Kalte Platte war gestern Bei Snack-Boards gibt es keine Regeln


Auf diesem Board locken Natalie Thomsons italienische Lieblingsspeisen zum Zugreifen - und Prosecco wäre nicht schlecht dazu.
(Foto: Andrew Burton)
Natalie Thomsons facettenreiche Brettchen sind der Hit auf jeder Party und spätestens durch Social Media in aller Munde. In einem Kochbuch bündelt die erfolgreiche Food-Stylistin und Köchin nun all ihr Know-how und zeigt Inspirationen und Rezepte für jede Gelegenheit.
Die "Kalte Platte" mit Wurst- und Käsescheiben, drei Radieschen und einem Gürkchen ist zwar auf einigen Restaurant-Abendkarten immer noch im Angebot, aber ganz ehrlich: Die hat doch längst ausgedient! Wir können das besser, zumal wir bei der Ideenfindung auf Natalie Thomson bauen können. Sie ist Food-Stylistin und Privatköchin und schreibt seit über zehn Jahren Rezepte für Print- und Fernsehformate. 2012 schloss sie ihre Ausbildung an der Leiths Cookery School in London ab; heute arbeitet sie in London und Buckinghamshire.
Ihr Ideen- und Rezeptbuch über die bunte Welt appetitlicher Platten ist unter dem Titel "The Grazing Table" im Vorjahr in London erschienen und liegt als "Snack-Boards / Fingerfood aus aller Welt zum gemeinsamen Genießen" als deutsche Übersetzung vor. Großformatige Fotos sorgen bei jedem Board für Anschaulichkeit und zeigen, dass diese Platten in allen Formaten optisch so richtig was hermachen. Ich jedenfalls fühle mich total angesprochen, und da ich bald "runde" (alters- und nicht bauchmäßig und ich werde auch nur "halbrund") blättere ich mit wachsender Begeisterung durch das Buch. Sehr viele Boards lassen sich gut vorbereiten, das minimiert den Stress und ich muss auf meiner Gartenparty nicht ständig in der Küche stehen und laufende Meter hin- und herrennen. Das könnte dank diverser Anregungen à la Thomson mal ein entspannter Geburtstag werden!
Brettchen, die die Welt bedeuten
"Ein Snack-Board geht weit über die schnöde Käse-Wurst-Platte hinaus und kann selbst aus einer einfachen Zusammenkunft etwas ganz Besonderes machen: Das Essen wird geteilt, alle kommen ins Gespräch und probieren Neues. Das kann mehr Freude bereiten als eine traditionelle Mahlzeit zu Tisch. Dabei müssen die Mengen auch nicht erdrücken. In diesem Buch stelle ich Ihnen Snack-Boards in verschiedenen Größen vor, für einen romantischen Abend zu zweit, bis zum Familientreffen für zehn Personen und mehr. Und selbstverständlich können die Mengen für all diese Boards auf- oder abgerundet werden. Suchen Sie sich einfach aus, worauf Sie Lust haben, und passen Sie es dann an die Anzahl Ihrer Gäste an", heißt es im Buch.
Damit ist eigentlich schon die ganze Kunst umrissen und Sie sehen, bei Snack-Boards gibt es keine Regeln. Hier kommt es lediglich auf Kreativität an. Ach, doch, ein paar Normen gibt es: Verwenden Sie hochwertige Zutaten, keine langweiligen Lückenfüller und alles sollte essbar sein, auch die Deko. Oder um es mit Natalie Thomson zu sagen: "Die wichtigste Frage, die Sie sich beim Zusammenstellen eines Snack-Boards stellen sollten, ist: Was würden Sie selbst essen wollen?"
Viele der Snack-Boards im Buch haben ein selbst gemachtes Element (inklusive Rezept), das ist jedoch keine Pflicht, kommt aber bei Ihren Gästen garantiert gut an. Generell gilt: Man muss nicht alles selbst machen, sondern schlau einkaufen. Dank Natalie Thomson werde ich endlich mal die richtigen Mengen einkaufen, denn ich neige dazu, immer zu viel auf den Tisch zu bringen. Es soll schließlich keiner hungrig aufstehen! Ich bin eigentlich sicher: Das wäre auch bei weniger "Masse" nie passiert! Doch meistens verteile ich beim Abschied Päckchen an die Gäste - aus purem Eigennutz, damit ich nur drei Tage und nicht eine ganze Woche Reste essen muss. Im Buch finde ich nun Angaben, was pro Person eingeplant werden sollte.
Natürlich kommt es auch auf die Zusammensetzung der Gästeschar an, denn es ist ein Unterschied, ob Sie zehn Kegelbrüder oder zehn Salatschwestern beköstigen. Auch hochbetagte Menschen und Kleinkinder dürften aus den "Normalportionen" herausfallen. Ob die Platten nur einen Snack oder doch lieber eine vollwertige Mahlzeit bieten sollen, macht die Menge ebenfalls unterschiedlich. Die Angaben sind also kein Dogma, sondern eher eine Richtlinie.
Wichtig ist zudem das Zusammenspiel der einzelnen Elemente auf den Platten. Das Verhältnis zwischen den Hauptzutaten (Fleisch, Käse, Brot) müsse stimmen, schreibt Natalie Thomson. Alles sollte ein Gegenstück haben: kein Käse ohne Cracker oder Chutney. Außerdem müssen Sie nicht alles draufpacken, was draufgeht - eine Hauptzutat reicht und viele "Nebenrollen" machen das Board appetitlich und überraschend vielfältig.
Boards für alle Sinne
Bei den Snack-Boards beginnt die Vorbereitung nicht erst beim Einkauf, hier kommt es auch auf die Auswahl der richtigen Unterlage an. Die Autorin erläutert Vor- und Nachteile der verschiedenen Materialien: Holz, Schiefer, Marmor, Servierplatten, Teller und Tabletts. Obendrein gibt es Tipps unter anderem zu Größe und Form. Auch hier gilt: "Es gibt keine festen Regeln, denen Sie folgen müssen." Dass genügend Servierbestecke bereitliegen, sollte nicht alles mit den Fingern gegessen werden können, versteht sich von selbst. Vorausschauendes Denken und Planung machen einen großen Unterschied, sodass Sie sich entspannen und die Party gemeinsam mit Ihren Gästen genießen können.
Mit den vielen Ideen und Tipps der Autorin lassen sich perfekte Essen gestalten - egal ob ausgiebiges Frühstück, feines Mittagessen oder ein genussvoller Abend. Das Kochbuch bietet in fünf Kapiteln die ganze Häppchen-Bandbreite. Dabei hat Natalie Thomson an alle Esser gedacht, Veganer und Vegetarier kommen ebenso auf ihre Kosten wie Fleisch- und Fischfans. Deftige, süße, herzhafte, milde und frische Raffinessen wie ein Käse-Tasting-Board, ein Bruschetta-Board, Tapas, Canapés und Schokoladen-Mousse liegen schön drapiert in den Rezept-Kapiteln bereit. Dabei können die Zutaten jederzeit nach Lust und Laune angepasst, ergänzt oder ausgetauscht werden. "Snack-Boards sollen schön aussehen, Köstliches bieten und keinen Stress bereiten."
Hat man die Einführung gelesen, ist man schon ganz schön schlau und weiß, was gebraucht, wie am besten vorgegangen wird. Das Snack-Board-Universum mit Gos und No-Gos liegt sozusagen vor einem. "Tipps & Tricks" sowie Weinempfehlungen schließen die Einführung ab und schon geht's los mit den Vorschlägen und Rezepten für unzählige Snack-Bords. Einen Thomson-Tipp gebe ich Ihnen noch mit auf den Weg: "Denken Sie beim Planen Ihrer Boards wie ein verrückter Wissenschaftler oder ein Kind. Die Boards sollen Spaß machen, also wählen Sie Elemente, die verstrichen, getunkt, gestreut oder ausgedrückt werden. Ein Snack-Board soll eine Erfahrung für alle Sinne sein."
Canapé-Board für 4 bis 6 Personen
"Das Canapé-Board ist am elegantesten von allen. Perfekt für eine Party mit Drinks oder zum Aperitif vor dem Essen. Sie müssen nicht jedes Element selbst machen, allein mit einem selbst gemachten Canapé werden Sie Ihre Freunde beeindrucken."
Bestandteile:
- 1 Portion Parmesan-Chorizo-Windbeutel (siehe Rezept)
- eine Auswahl Spieße, z. B. Mozzarellabällchen, Salami und Basilikum, Satay-Hähnchen
- eine Auswahl Crostini, z. B. sonnengetrocknete Tomaten und Manchego oder Burrata, Pesto und Tomate
- eine Auswahl häppchengroßer Canapés, z. B. Kroketten und Arancini
Rezept Parmesan-Chorizo-Windbeutel
125 ml Vollmilch
90 g Butter
110 g Weizenmehl (Type 405)
1 Prise Salz
50 g Parmesan, gerieben
3 Bio-Eier, verquirlt
Füllung
40 g Butter
50 g weiche Chorizo, enthäutet, zerbröckelt
50 g Weizenmehl (Type 405)
450 ml Vollmilch
100 g Parmesan, gerieben
Salz und schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung:
1. Für die Parmesan-Chorizo-Windbeutel den Ofen auf 200 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen und zwei Backbleche mit Backpapier auslegen. In einem Topf Milch, 100 ml Wasser und Butter auf mittlerer Stufe zum Kochen bringen, dann Mehl und Salz zufügen. Kräftig rühren, bis eine glatte Masse entsteht, die sich als Kugel vom Topfrand löst. Den Parmesan unterrühren. Die Masse leicht abkühlen lassen (damit die Eier nicht stocken), anschließend die Eier nach und nach kräftig untermischen, bis eine glatte, glänzende Masse entsteht, die langsam vom Löffel tropft (evtl. werden die Eier nicht komplett benötigt). Die Masse in einen Spritzbeutel mit großer Lochtülle füllen und kirschgroße Kuppeln mit Abstand auf die Backbleche spritzen. Mit einem leicht befeuchteten Finger die Teigspitzen abflachen, damit sie nicht anbrennen. Etwas Wasser über die Bleche sprühen und die Windbeutel 8-10 Minuten backen, ohne die Ofentür zu öffnen.
2. Mit einem Spießchen ein kleines Loch in die Böden der Windbeutel stechen und sie dann mit dem Loch nach oben 8-10 Minuten in den Ofen schieben, bis sie vollständig getrocknet sind. Herausnehmen und komplett abkühlen lassen.
3. Für die Füllung die Butter in einem Topf auf mittlerer Stufe zerlassen. Die Chorizo zufügen und durchgaren, bis alles Fett ausgelassen ist. Das Mehl zufügen und unter Rühren 2-3 Minuten anschwitzen. Vom Herd nehmen und die Milch allmählich mit dem Schneebesen unterrühren. Zurück auf den Herd stellen und unter ständigem Rühren erhitzen, bis die Mischung angedickt ist. Den Parmesan untermischen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und leicht abkühlen lassen. In einen Spritzbeutel füllen.
4. Die Windbeutel halbieren, die untere Hälfte mit der Parmesan-Chorizo-Masse füllen, die obere Hälfte aufsetzen.
5. Zum Anrichten eine Auswahl Ihrer Lieblings-Canapés (die Liste oben ist nur ein Vorschlag) auf einer Schieferplatte aufreihen.
Pro Person 4-6 Canapés zu Drinks servieren oder pro Person 8-10 anstelle einer leichten Mahlzeit.
Larb-Board für 4 Personen
"Seit ich dieses Gericht in einem wunderbaren Restaurant in Soho, London, das erste Mal gegessen habe, bin ich wie davon besessen. Da ich es nicht ganz so scharf mag, ist meine Version milder. Dieses Gericht lässt sich großartig teilen und Ihre Gäste werden begeistert sein."
Bestandteile:
1 Portion Schweinefleisch-Larb (siehe Rezept)
500 g gegarter Jasminreis
8-12 Romanasalatblätter
Koriandergrün
Limettenscheiben
Gurkenscheiben
geröstete Erdnüsse, zerstoßen
Rezept Schweinefleisch-Larb
3 EL ungekochter Reis
1 EL Pflanzenöl
450 g Schweinehackfleisch
1 EL thailändische Fischsauce
Saft von 1 Limette
1 TL Zucker
2 Schalotten, in feine Ringe geschnitten
2 rote Chilischoten, in feine Ringe geschnitten
1 große Handvoll Minzblätter, grob gehackt
1 große Handvoll Thai-Basilikum oder Koriandergrün, grob gehackt
3 Frühlingszwiebeln, in feine Ringe geschnitten
Zubereitung:
1. Das Schweinefleisch-Larb zubereiten: Den trockenen Reis in einer kleinen Pfanne auf niedriger Stufe ohne Fett und unter häufigem Rühren goldbraun rösten. In eine Gewürzmühle oder einen Mixer füllen und zu feinem Pulver verarbeiten.
2. Das Öl in einer großen Pfanne auf hoher Stufe erhitzen und das Schweinefleisch darin braten, bis es gerade eben durchgegart ist. Die Fischsauce sowie 1 EL Wasser unterrühren und vom Herd nehmen. Limettensaft, Zucker, Schalotten, Chilischoten, und gemahlenen Reis unterheben. Dann Kräuter und Frühlingszwiebeln zufügen.
3. Zum Anrichten ein mittelgroßes, hitzebeständiges Holzbrett verwenden, auf dem die Pfanne Platz findet. Den gegarten Reis in einer Schüssel auf das Brett stellen. Die Salatblätter und anderen Zutaten am Rand des Bretts arrangieren (die Erdnüsse in einer Schüssel) und abschließend die Pfanne mit dem heißen Larb in die Mitte stellen. Lassen Sie Ihre Gäste zugreifen, solange das Fleisch noch heiß ist.
Tipp:
Für dieses Rezept können auch in Stücke geschnittenes, vom Knochen gelöstes Hähnchenschenkelfleisch oder zerbröckelter fester Tofu verwendet und wie das Schweinefleisch gegart werden.
Viel Spaß mit all den bunten Brettchen wünscht Ihnen Heidi Driesner.
Quelle: ntv.de