Anschlag auf Sufi-Heiligtum IS tötet 70 Menschen in Pakistan
16.02.2017, 22:12 Uhr
Im Schrein von Lal Shahbaz Qalandar verehren die Gläubigen einen Sufi-Dichter und Philosophen aus dem 13. Jahrhundert.
(Foto: AP)
In den vergangenen Jahren kann Pakistan Erfolge im Kampf gegen Taliban und al-Kaida verkünden. Die Zahl der Anschläge geht deutlich zurück. Doch nun kehrt der Schrecken des Terrorismus zurück.
Bei einem der schwersten Terroranschläge in der Geschichte Pakistans sind mindestens 70 Menschen getötet worden. Nach Angaben der Polizei sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der Provinz Sindh inmitten eines großen Heiligen-Schreins in die Luft. Ein Mitarbeiter der Rettungsorganisation Edhi sagte, unter den Toten seien nach vorläufigen Erkenntnissen 19 Kinder, zehn Frauen und 41 Männer. Der Polizeichef der südpakistanischen Provinz Sindh, Allahdino Khawaja, sprach laut Medienberichten von 72 Toten.
Rettungskräfte warnten, die Opferzahl könne noch steigen. Bis zu 250 Menschen seien verletzt worden, und viele von ihnen seien in kritischer Verfassung.
Nur kurz nach dem Anschlag reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Angriff für sich. Zunächst rief ein IS-Kommandeur pakistanische Journalisten an, kurz darauf veröffentlichte das IS-Sprachrohr Amak eine Stellungnahme.
Sufis sind mystisch orientierte Muslime, die unter anderem auch Heilige verehren und sich von ihren Grabstätten Segen versprechen. Solche Praktiken sind islamistischen Gruppen wie dem IS und al-Kaida ein Dorn im Auge. Es gibt in Pakistan regelmäßig Anschläge auf Sufi-Stätten. Zuletzt waren im November bei einem Anschlag auf einen Schrein in Baluchistan mindestens 52 Menschen getötet worden. Laut pakistanischer Regierung ist der IS in Pakistan weder in großen Zahlen vertreten noch gut organisiert. Dennoch gehen immer wieder blutige Anschläge auf sein Konto.
Grenze zu Afghanistan geschlossen
In einer Erklärung der Armee hieß es, "feindliche Mächte" ordneten Anschläge in Pakistan an, die dann von Afghanistan aus durchgeführt würden. Armeesprecher Asif Ghafoor meldete in der Nacht, die Grenze zu Afghanistan sei mit sofortiger Wirkung geschlossen.
Der bekannte, im 14. Jahrhundert erbaute Lal Shahbaz Qalandar-Schrein in Sehwan ist ein Anziehungspunkt für Tausende Gläubige. Die Bombe soll während eines traditionellen Sufi-Tanzes im Hof des Schreins explodiert sein. Die Zeitung "Dawn" berichtete, der Tempel sei donnerstags besonders gut besucht.
Der Anschlag ist der jüngste in einer ganzen Serie. Allein seit Montag sind nun mindestens 94 Menschen bei Anschlägen getötet worden. Die meisten hat die Gruppe Jamaat ul-Ahrar für sich reklamiert. Sie kündigte weitere Anschläge an.
Nach zwei relativ ruhigen Jahren ist diese neue Gewaltwelle ein Schock für Pakistan. Nach massiven Militäroffensiven gegen Taliban und andere Terrorgruppen ab 2014 war die Zahl der Anschläge und ihrer Opfer in Pakistan für eine Weile stark zurückgegangen.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa