Temperaturen um minus 30 Grad Eiseskälte hat bald ein Ende
18.01.2017, 15:15 Uhr
Klare Nächte und schneebedeckte Böden bringen eiskalte Temperaturen mit sich. Tröstlich: Deutschland ist mit den winterlichen Extrembedingungen nicht alleine. Zum Wochenende geht es aber etwas aufwärts, sagt n-tv Meteorologe Björn Alexander.
n-tv.de: Björn, der Winter will es jetzt wohl wirklich wissen. Es wird gebibbert und gefroren. Wo ist es denn am kältesten?
Björn Alexander: Die kältesten Temperaturen gibt es momentan natürlich in den Nächten. Und zwar überall dort, wo Schnee liegt und der Himmel aufklart. Dann rauschen die Temperaturen gelegentlich sogar in Richtung Minus-30-Grad-Marke. So geschehen in der Nacht zum Mittwoch in Marienberg-Kühnhaide in Sachsen. Deutlich verbreiteter sind nächtliche Tiefstwerte von -10 bis -20 Grad. Das betrifft viele Mittelgebirgsbereiche, aber auch in Teilen von Sachsen-Anhalt oder Brandenburg war es zuletzt so eisig. Noch atemberaubender ist übrigens der Blick auf die gefühlten Temperaturen.
Was heißt das genau?
Bei den gefühlten Temperaturen, dem sogenannten Windchill, versucht man in der Meteorologie dem Phänomen des Wärmeabtransports Rechnung zu tragen. Soll heißen: Bei absoluter Windstille ist die gefühlte Temperatur im Prinzip gleich der gemessenen Temperatur. Kommt jetzt aber Wind hinzu, dann wird die Körperwärme noch schneller abtransportiert. Je stärker der Wind, umso rascher friert man. Das daraus resultierende Empfinden ist natürlich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Fakt ist aber: Es fühlt sich kälter an. Und die Größenordnung des Kälteempfindens beschreibt die Windchill-Temperatur.
Wie kalt fühlte es sich demnach an?

Für Spaziergänge, wie hier etwa an der Ostsee, empfiehlt es sich, sich dick einzupacken.
(Foto: dpa)
Am Mittwochmorgen lagen die gefühlten Temperaturen in der Nordhälfte häufig bei -5 bis -10 Grad. Von den Mittelgebirgen südwärts waren es oft -15 bis -25 Grad. Auf den Gipfeln der Berge Richtung Schwarzwald und Alpen sogar unter -25 Grad.
Gibt es Tipps, wie man sich vor dieser Eiseskälte schützen kann?
Auf Eitelkeiten verzichten. Morgens nicht duschen, sondern eher abends vorher, damit die Feuchtigkeit in der Früh nicht mehr in den Haaren und den Hauptporen schlummert. Fett- oder sogenannte Winter- und Wettercremes aufs Gesicht. Besonders empfindliche Kinderhaut sollte so auf jeden Fall mehr Schutz bekommen. Und natürlich die richtige Kleidung, die vielleicht jetzt auch nicht unbedingt auf den Modeschauen dieser Welt ihren Platz finden würde. Übrigens sind wir in Sachen Eis und Kälte nicht allein.
Wo ist es noch kalt?
Über Osteuropa hat der Winter ja schon länger Einzug gehalten. Aber inzwischen ist die Winterluft auch in Südfrankreich und Teilen der Iberischen Halbinsel bzw. Spaniens angekommen. Auf Mallorca hat es vorübergehend geschneit und bis an die französische Mittelmeerküste herunter bläst der Mistral und sorgt in Kombination mit leichtem Frost vor allem in den Morgenstunden für Windchill-Temperaturen von um die -10 Grad.
Zu besseren Einordnung: Über welche Orte sprechen wir da?
Beispielsweise das Rhône-Tal herunter über Lyon, Avignon oder Arles. Etwas weniger eisig, aber immer noch kalt genug war es zum Beispiel in Montpellier, Sète, Marseille oder Cannes mit gefühlten -2 bis -8 Grad.
Wie geht es in den kommenden Tagen weiter?
Sowohl in weiten Teilen Frankreichs als auch über der Südhälfte Deutschlands und dem Alpenraum hält sich die Winterluft - auch wenn es in Richtung Wochenende insgesamt weniger eisig wird. Das heißt in der Mitte Deutschlands um 0, im Süden je nach Sonne oder Nebel zwischen -6 und -1 Grad.
Wie wird das Wetter weiter nördlich?
Über der Norden unseres Landes bis etwa an den Nordrand der Mittelgebirge sieht es leider nicht so schön aus. Hier hängen auch in den kommenden Tagen immer wieder dichte, hochnebelartige Wolkenfelder. Die bringen mildere Luft bei Tageshöchstwerten von 1 bis 5, direkt an der Nordsee auch bis zu 7 Grad. Dabei kann es stellenweise auch etwas Schnee oder Regen geben. Und das ist mal wieder eine gefährliche Kombination. Denn überall, wo die Böden noch gefroren sind, müssen Sie stellenweise auch mit Glatteis rechnen.
Was macht der Wettertrend in der nächsten Woche?
Derzeit würde ich weiterhin von ruhigem und teils trübem, teils sonnigen Winterwetter ausgehen. Der Norden dabei tendenziell milder als der Süden, wo es über Schnee nach wie vor nachts noch eisig kalt werden dürfte.
Kein Vergleich also zum Wetter vor genau zehn Jahren. Denn da fegte ja Orkan "Kyrill" über uns hinweg.
Korrekt. Am 18. und 19. Januar 2007 erlebten wir einen der schlimmsten Stürme der vergangenen Jahrzehnte. Besonders beim Waldspaziergang im Bergland können wir immer noch die enorme Zerstörungskraft des Orkans sehen. Schneisen- und flächenhaft knickten Bäume zu tausenden um. Die inzwischen wieder aufgeforsteten Flächen sind aber natürlich noch gut von den Altholzbeständen zu unterscheiden. Die Schäden gingen in die Milliarden und betrafen natürlich nicht nur die Wälder. Denn auch in den Städten gab es extreme Windgeschwindigkeiten.
Wie groß waren die?
In Berlin-Adlershof 146 km/h, in Düsseldorf 144, in Chemnitz 133, Berlin-Wannsee 131, in Osnabrück 126, Münster und Dresden meldeten Windspitzen bis 122 Stundenkilometer. Vielerorts waren es selbst im Flachland also volle Orkanböen. Und noch heftiger stürmte es natürlich auf den Bergen: der Wendelstein in Bayern bis 202km/h, der Brocken 198, der Fichtelberg 184 oder der Feldberg im Schwarzwald mit Böen bis 165 km/h. Die heftigste Windspitze vermeldete der Aletschgletscher in der Schweiz mit 225 km/h. Und das fand natürlich auch bei ganz anderen Temperaturen statt als momentan.
Das heißt?
Es war deutlich milder. Denn der Orkan blies aus Westen und Südwesten und damit erreichten die Temperaturen tagsüber am 18. Januar 2007 häufig zwischen 10 und 17 Grad. Und somit passten sich übrigens diese Temperaturen genau in den größten Un-Winter ein, den wir bisher erlebt haben. Der Januar 2007 war nämlich 5,1 Grad wärmer als der Durchschnitt und verhalf dem Gesamtwinter (Dezember, Januar und Februar) zu einem Temperaturüberschuss von über 4 Grad. Der Winter 2006/2007 war damit der wärmste Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Quelle: ntv.de