Politik

Tradition sorgt für VerwirrungGesetz soll alle Südkoreaner jünger machen

04.06.2019, 21:36 Uhr
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Tradition wird in Südkorea in vielen Lebenslagen erhalten. (Foto: imago images / Danita Delimont)

Per Gesetz ein Jahr jünger: Wovon viele träumen, könnte in Südkorea bald Realität werden. Denn ein Politiker will die Altersangabe in dem Land an internationale Gepflogenheiten anpassen. Derzeit ist in Südkorea parallel ein traditionelles System gebräuchlich - das allerdings für viel Verwirrung sorgt.

Wenn es ums eigene Alter geht, passen manche Menschen je nach Gelegenheit ihre Aussage an. In Südkorea ist dies meist keine Eitelkeit, sondern alltägliche Notwendigkeit. Denn in dem asiatischen Land existieren zwei mögliche Varianten der Altersangabe. Ein Politiker möchte dieses Durcheinander per Gesetz nun beenden - was alle Südkoreaner auf einen Schlag mindestens ein Jahr jünger machen würde, wie CNN berichtet.

Bei der einen Variante in Südkorea, dem "internationalen Alter", verhält es sich wie in Deutschland: Der Geburtstag bestimmt das Alter. Anders ist es beim "koreanischen Alter". Demnach sind Kinder von Geburt an bereits ein Jahr alt. Und ein Jahr älter werden alle Koreaner gemeinsam am 1. Januar eines Jahres. Das kann dazu führen, dass ein Kind, dass am 31. Dezember geboren wird, einen Tag später auf dem Papier bereits zwei Jahre alt ist.

Zugleich besitzen beide Alters-Varianten in Südkorea je nach Situation ihre Gültigkeit. Im Alltag benutzen die Südkoreaner ihr traditionelles Alter als Angabe. Geht es um rechtliche Fragen, zählt jedoch das "internationale Alter". Allerdings gibt es auch Ausnahmen, was die Sache noch komplizierter macht: Wenn es etwa um das Alter geht, ab dem Südkoreaner bestimmte Filme ansehen dürfen, zählt alleine das Jahr, in dem sie geboren wurden. Nach dieser Zählweise sind zwei Menschen, die im Januar und Dezember 1990 geboren wurden, gleich alt.

Der Politiker Hwang Ju Hong zählt in seinem Gesetztesentwurf zur Vereinheitlichung des Systems die Nachteile auf, welche das doppelte Alter zur Folge hat: "Es führt zu unnötigen Kosten in der Verwaltung, sorgt für Verwirrung beim Datenaustausch aufgrund des Unterschieds zu anderen Ländern, fördere eine Kultur der Hierarchie, die auf dem Alter basiere, und führe dazu, dass bestimmte Monate für die Geburt des Kindes gemieden werden."

Gesetz könnte es dennoch schwer haben

Sollte das Gesetz eine Mehrheit im Parlament bekommen, würde das internationale System künftig den Vorrang in allen rechtlichen Angelegenheiten und öffentlichen Dokumenten in Südkorea erhalten. Allerdings herrscht im Parlament in Seoul derzeit Stillstand aufgrund von Kontroversen über andere Themen - dies könnte dem Vorschlag von Hwang auf die lange Bank schieben und ihm letztendlich sogar zum Verhängnis werden. Auch wenn sein Gesetzesentwurf nach eigenen Angaben breite Unterstützung unter den Parlamentariern findet.

Die Tradition der Altersangabe von einem Jahr ab Geburt stammt ursprünglich aus China. Früher waren chinesische Sprache und Schrift in Südkorea weit verbreitet. Allerdings ist das traditionelle System in China selbst heutzutage nicht mehr geläufig. Auch in Japan existierte früher eine ähnliche traditionelle Zählweise des Alters - dort wurde diese zu Beginn des 20- Jahrhunderts jedoch abgeschafft.

Quelle: kst

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