. Die Sowjets befürchten das Schlimmste, der Rest der Welt, allen voran die USA, erst recht: Die "Saljut 7" wird unkontrolliert auf die Erde stürzen. Das Ausmaß der Zerstörungen will sich keiner so richtig ausmalen. Auf den TV-Bildschirmen rund um die Welt wird darüber spekuliert, welche Stadt wohl dem Erdboden gleichgemacht werden könnte.

Doch in Baikonur, dem Weltraumbahnhof der Sowjets, keimt die Idee, eine Sojus mit zwei Mann Besatzung zur "Saljut 7" zu fliegen. Die rotiert mittlerweile gefährlich um zwei Achsen, ein Andocken an sie wäre ein nahezu unmögliches Unterfangen. Die Kosmonauten Wladimir Dschanibekow (Wladimir Wdowitschenkow) und Wiktor Sawinych (Pawel Derewjanko) sollen es versuchen. Es steht viel auf dem Spiel: Die "Saljut 7" ist der Raumfahrt-Stolz der Sowjetunion. Ein Abschuss, der als Ultima Ratio droht, würde die Raumfahrt des Landes um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurückwerfen.

Dschanibekow und Sawinych machen sich auf den Weg zu ihrer "Mission impossible". Wenn einer "Saljut 7" wieder flottbekommt, ist es Sawinych, der bei deren Entwicklung vorn dran war, also jede Schraube kennt.

Man ahnt es: Das Andockmanöver gelingt, beim zweiten Versuch. Die beiden betreten "Saljut 7" - und finden sie vollständig vereist vor. Nun gilt es: Die Kommandozentrale gibt den beiden Kosmonauten fünf Tage Zeit, die "Saljut 7" wieder in Gang zu bekommen. Zuerst muss das Eis weg. Aber wenn Eis taut, wird es zu Wasser und Wasser im Stromkreislauf der "Saljut 7" wäre das Aus. Einfallsreichtum ist gefragt. Und nicht nur beim Thema Enteisen ...

Spaß, Spannung, "Salyut 7"

Dass aus dieser recht unbekannten Rettungsmission ein kurzeiliger Spielfilm werden konnte, liegt vor allem daran, dass die Mission am Ende erfolgreich war. Erfolgreich auf ganzer Linie: Die "Saljut 7" wurde wieder in Gang gebracht; die beiden Kosmonauten landeten wohlbehalten wieder auf der Erde. In der Sowjetunion genießen sie danach Heldenstatus, im Westen verblasst der Ruhm und die Erinnerung sehr schnell: Keine Stadt wurde zerstört; keine Katastrophe brach aus. Also wird die nächste Kuh durchs Dorf getrieben.

Mit "Salyut 7" ist Regisseur Klim Shipenko ein mehr als sehenswertes Weltraumabenteuer gelungen, nach dessen Anschauen man unbedingt mehr über die "wahre Begebenheit" herausfinden will. Der Film ist nicht mit technischen Spielereien überladen. Die Raumstation "Saljut 7" sieht so aus, wie man sich eine sowjetische Raumstation aus den Achtzigerjahren vorstellt: Reparaturen werden mechanisch vorgenommen, der Hammer wird geschwungen statt eines blinkenden, piepsenden Mäusekinos.

Das rückt die Leistung der Hauptdarsteller in den Vordergrund. Vor allem der an Steve McQueen erinnernde Dschanibekow kann überzeugen. Seine Figur wird als ein Held mit Ecken und Kanten dargestellt, der auch mal Wodka in den Raumanzug und dann ins All schmuggelt. Er hat eine Ehefrau und eine Tochter, sein Kosmonautenkollege Wasinych ist ebenfalls verheiratet und im Begriff, Vater einer Tochter zu werden. "Kosmonauten können nur Töchter zeugen", lautet ihre passende Phrase dazu. Ob das wohl stimmt?

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