Politik

Orban will sich Brüssels Macht beugen EU gibt Ungarn noch einen mit

Vielen Europäern ist die Regierung Orban in Ungarn ein Dorn im Auge.

Vielen Europäern ist die Regierung Orban in Ungarn ein Dorn im Auge.

(Foto: AP)

Die EU-Kommission versucht mit verschiedenen Mitteln, Ungarn zur Räson zu bringen. Auf die Vertragsverletzungsverfahren folgt nun ein blauer Brief, der mehr Medienfreiheit anmahnt. Im Umgang mit der nationalen Zentralbank kündigt Ministerpräsident Orban derweil Entgegenkommen an.

Einen Tag nach der Einleitung juristischer Schritte gegen Ungarn hat die EU-Kommission ihre Kritik an der Einschränkung der Medienfreiheit in dem Land erneuert. Die für Medien zuständige Kommissarin Neelie Kroes hat einen Beschwerdebrief an den ungarischen Justizminister abgeschickt.

"Beim Respekt für Medienfreiheit und -vielfalt geht es nicht nur um die technisch richtige Anwendung von EU-Recht und nationalem Recht, sondern auch - und noch wichtiger - darum, diese Grundprinzipien in der Praxis anzuwenden und zu fördern", heißt es in dem Schreiben. Die Kommission werde die Situation weiter im Auge behalten.

Anlass ist laut Kroes' Sprecher die Nicht-Erneuerung von Radiolizenzen für den regierungskritischen Sender Klub-Radio. Die EU-Kommission habe jüngst erfahren, dass der Sender nicht nur in der Hauptstadt Budapest, sondern auch in der Provinz keine neuen Lizenzen erhält. Das Schreiben zieht erst einmal keine rechtlichen Schritte nach sich.

"Ungarn bleibt Land der Freiheitskämpfer"

Im Streit mit der EU-Kommission über die Einflussnahme der Regierung auf die Unabhängigkeit der Zentralbank kündigte der ungarische Ministerpräsident Victor Orban Entgegenkommen an. "Wir werden uns in diesem Fall der Macht beugen, nicht den Argumenten", sagte Orban in einem Interview der "Bild"-Zeitung. Wenn die EU Probleme mit der beschlossenen Aufstockung des Finanzrats der Notenbank habe, "werden wir bereitwillig den Forderungen nachkommen. Sogar wenn es zum Nachteil der Notenbank ist", sagte Orban.

Nach dem EU-Vertrag darf sich die Regierung eines Landes nicht in die Geldpolitik der Zentralbank einmischen, um deren Unabhängigkeit zu gewährleisten. Der ungarische Zentralbankrat muss aber der Regierung die Tagesordnung seiner Sitzungen vorlegen und Minister können an den Beratungen teilnehmen. Besonders umstritten ist die Aufstockung des Zentralbankrats um einen von der Regierung entsandten Vertreter.      

Vorwürfe, seine Regierung handle undemokratisch, wies Orban zurück. "Wer uns den Willen zur Demokratie abspricht, dem empfehle ich einen Blick in unsere Verfassung", sagte er. "Ungarn ist und bleibt demokratisch und ein Land der Freiheitskämpfer. Wir stehen für unsere Werte und unsere Nation, auch wenn es Gegenwind gibt."

Die EU-Kommission hatte am Vortag gleich drei Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet, von denen eines den Streit um die Zentralbank betrifft. Die beiden weiteren Verfahren betreffen den Datenschutz und das Pensionsalter von Richtern. Auch in diesen Bereichen bekundete Orban in dem Interview Gesprächsbereitschaft. "Wir sind offen und bereit, über alle Probleme zu verhandeln, die von der EU-Kommission vorgebracht werden", sagte er. Orban nimmt heute im Europaparlament in Straßburg an einer Debatte über die Lage seines Landes und die strittigen Punkte der Verfassungsänderung teil.

Quelle: ntv.de, rts/AFP/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen