Vorwürfe beim "Tagesspiegel"Reporter soll Kolleginnen belästigt haben

Ein Reporter des "Tagesspiegel" soll junge Kolleginnen sexuell bedrängt und ihnen Avancen gemacht haben. Die Frauen sehen keine andere Möglichkeit als sich an die Öffentlichkeit zu wenden.
Ein Reporter des "Tagesspiegel" soll jahrelang jüngere Kolleginnen sexuell belästigt, gestalkt und bedrängt haben. Darüber berichtet das Nachrichtenportal "Buzzfeed". Demnach seien mehrere Frauen von dem Mann, der seit mehr als 20 Jahren bei der Berliner Tageszeitung arbeitet, belästigt worden. Der Reporter wies dem Bericht zufolge die Vorwürfe zurück.
Eine Mitarbeiterin des "Tagesspiegel" hatte sich an "Buzzfeed" gewandt. Demnach bedrängte sie der weitaus ältere Kollege auf einer Feier und fasste ihr später in einem Taxi an den Busen. Auch eine andere Frau habe sich gemeldet. Sie habe eine kurze Affäre mit dem Reporter gehabt. Nach der Trennung soll er sie unzählige Male angerufen und belästigt haben. Die Frau war laut eigener Aussage kurz davor, die Polizei wegen Stalkings einzuschalten.
Junge Journalistinnen, die als Praktikantinnen oder Volontärinnen beim "Tagesspiegel" anfingen, hätten ebenfalls davon berichtet, dass der Mitarbeiter ihnen Facebook-Nachrichten geschrieben habe, die eine Grenze aus reiner Höflichkeit überschritten hätten. Teilweise habe er den Frauen noch vor ihrem ersten Tag eine Freundschaftsanfrage geschickt.
Betroffene Frauen hatten sich offenbar auch einem Kollegen anvertraut. Er bestätigte, dass auch viele Kollegen von den Bedrängungen und Avancen des Mitarbeiters gewusst hätten. Doch aus Angst um ihre Karriere schwiegen die Frauen.
Chefredakteur Lorenz Maroldt sagte laut dem Bericht, die Chefredaktion habe erst durch diese Recherche von den aktuellen Vorwürfen erfahren. "Es war nicht ein einziger Vorfall konkret an uns herangetragen worden", so Maroldt. "Ich bin mir sicher, wären solche Vorwürfe bekannt geworden, hätten wir sofort das getan, was wir jetzt tun: nämlich eine Ombudsfrau einzurichten."
Zeitung benennt Ombudsfrau
Mittlerweile benannte die Zeitung eine Ombudsfrau. Die Chefredaktion stellte zudem den beschuldigten Journalisten mit sofortiger Wirkung frei. Diese soll die Geschehnisse aufarbeiten und auch künftig als zusätzliche Ansprechpartnerin allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung stehen, hieß es in einer Stellungnahme.
"Wir nehmen diese Vorwürfe sehr ernst. Chefredaktion und Geschäftsführung haben umgehend darauf reagiert und Einzel- und Gruppengespräche in Redaktion und Verlag geführt", teilte der "Tagesspiegel" weiter mit. Zudem würden alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz Betroffener sowie zur Aufarbeitung und Prävention sichergestellt. Die Freistellung des Mitarbeiters bis zur abschließenden Klärung der Vorwürfe sei nach einem Gespräch zwischen ihm und der Chefredaktion erfolgt.
In einer ersten Version des Artikels hieß es fälschlicherweise, dass die Chefredaktion des "Tagesspiegel" jahrelang weggeschaut habe und der Reporter mit der Chefredaktion befreundet gewesen sei. Wir bitten, die Fehler zu entschuldigen.