Villen, Schlösser, LändereienItalien nimmt Mafia-Clans ihre "Schätze"

Die Enteignung gehört in Italien zu den wichtigsten Waffen gegen die organisierte Kriminalität. Inzwischen konfiszierte der Staat Mafia-Güter im Wert von 25 Milliarden Euro. Doch der Kampf ist noch lange nicht gewonnen.
Seit über zwei Jahrzehnten kämpft der italienische Staat nicht nur härter gegen die Mafia, sondern auch gezielter. Er will die Mafiosi hinter Gitter bringen und ihnen auch ihren Reichtum nehmen. Denn gerade das angesammelte Vermögen erlaubt es den Mafiosi, sich in Wirtschaft und Politik einzunisten - ganz gleich, ob sie zur sizilianischen Mafia, der kalabresischen ’Ndrangheta oder der neapolitanischen Camorra gehören.
Der Kampf ist natürlich noch lange nicht gewonnen, nichtsdestotrotz gelten die mittlerweile erzielten Ergebnisse als ermutigend. Der bis jetzt enteignete "Schatz" beläuft sich, laut Rosy Bindi, der Vorsitzenden des parlamentarischen Antimafia-Ausschusses, auf ungefähr 25 Milliarden Euro. Es handelt sich dabei vornehmlich um Immobilien, Ländereien und Unternehmen. Was genau sich die Mafia im Laufe der Zeit alles unter die Nägel gerissen hat, kann man auf der Webseite der Nationalen Agentur zur Verwaltung und Nutzung konfiszierter Wertbestände, ANBSC, lesen. Von Luxus bis zu Ländereien und Unternehmen ist alles dabei.
Palazzi und Schlösser der Paten
Viele dieser enteigneten Wertbestände befinden sich natürlich in Süditalien, wenngleich sich die Bosse auch gerne in Mittel- und Norditalien eingekauft und niedergelassen haben. So erstand Anfang der 1980er Jahre der aus Palermo stammende und mit der Mafia verstrickte Bauunternehmer Vincenzo Piazza die wunderschön, nahe Siena gelegene 700 Hektar große Länderei Podere Suvignano. Als Piazza dann Mitte der 1990er Jahre hinter Gitter kam, wurde ein Großteil seines Vermögens beschlagnahmt und später konfisziert, doch erst voriges Jahr konnte das Podere Suvignano den benachbarten Gemeinden Murlo und Monteroni d’Arbia zur landschaftlichen Nutzung zugewiesen werden.
Lange dauerte es auch im Fall des Schlosses Miasino im Norditalienischen Piemont. Ein wunderschöner Bau - mit Fresken bemalt und mit einer atemberaubenden Aussicht auf den malerischen Ortasee. Erstanden wurde er vom Camorra-Boss Pasquale Galasso. Er selbst kam schon 1992 ins Gefängnis, sein Besitz wurde 2007 zuerst beschlagnahmt und dann konfisziert, nichtsdestotrotz gelang es einer Firma, die in direkter Verbindung zu Galassos Ehefrau stand, das Schloss bis 2015 für Hochzeiten und andere Events zu vermarkten. Heute gehört es der Region Piemont und wird vom FAI, einer gemeinnützigen Stiftung für Denkmalpflege und Naturschutz, verwaltet.
Es dauert also manchmal doch länger als erwünscht, ans Ziel zu kommen, obwohl vor zwanzig Jahren ein Gesetz verabschiedet wurde, mit dem man die Enteignung und die darauffolgende Vergabe der ehemaligen Mafia Besitze beschleunigen wollte.
Die Mafia rächt sich
Immerhin sind mittlerweile rund 12.500 konfiszierte Bestände wieder in legaler Hand und werden als Hotels, Kultureinrichtungen und landwirtschaftliche Betriebe genutzt. Dass sich der Großteil der beschlagnahmten Immobilien in Sizilien befindet und 80 Prozent insgesamt in Süditalien, ist nicht weiter verwunderlich, hat doch die organisierte Kriminalität gerade dort ihre Hochburgen. Überraschend dagegen ist, dass Mailand, Italiens Wirtschaftsmetropole, mit 217 enteigneten Immobilien unter den italienischen Großstädten auf Platz vier landet. Ein weiterer Beweis dafür, wie sehr sich die Mafia auch im Norden des Landes vernetzt hat.
Die Unternehmen werden im Regelfall aufgelöst, die Ländereien versucht man wiederum vorzugsweise für soziale Projekte zur Verfügung zu stellen. Als Paradebeispiel gilt hier die von dem Priester Don Luigi Ciotti und dem Richter Gian Carlo Caselli 1995 gegründete NGO "Libera", die seit Jahrzehnten gegen die Mafia kämpft. Heute ist Libera eine Dachorganisation, zu der 1500 Verbände zählen, die insgesamt 1400 Hektar Erde verwalten, landschaftlich nutzten und jährlich einen Umsatz von 5 Millionen Euro erwirtschaften.
Libera stellt zweifelsohne einen Sieg der Zivilgesellschaft dar, auch wenn es manchmal herbe Rückschläge gibt. Immer wieder schicken die Mafia-Clans ihre Handlanger auf Strafexpeditionen. Mal wird eine Obstplantage zerstört, mal ein Gehöft in Brand gesetzt. Anders als in der Vergangenheit, schrecken die Opfer aber nicht mehr zurück, sondern krempeln sich die Ärmel hoch und gehen wieder an die Arbeit.