"Rechtliche Grenzen nicht überschritten" Friedrich verteidigt Trojaner
15.10.2011, 07:50 Uhr
Die Grünen protestierten mit einer Aktion vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Bundestrojaner.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Der Chaos Computer Club habe dem Chaos in seinem Namen alle Ehre gemacht, sagt Bundesinnenminister Friedrich. Er verteidigt nicht nur den Einsatz von Trojanern, sondern auch deren Nachladefunktion. Unions-Innenpolitiker Uhl spricht unterdessen von einer "hysterischen" Debatte um die Schnüffel-Software.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat den Einsatz sogenannter Trojaner für die Kommunikationsüberwachung auf Computern verteidigt. "Unsere Beamten halten sich strikt an das, was sie dürfen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Minister verteidigte auch die umstrittene Funktion des in Bayern verwendeten Trojaners, vom Nutzer unbemerkt weitere Module nachzuladen, mit denen die Überwachung ausgeweitet werden könnte. "Wir brauchen diese Nachladefunktion, um uns den normalen Updates auf dem Zielcomputer anpassen zu können".
Friedrich sagte, die Landesbehörden hätten "völlig zu Recht" darauf hingewiesen, "dass sie die Grenzen dessen, was rechtlich zulässig ist, nicht überschritten haben". Zurückhaltend äußerte er sich zur Forderung nach einem TÜV für Trojaner. "Wir haben behördeninterne Kontrollen." Friedrich übte zudem scharfe Kritik am Chaos Computer Club (CCC). Dieser habe "dem Chaos in seinem Namen alle Ehre gemacht". Es seien viele Missverständnisse entstanden.
Der CCC hatte vor rund einer Woche die Version eines Trojaners zum Abhören von verschlüsselten Telefonaten über das Internet angeprangert. Nach den Erkenntnissen des Clubs kann die Software mehr als sie darf und hinterlässt auf dem Computer des Betroffenen gravierende Sicherheitslücken, die Dritte ausnutzen könnten.
Trojaner hundertfach im Einsatz
Nach Angaben aus Unionskreisen haben die Behörden von Bund und Ländern in den vergangenen drei Jahren in rund hundert Fällen die umstrittene Spionagesoftware eingesetzt. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, sagte der "Osnabrücker Zeitung", dass alle Sicherheitsbehörden zusammen seit 2009 etwa 35 Mal pro Jahr Trojaner eingesetzt hätten, "um verschlüsselte Kommunikation am Computer abzugreifen". Allein Bayern habe in der Zeit bei Verdacht auf schwere Kriminalität 25 Mal Trojaner eingesetzt, dabei seien vereinzelt auch Screenshots, also Aufnahmen des Bildschirms, weitergeleitet worden. Zuvor hatte es aus dem Freistaat geheißen, die Software sei fünf Mal eingesetzt worden.
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen sprach Uhl von einer "unverantwortlichen Hysterisierung" der derzeitigen Debatte über Staatstrojaner. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warf der CSU-Politiker vor, Polizei und Staatsanwälte seit Jahren im Regen stehen zu lassen. "Wir haben die Ministerin immer wieder darauf hingewiesen, dass die Ermittler beim Einsatz von Spionagesoftware in Strafverfahren in einer gesetzlichen Grauzone arbeiten." Geschehen sei aber "absolut nichts", sagte Uhl der "NOZ".
"Was können solche Programme?"
Vor diesem Hintergrund fordert die FDP-Ministerin nun eine Sonderkonferenz. "Die Innenminister von Bund und Ländern müssen sich jetzt schnell mit einer Sonderkonferenz koordinieren, um dann ein präzises Lagebild zu präsentieren", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die zentrale Frage sei: "Was können solche Programme, und was machen solche Programme?"
Wie bereits bekannt wurde, planen die Innenminister am kommenden Donnerstag eine Telefonkonferenz, bei der auch über die umstrittenen Trojaner gesprochen werden soll. Am Mittwoch sind die Trojaner auch Thema im Bundestags-Innenausschuss.
Quelle: ntv.de, AFP