Valls bringt Kabinett auf Linie 36-Jähriger soll Frankreich beleben
26.08.2014, 21:45 Uhr
Starten einen Neuanfang: Präsident François Hollande und Premierminister Manuel Valls.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Die neue französische Regierung steht. Unruhestifter Montebourg ist raus - und nicht nur er. Die Neuen sollen nun mit Präsident Hollande und Premier Valls dem "kranken Mann Europas" aus der Krise helfen. Zuvor stellt der Premier die Vertrauensfrage.
Mit einer Regierung der Einheit will Frankreichs Präsident François Hollande die Probleme des krisengeschüttelten Landes angehen. Die Ernennung Emmanuel Macron zum Wirtschaftsminister war bei der Bekanntgabe der neuen Regierung die große Überraschung. Der Staatschef forderte von der neuen Ministerrunde "Klarheit über Grundzüge, Verhalten, Zusammensetzung und Mehrheit". Notwendig seien "einheitliches Handeln, Respekt und Solidarität", hieß es aus dem Präsidentenpalast in Paris. Derweil kündigte Premierminister Manuel Valls an, im September oder Oktober die Vertrauensfrage im Parlament zu stellen.
Der erst 36-jährige Macron folgt als Wirtschaftsminister auf den Parteilinken Arnaud Montebourg, der mit seiner Kritik am Sparkurs die Regierungskrise ausgelöst hatte. Macron hatte die französische Elite-Hochschule ENA absolviert und arbeitete später für die Geschäftsbank Rothschild. Nach Hollandes Amtsantritt im Mai 2012 wurde er dessen Berater für Wirtschafts- und Finanzpolitik und so etwas wie Hollandes Bindeglied zu Wirtschaftsführern, außerdem stellvertretender Generalsekretär des Elysée-Palasts.
Erst im Juni wurde sein Ausscheiden aus dem Elysée-Palast bekanntgegeben. Der 36-Jährige habe "persönliche Projekte in den Bereichen Forschung und Lehre", hieß es, er werde in den kommenden Monaten wieder bei "einer Bank oder einem Unternehmen" anheuern.
Gegenentwurf zum Vorgänger
Macron gilt als Gegenentwurf zu Montebourg, der immer wieder mit harscher Kritik an Unternehmenschefs für Aufsehen sorgte und für ein stärkeres Eingreifen des Staats in die Wirtschaft steht. Macrons Nominierung wurde als Signal an die Wirtschaft interpretiert, dass Hollande es ernst meint mit dem von ihm eingeschlagenen unternehmerfreundlicheren Kurs.
Valls bezeichnete die Berufung des 36-Jährigen Hollande-Vertrauten Macron als ein "schönes Symbol" für die neue Regierung. Dort solle es auch künftig Diskussionen geben, aber über die gleichen Ziele. Mitglieder der Regierung könnten kein Spektakel aufführen, sagte Valls. Ex-Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg hatte mit seiner Kritik am Sparkurs die Regierungskrise in Paris ausgelöst.
Im neuen Kabinett sitzen neben dem neuen und alten Premierminister Manuel Valls laut Élysée-Palast acht Ministerinnen und acht Minister. Der Umbildung waren zwei Tage intensiver Gesprächen zwischen Präsident und Regierungschef über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts vorausgegangen.
Spitzenposten unverändert
Entgegen ersten Meldungen bleibt es indes für Michel Sapin beim Finanzressort, er wird nicht auch noch das Wirtschaftsministerium übernehmen. Justizministerin ist auch künftig Christiane Taubira, eine wichtige Vertreterin für die Linken. Der Präsident hatte sich zuvor für ein Bleiben Taubiras ausgesprochen. Hollandes frühere Lebensgefährtin Ségolène Royal leitet weiter das Umweltministerium. Auch Außenminister Laurent Fabius, Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian und Innenminister Bernard Cazeneuve behalten ihre Ämter.
Zum Kabinett gehören zudem wie zuvor Vertreter der PRG. Mit den gemäßigten Linken hatten die Sozialisten bei der Europawahl eine gemeinsame Liste. Verhandlungen über eine Rückkehr der französischen Grünen in die Regierungsverantwortung scheiterten dagegen. Die Grünen saßen bis Anfang des Jahres noch im Kabinett von Valls-Vorgänger Jean-Marc Ayrault.
Nach dem überraschenden Rücktritt der Regierung sind wichtige Vertreter des linken Flügels der Sozialisten wegen des umstrittenen Sparkurses von Hollande und Valls nicht mehr dabei. Neben Montebourg schieden auch Bildungsminister Benoît Hamon und Kulturministerin Aurélie Filippetti, die Hollandes Politik ebenfalls kritisch gegenüberstehen, aus der Regierung aus. Nachfolgerin Hamons wird die bisherige Ministerin für Frauenrechte, Jugend und Sport, die 36-jährige Najat Vallaud-Belkacem. Die bisherige Staatssekretärin für den Außenhandel, Fleur Pellerin, löst Filippetti ab.
Mit Montebourg, Hamon und Filippetti entfernt der Präsident zwar innerparteiliche Kritiker aus seiner Regierung. Mit dem Ausscheiden der prominenten Vertreter des linken Parteiflügels aus dem Kabinett riskiert Hollande aber, dass zahlreiche sozialistische Abgeordnete dieses Lagers künftig gegen seine Reformen stimmen.
Quelle: ntv.de, cri/dpa/AFP