Prozess um sexuelle NötigungPolizistin erringt Teilsieg gegen Inspekteur

Die Verteidigerin eines Polizei-Inspekteurs, dem eine Kommissarin sexuelle Nötigung vorwirft, verteilt zum Prozessbeginn eine Erklärung. Sie schildert, wie die Polizistin höher gestellte Männer im Job ausgenutzt haben soll. Diese Äußerungen sind laut Urteil teilweise nicht zulässig.
Die Polizistin, die den Strafprozess gegen den Inspekteur der Polizei wegen sexueller Nötigung anstieß, hat in einem damit verbundenen zivilrechtlichen Verfahren einen Teilsieg errungen. Die Entscheidung wurde am Landgericht in Stuttgart verkündet. Dabei ging es um die Frage, ob bestimmte Äußerungen und Behauptungen in einer Presseerklärung, die die Verteidigung des Inspekteurs im Strafprozess verteilt hatte, zulässig waren. Aus Sicht der Zivilkammer waren dies mehrere Inhalte der Stellungnahme nicht - etwa weil damit die Privatsphäre der Polizistin verletzt worden sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Dem Antrag der Kommissarin auf einstweilige Verfügung gegen die Anwältin des Inspekteurs habe man teils stattgegeben, teils habe man ihn zurückgewiesen, erklärte der Vorsitzende Richter Oliver Schlotz-Pissarek. Er stellte klar, dass der Strafprozess wegen sexueller Nötigung in dem zivilrechtlichen Verfahren keine zentrale Rolle gespielt habe - sondern nur die Frage, ob die Äußerungen in der Erklärung presserechtlich zulässig gewesen seien oder nicht. Man habe die Aussagen zudem zum konkreten Zeitpunkt des Prozessbeginns gewürdigt. "Mag sein, dass heute manche Dinge anders zu sehen wären", so Schlotz-Pissarek.
Hintergrund: Die Polizeibeamtin hatte dem Inspekteur vorgeworfen, sie im November 2021 bei einem Kneipenbesuch sexuell genötigt zu haben. In dem Strafprozess, den sie als Nebenklägerin ins Rollen brachte, ging es um die Frage, ob der ranghöchste Polizist des Landes seine Machtstellung als Vorgesetzter missbrauchte, um die damals 32 Jahre alte Kommissarin zu sexuellen Gefälligkeiten zu drängen. Der Inspekteur wurde zwischenzeitlich in dem Strafprozess freigesprochen - aus Mangel an Beweisen. Die Staatsanwaltschaft will das Urteil anfechten.
Zivilkammer weist bestimmte Vorwürfe zurück
Zu Beginn des Strafprozesses hatte die Verteidigerin des Inspekteurs im Gerichtssaal eine Erklärung an Journalisten verteilt. Wegen dieser Erklärung hat die Polizistin eine einstweilige Verfügung gegen die Verteidigerin beantragt. In der Erklärung wurde der Kommissarin etwa vorgeworfen, bewusst ältere und höher gestellte Männer gesucht zu haben, um die Kontakte zu ihrem eigenen Vorteil auszunutzen. Einen Teil der Aussagen hielt die Zivilkammer für nicht zulässig - und sprach nun eine Unterlassungsverfügung gegen die Anwältin des Inspekteurs aus.
Falls sie die Aussagen und Behauptungen weiterhin verbreite, drohten ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder eine Haftstrafe, sagte der Richter. Die Polizistin erhielt aber nicht in allen Punkten Recht. So habe man ihren Vorwurf, sie sei durch die Erklärung identifizierbar gemacht worden, als unzulässig und nicht hinreichend bestimmt zurückgewiesen, so der Richter.