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Bedrohung aus rechter Ecke Landrat von Mittelsachsen gibt Amt ab

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Vor seiner Arbeit als Landrat war Neubauer seit 2013 Bürgermeister der Kleinstadt Augustusburg gewesen.

Vor seiner Arbeit als Landrat war Neubauer seit 2013 Bürgermeister der Kleinstadt Augustusburg gewesen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Als einziger Landrat in Sachsen, der nicht auf einem CDU-Ticket ins Amt kam, wirft Dirk Neubauer nach nur zwei Jahren hin. Als Grund nennt er Bedrohungen von rechts. Er wolle aber nicht vor ein paar Krakeelern in die Knie gehen, betont er. Ausschlaggebend sei auch fehlender Gestaltungswille in der Region.

Der Landrat des Kreises Mittelsachsen, Dirk Neubauer (parteilos), tritt unter anderem wegen Bedrohungen "aus rechter Ecke" zurück. In einer persönlichen Erklärung auf seinen Social-Media-Kanälen begründete er den Schritt vor allem mit persönlichen Anfeindungen und fehlenden Durchsetzungsmöglichkeiten. Seine Amtszeit wäre noch bis 2029 gelaufen. Der gelernte Journalist war 2022 gewählt worden - als einziger Landrat in Sachsen, der nicht der CDU angehört oder von der Union unterstützt wird. Seine Kandidatur war von SPD, Linke und Grünen unterstützt worden.

"Ich bin insbesondere aufgrund der Entwicklung der letzten Monate zu der Erkenntnis gelangt, dass es keinen Sinn macht, für mich hier an dieser Stelle weiter tätig zu sein. Das heißt, ich stelle mein Amt zur Verfügung zum nächstmöglichen Zeitpunkt", sagte Neubauer. Der Kreistag solle im August über einen Termin für Neuwahlen noch in diesem Jahr entscheiden.

Als ersten Grund für seinen Rückzug nannte er Anfeindungen und Bedrohungen. "Ich bin seit Monaten konfrontiert mit einer persönlichen diffusen Bedrohungslage aus rechter Ecke, hauptsächlich Freie Sachsen und ähnliche", sagte Neubauer. Es sei ein Punkt erreicht, an dem er sagen müsse: Es reicht. Er gehe aber nicht in die Knie "vor ein paar Krakeelern", betonte der Noch-Landrat.

Ausschlaggebend sei auch ein fehlender politischer Gestaltungswille in der Region. "Wir haben eine große konservative Mehrheit gegen die Themen, die jetzt wichtig sind." Er nannte die Energiewende, Mobilitätkonzepte für die ländliche Region und eine andere Wirtschaftsförderung. "Das alles findet keine Mehrheiten." Wenn sich der Landstrich nicht als weltoffene Region mit einem freundlichen Gesicht zeige, werde er diese Probleme nicht lösen. "Wir brauchen das und wir können es nicht mit Hass und Hetze hinbekommen", sagte Neubauer.

"Das muss ein Weckruf sein"

Vor seiner Arbeit als Landrat war Neubauer seit 2013 Bürgermeister der Kleinstadt Augustusburg gewesen. Er war mehrere Jahre Mitglied der SPD, trat jedoch vor der vergangenen Bundestagswahl wieder aus. Auf seinem Facebook-Kanal hatte er bereits vor einigen Tagen Hinweise auf ein neues Projekt gegeben - eine Beratungsfirma.

Die sächsische Justizministerin Katja Meier bezeichnete Neubauer als "leidenschaftlichen Demokraten". Er habe sich stets energisch gegen Hass, Hetze und Bedrohungen durch Rechtsextreme gestellt. "Seine Amtszeit war, wie die vieler anderer Kommunalpolitiker in Sachsen, von Einschüchterungen und politischem Stalking im privaten Umfeld geprägt. Diese massiven Angriffe schaden unserer Demokratie und müssen sowohl gesellschaftlich als auch rechtlich bekämpft werden."

"Es macht mich fassungslos, wie hier ein Landrat zermürbt wurde", erklärte Sachsens Sozialministerin und SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping auf der Plattform X. "Wir alle sind Menschen. Wir alle ertragen den Hass und die Spaltung nur bis zu einem gewissen Grad. Wir sind hier wieder an einem Punkt, wo allen Demokraten dringend klar sein muss, was hier auf dem Spiel steht." "Wenn niemand mehr Ämter übernehmen will, geht die Demokratie kaputt. Das muss ein Weckruf sein. Für eine Gesellschaft, die Rechtsextremen widerspricht, für einen Staat, der Hass und Hetze konsequent verfolgt", schrieb Umwelt- und Klimaschutzminister Wolfram Günther auf der Plattform X.

Quelle: ntv.de, jki/dpa

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