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Trump-Talk bei Lanz Grünen-Chef Banaszak: "Deutschland muss sich neu erfinden"

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Eine wachsende Form der Bedrohung: Felix Banaszak sieht Deutschland in drei Dimensionen unter Druck.

Eine wachsende Form der Bedrohung: Felix Banaszak sieht Deutschland in drei Dimensionen unter Druck.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach der letzten Pressekonferenz des neu gewählten US-Präsidenten Trump ist klar: Europa muss sich neu aufstellen. Trump hatte erklärt, die USA würden den Anspruch auf Grönland und den Panamakanal erheben. Bei Markus Lanz streitet Grünen-Chef Banaszak mit anderen Gästen darüber, was das für deutsche Politik konkret bedeutet.

Deutschland muss wieder für Investoren attraktiv werden. Das hat Wirtschaftsexpertin Veronika Grimm am Abend bei Markus Lanz gefordert. Hintergrund sind die Drohungen des gewählten US-Präsidenten Donald Trump, Grönland und den Panamakanal den USA einzuverleiben, notfalls auch mit militärischen Mitteln. Trump stelle unsere geltende Ordnung infrage, auch im Bereich der NATO, sagt Grimm. "Das macht einerseits klar, dass man sich neu aufstellen muss, aber es macht auch klar, dass die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die ja hinter vielen von diesen Aktivitäten auch stehen - es geht um Rohstoffe, es geht um wirtschaftliche Macht und um Handelsrouten - für Europa auch extrem wichtig sind." Deutschland müsse sich auch für neue Handelsbeziehungen öffnen. Man habe geschlafen, kritisiert die Wirtschaftsweise. "Wir müssen viel konsequenter international kooperieren und internationale Kooperationen anbahnen, gerade auch mit Afrika", sagt Veronika Grimm.

Die Wirtschaftsstrategien Deutschlands seien gut, hebt die Expertin hervor. Aber eine andere Wirtschaftsstrategie betreibe zum Beispiel China. Das Land produziere im Bereich Clean-Tech, also zum Beispiel Windräder oder Batterien deutlich mehr, als es für seine Energiewende benötige. Dagegen entstünden in der EU und den USA gerade einmal jeweils etwa 10 Prozent der chinesischen Produktion, die den Bedarf am Markt nicht einmal abdecken könnte. China plane offenbar, den Weltmarkt mit sauberer Technologie zu beliefern. "Das ist für uns nicht gut. Aber es ist auch nicht so, dass wir mit China konkurrieren können, weil das Land mit seinem großen Binnenmarkt viel mehr Möglichkeiten hat, die Kosten runterzubekommen."

Deutschland müsse wettbewerbsfähig für Neuansiedlungen werden, ist Grimms Fazit. Dazu müssten die Unternehmenssteuern, die Lohnnebenkosten und die Einkommenssteuern gesenkt werden, damit die Produktionsfaktoren günstig sind. Zudem müsste auch das Bildungssystem dahin entwickelt werden, dass Deutschland gute Fachkräfte und Forscher zur Verfügung stellen kann. "Darauf müssen wir setzen: auf unsere Menschen."

Grünen-Chef: "Europe united" gegen "America first"

Der neue Grünen-Chef Felix Banaszak beobachtet eine neue, wachsende Form der Bedrohung. "Deutschland hat seinen Wohlstand lange auf einem Dreiklang aufgebaut, der in allen drei Dimensionen nicht mehr funktioniert. Wir haben gesagt, wir nehmen vermeintlich billig das Gas aus Russland, wir haben die wunderbaren Absatzmärkte in China, und mit unserer Sicherheit müssen wir uns nicht allzu viel beschäftigen, denn dafür sorgen ja die USA. Und alle diese drei Säulen funktionieren nicht mehr." Deutschland müsse sich neu erfinden, fordert Banaszak. "Die zentrale Aufgabe wird sein, dass Deutschland sich als zentraler Akteur in Europa begreift. Keine Initiative aus Deutschland alleine wird ausreichen, sich dem entgegenzustellen, was von Donald Trump oder Wladimir Putin kommt oder wem auch immer." Die Antwort auf "America first" müsse "Europe united" lauten.

In der nächsten Wahlperiode müsse es Deutschland gelingen, eine noch stärker europäisch verankerte Politik zu machen. Deutschland müsse als Partner für die anderen europäischen Länder wahrgenommen werden, der diese auch ernst nimmt. Zudem müsse Europa seine Sicherheit anders organisieren. Schließlich dürfe sich Deutschland bei Importen nie wieder von einer Wirtschaftskraft alleine abhängig machen, so wie das bei den Gaslieferungen aus Russland geschehen sei. So müsse zum Beispiel Europa bei der Produktion von Zukunftstechnologien wie Chips, Batteriezellen oder Solarmodulen wieder ein Wort mitreden.

Der Journalist Wolfram Weimer, der bei ntv.de Autor einer wöchentlichen Kolumne ist, sieht ein ganz anderes Problem. "Ich halte das nicht für einen Bluff von Donald Trump", sagt er bei Markus Lanz zu dessen Forderungen. "Wir haben es mit einer historischen Zäsur zu tun." Trump kündige den Multilateralismus auf. Die Welt falle zurück ins 19. Jahrhundert. "Europa muss darauf reagieren, und ich hoffe sehr, dass unsere Bundesregierung nicht einzeln darauf reagiert, dass der Kanzler Protest erhebt oder die Außenministerin Solidarität zeigt. Sondern die Europäer müssen jetzt, noch bevor Donald Trump das Präsidentenamt übernimmt, demonstrativ Einigkeit zeigen. Am besten müssen der britische Premierminister Starmer, Frankreichs Präsident Macron, Polens Premierminister Tusk und Bundeskanzler Scholz nach Kopenhagen fahren und sagen: Das akzeptieren wir nicht. Europa muss weltpolitikfähig werden. Diesen Begriff haben die EU-Kommissionspräsidenten schon vor 20 Jahren formuliert, und jetzt ist es so weit: Wir müssen weltpolitikfähig werden, und wir müssen die Grenzen aufzeigen, dass so etwas mit uns nicht zu machen ist."

"Habeck-Projektion falsche Wahlkampfentscheidung"

Eine "falsche Wahlkampfentscheidung" nennt Grünen-Chef Banaszak die Idee, auf das Siegestor in München das Konterfei des grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck zu beamen. "Wenn wir länger darüber nachgedacht hätten, dann hätten wir erkannt, dass das eine blöde Idee ist." Eine Agentur sei für die Aktion am Montagabend in der bayerischen Landeshauptstadt verantwortlich gewesen. "Die Idee war gut, der Ort war falsch", so Banaszack: "Beim nächsten Mal nehmen wir einen anderen."

Wolfram Weimer weist darauf hin, dass diese Aktion illegal gewesen sei. Zudem sei das Siegestor in München ein Mahnmal für gefallene Soldaten. "Wenn Sie das nun zu Wahlkampfzwecken missbrauchen, ist das nicht in Ordnung." Schließlich sei es auch falsch, Robert Habeck in einem Siegesdenkmal so sehr zu heroisieren. Immerhin stehe Habeck auch für das Scheitern der Ampelkoalition. Deutschland habe eine schwere Wirtschaftskrise und befinde sich das dritte Jahr in einer Rezession. Da könne man sich auch fragen, wer denn eigentlich in dieser Zeit Wirtschaftsminister gewesen sei. "Und als Wirtschaftsminister bist Du politisch verantwortlich für dieses wirtschaftliche Desaster, das wir gerade haben." Allerdings lobte Weimer den Grünen-Chef für die Einsicht, dass die Aktion ein Fehler gewesen sei.

Banaszak ist mit der Aussage des Journalisten nicht ganz einverstanden. Habeck habe im Gegensatz zu Christian Lindner und Olaf Scholz nach dem Ampel-Aus Selbstkritik geübt. "Ich würde mir wünschen, dass die anderen wenigstens einen Hauch davon erkennen lassen würden, dass sie sich auch fragen, ob da alles richtig gelaufen ist."

Quelle: ntv.de

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