Politik

Für jeden ein digitales Postfach Behördengänge sollen digital werden - diesmal wirklich

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Ausgestempelt: Behördengänge sollen ins Internet verlegt werden.

(Foto: picture alliance / Robert B. Fishman)

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Ummeldung, Elterngeld, Führerschein und Wohngeld - dies und noch viel mehr sollen Bürger künftig digital beantragen können. Das Leben der Menschen soll leichter werden, verspricht Innenministerin Faeser. Ein erster Versuch war eher mäßig erfolgreich.

Die Bundesregierung will mit einer Neuauflage des Online-Zugangsgesetzes die schleppende Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben. Die Menschen in Deutschland sollen künftig flächendeckend ein digitales Postfach bekommen, um wichtige Behördenangelegenheiten digital zu erledigen. Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium passierte das Kabinett. Die Bürger sollen über dieses Postfach - die so genannte BundID - künftig Anträge stellen, korrigieren, ergänzen oder auch Nachfragen stellen können. "Wir wollen das Leben der Menschen leichter machen, wertvolle Zeit sparen, der Zettelwirtschaft ein Ende bereiten und Behördengänge vermeiden", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Auch den Behörden soll es ermöglicht werden, über das Postfach Fragen zu klären oder an das Auslaufen von Fristen zu erinnern, etwa beim Ablauf von Personalausweisen. Voraussetzung für die Nutzung ist ein digitaler Identitätsnachweis der Bürger, etwa der elektronische Personalausweis (eID). "Es ist keine händische Unterschrift mehr notwendig", versprach Faeser.

Insgesamt 15 besonders wichtige Verwaltungsdienstleistungen sollen bereits dieses oder spätestens im nächsten Jahr beschleunigt umgesetzt werden. Darunter fallen laut Innenministerium die Ummeldung, das Elterngeld, die Eheschließung, die KfZ-An- und Ummeldung, die Baugenehmigung, der Führerschein und das Wohngeld. Diese Leistungen sollen spätestens 2024 in ganz Deutschland digital beantragt werden können. Der Bund will die Länder hier besonders bei der Umsetzung unterstützen. Mit der Zuständigkeit etwa für das digitale Bürgerkonto übernimmt der Bund eine Aufgabe von den Ländern, die das Vorhaben bislang teils nur sehr schleppend vorantrieben.

Erst 101 von geplant 600 Leistungen online

Das erste Onlinezugangsgesetz war 2017 in Kraft getreten und sah die Digitalisierung zahlreicher Verwaltungsvorgänge binnen fünf Jahren vor. Das Gesetz listete knapp 600 einzelne Verwaltungsleistungen auf, die von den Behörden bis 2022 auch im Internet angeboten werden sollten. Die Umsetzung kam aber nur schleppend voran, das Ziel wurde klar verfehlt. Eine Untersuchung des Vergleichsportal Verivox Ende 2022 ergab, dass lediglich 101 Verwaltungsleistungen komplett online waren. 143 Verwaltungsleistungen waren demnach teilweise online abrufbar, 326 gar nicht.

Zuständig für die Umsetzung waren je nach Verwaltungsleistung Bund oder Länder. Das Bundesinnenministerium wies an diesem Mittwoch darauf hin, dass der Bund seine Pflichten hier "weitgehend erfüllt" habe - 97 von 115 anvisierten Verwaltungsleistungen des Bundes seien inzwischen online verfügbar. Auf Landes- und Kommunalebene gebe es aber noch Nachholbedarf. Für Bürger soll die Nutzung des digitalen Behördenangebots freiwillig bleiben. Unternehmen hingegen sollen wirtschaftsbezogene Verwaltungsleistungen nach einer Frist von fünf Jahren nur noch digital in Anspruch nehmen können.

Vorhaben kostet fast 700 Millionen Euro

Die beschlossene Neufassung sieht auch Änderungen beim Software-Einsatz vor: "Bund und Länder werden Eigenentwicklungen, wo immer sinnvoll und möglich, nur noch als Open Source beauftragen", heißt es in dem Entwurf. Die Online-Plattformen der deutschen Verwaltung müssten künftig einen offenen und diskriminierungsfreien Zugang anbieten. Dem Gesetzentwurf zufolge wird die forcierte Digitalisierung den Bund einiges kosten. Der Gesetzentwurf beziffert die einmaligen Mehrausgaben auf 694 Millionen Euro.

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Der Branchenverband Bitkom äußerte Zweifel an der Wirksamkeit des neu gefassten Gesetzes. Das bisherige Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung in Bund und Ländern sei "krachend gescheitert", kritisierte Verbandspräsident Achim Berg. Die Nachfolgeregelung verheiße "keine wirkliche Besserung". Berg forderte einen Rechtsanspruch auf zentrale digitale Verwaltungsleistungen.

Das BundID-Konto gibt es schon seit 2019, fristete aber jahrelang ein Nischendasein. Erst mit der Auszahlung der Einmalzahlungen für Studierende und Fachschüler in Höhe von 200 Euro zu ihren gestiegenen Heizkosten in diesem Frühjahr wurde sie massenhaft genutzt. Die BundID soll künftig bundesweit einheitlich genutzt werden. Die Bundesländer mit eigenen ID-Konten wie Bayern und Baden-Württemberg haben nun drei Jahre lang Zeit, sich von ihren Lösungen zu verabschieden. Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt hatten zuvor bereits angekündigt, mit der BundID ihre landeseigenen Servicekonten abzulösen.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP

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