Morde an Kriegsgefangenen?Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 100-jährigen früheren NS-Wachmann

Im Kriegsgefangenenlager in Hemer werden innerhalb von sechs Jahren mehr als 20.000 Inhaftierte getötet. An den Taten beteiligt gewesen sein soll auch ein heute 100-jähriger Wachmann.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt gegen einen früheren Wachmann eines NS-Kriegsgefangenenlagers im nordrhein-westfälischen Hemer. "Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, ab 6. Dezember 1943 bis mindestens 22. September 1944 als Wachmann im Stalag VI A in Hemer an dortigen Tötungshandlungen beteiligt gewesen zu sein", sagte der Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Dortmund der "Bild"-Zeitung.
Die Ermittlungen seien aber noch nicht abgeschlossen, so der Vertreter der Anklage. Der Beschuldigte ist dem Bericht zufolge inzwischen 100 Jahre alt.
In dem Kriegsgefangenenlager in Nordrhein-Westfalen wurden zwischen 1939 und 1945 mehr als 200.000 Kriegsgefangene festgehalten. Rund 24.000 der Soldaten wurden in diesem dort durch die Wachleute ermordet oder starben aufgrund der unmenschlichen Bedingungen in dem Lager. Es war eines der größten Lager im Dritten Reich.
Nach Beginn des Kriegs gegen Belgien, die Niederlande und Frankreich war das Lager hauptsächlich mit rund 25.000 Franzosen belegt. Ab 1941 kamen dann auch sowjetische Kriegsgefangene in die Einrichtung, berichtet der Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte in NRW.
Aufgenommen wurden die Ermittlungen gegen den Wachmann nach ersten Untersuchungen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen im baden-württembergischen Ludwigsburg. Diese leistete Vorermittlungen und gab die Erkenntnisse anschließend an die Staatsanwaltschaft Dortmund weiter.
Nach Kriegsende diente das Gelände den Alliierten als Internierungslager. Von 1946 bis 1955 war das Lager Standort der belgischen Armee, bis diese es an die Bundeswehr übergab.