Super Tuesday unter der Lupe Haley wird Trumps Schwächen offenlegen
05.03.2024, 12:13 Uhr Artikel anhören
Siegessicher: Ex-Präsident Donald Trump
(Foto: REUTERS)
Bei den US-Republikanern ist das Ding gelaufen, ihr Präsidentschaftskandidat wird aller Voraussicht nach Donald Trump sein. Nikki Haley hält trotzdem bis zum Super Tuesday durch. Damit könnte sie ihrer Partei einen Bärendienst erweisen.
Der letzte Zweifel ist ausgeräumt, Donald Trump darf bei allen Vorwahlen auf dem Wahlzettel stehen. So entschied es der Supreme Court am Montag. Für Trump war das zwar ein erwartbarer, aber dennoch großer Erfolg - den der Ex-Präsident am heutigen Dienstag gerne mit überzeugenden Vorwahlsiegen in 15 Bundesstaaten krönen würde. Dann hätte er schon fast alle Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag der Republikaner im Juli beisammen.
Und Nikki Haley? Auf Trumps einzige verbliebene Mitbewerberin um die Präsidentschaftskandidatur würden die meisten nicht mal mehr im Traum setzen. Von den US-Medien wird sie abgeschrieben, die Spender gehen ihr von der Fahne. Der 52-Jährigen dürfte es vor allem darum gehen, ihren Namen im Gespräch zu halten. Um darauf zu warten, dass Trump stolpert, ihn ein Gerichtsprozess oder Urteil aus der Bahn wirft; vielleicht auch, um in vier Jahren als Favoritin ins Rennen zu gehen.
Deshalb gilt: Wer Spannung will, sollte nach dem Super Tuesday weiter als nur auf die Prozentzahlen und ein wenig in die Glaskugel blicken. In den besonders umkämpften Bundesstaaten analysieren Meinungsforscher das Wahlverhalten, nicht selten fragen sie auch nach Einzelheiten wie Herkunft, Einkommensschicht und ihren Gründen für die Stimmabgabe. Wer entscheidet sich warum für wen? Was könnte das im Hinblick auf November bedeuten, wenn aller Voraussicht nach Amtsinhaber Joe Biden sich gegen Donald Trump verteidigen wird?
Verräterische Einzelheiten
Haley sagt: Ohne die Stimmen, die an mich gehen, hätte Trump bei den Präsidentschaftswahlen keine Chance. Wenn es nach Prozentzahlen geht, hat sie höchstwahrscheinlich recht. In ihrem Heimat-Bundesstaat South Carolina sammelte die frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen rund 40 Prozent ein, in New Hampshire waren es 43,2 Prozent, in Iowa 20 Prozent. Doch es geht auch um absolute Zahlen, und gemäß den Erfahrungen vergangener Wahlen werden viele von Haleys Unterstützern am Ende womöglich trotzdem für Trump stimmen.
In Michigan, einem der besonders umkämpften und entscheidenden Bundesstaaten, verrieten manche Zahlen bereits Trumps mögliche Schwächen im November. Haley schnitt dort stark ab, wo er 2020 als Amtsinhaber die Wahl gegen Biden aus der Hand gegeben hatte: in den Vorstädten. In South Carolina befürchteten die Hälfte der wählenden Republikaner, Trump könne "zu extrem" sein, um Präsident zu werden. Darunter waren ein Viertel seiner eigenen Wähler.
Wäre Haley nicht mehr dabei, würden einige Anhänger der Republikaner bei den Vorwahlen vermutlich einfach zu Hause bleiben. Es ginge ja um nichts mehr. So aber wird es nach dem Super Tuesday noch viele weitere Einzelheiten geben, mit denen sich die Analysten der Demokraten beschäftigen können. Etwa um herauszufinden, welche Gruppen der Republikaner nicht Trump wählen wollen, und wie Bidens Team erreichen kann, dass dies auch so bleibt. Wechselwähler gibt es kaum in den USA, knapp unter 3 Prozent der Wählerschaft werden als tatsächlich unabhängig eingestuft.
"Gekrönt von Lobbyisten"
Die Vorwahlen um die Kandidatur hält Trumps Team bereits für gelaufen. Nach vielen abschätzigen Wahlkampfäußerungen über Haley in den vergangenen Wochen wollte Trump die für ihn unwichtig gewordene Mitbewerberin schlicht nicht mehr erwähnen und sich stattdessen auf Biden konzentrieren. Seinem Team jedoch bot sich am Sonntag eine verlockende Gelegenheit.
Kaum hatte Haley in der Hauptstadt Washington gewonnen, als erste Frau überhaupt eine Vorwahl der Republikaner, wurde sie von Trumps Wahlkampfsprecherin als "Königin des Sumpfes" beschimpft, "gekrönt von den Lobbyisten in D.C.", dem District of Columbia, während die restlichen USA sie ablehnen würden. Ersteres stimmt wahrscheinlich, die Hauptstadt ist eine Hochburg der Demokraten, der Sieg war eher symbolisch. Weniger als 2000 Republikaner gaben ihre Stimme ab, davon 62,8 Prozent für Haley.
Am heutigen Dienstag wird sich zeigen, ob die restlichen USA sie nicht wollen; von Alabama und Alaska über Texas und Tennessee, Virgina und Vermont sowie neun weitere Bundesstaaten. Vollbringt Haley kein mittelgroßes politisches Wunder, wird sie wohl aussteigen und Trump als Bewerber allein lassen. Doch zwei Dinge werden sie und ihr Wahlkampf in jedem Fall hinterlassen. Ihren Namen, den sich nicht nur Republikaner für die Zukunft merken dürften. Zudem werden die Demokraten noch besser wissen, wo und wie Trump angreifbar ist.
Quelle: ntv.de