Politik

Alternative Nobelpreise vergeben Jurist: Trump instrumentalisiert Todesstrafe

Die Diskriminierung von Afroamerikanern im US-Justizsystem sieht Bryan Stevenson als zentrales Problem.

Die Diskriminierung von Afroamerikanern im US-Justizsystem sieht Bryan Stevenson als zentrales Problem.

(Foto: picture alliance/dpa/Livelihood Foundation)

Dass US-Präsident Trump auf Bundesebene wieder Todesurteile vollstreckt, sieht Stevenson als "politisches Instrument". Seit Jahrzehnten kämpft der Bürgerrechtler gegen die Todesstrafe. Dafür erhält er den Alternativen Nobelpreis. Er teilt ihn mit drei anderen - darunter die iranische Frauenrechtlerin Sotudeh, die im Gefängnis sitzt.

Der mit dem diesjährigen Alternativen Nobelpreis ausgezeichnete US-Bürgerrechtler Bryan Stevenson hat Präsident Donald Trump eine Instrumentalisierung der Todesstrafe vorgeworfen. Die Todesstrafe auf Bundesebene werde eindeutig "politisch genutzt", sagte der Anwalt. "Sie ist nicht glaubwürdig, wenn sie ein politisches Instrument ist. Und die vergangenen Monate haben gezeigt, dass sie ein politisches Instrument ist."

Die iranische Frauenrechtlerin Nasrin Sotudeh sitzt derzeit im Gefängnis.

Die iranische Frauenrechtlerin Nasrin Sotudeh sitzt derzeit im Gefängnis.

(Foto: picture alliance/dpa/3p-afp)

Die Trump-Regierung hatte im Sommer nach 17-jähriger Unterbrechung wieder damit begonnen, auf Bundesebene verhängte Todesurteile zu vollstrecken. Seitdem wurden acht Häftlinge hingerichtet. Bis zum Ende von Trumps Amtszeit am 20. Januar sind fünf weitere Hinrichtungen geplant. Der abgewählte Präsident ist ein Verfechter der Todesstrafe und hatte sich im Wahlkampf als "Präsident von Recht und Ordnung" bezeichnet. Wahlsieger Joe Biden dagegen will die Todesstrafe auf Bundesebene abschaffen und Anreize für die Bundesstaaten schaffen, diesem Beispiel zu folgen. Es ist ungewöhnlich, dass während des Übergangs von einer US-Regierung zur nächsten Häftlinge auf Bundesebene hingerichtet werden.

Stevenson teilt sich den am Abend verliehenen Alternativen Friedensnobelpreis mit dem Demokratie-Aktivisten Alex Bjaljazki aus Belarus, der iranischen Frauenrechtlerin Nasrin Sotudeh und der Bürgerrechtlerin Lottie Cunningham Wren aus Nicaragua. Nur Beljazki konnte seine Auszeichnung persönlich entgegennehmen. Sotudeh musste zurück ins Gefängnis und schickte ihren Dank als Audiobotschaft. Der Preis sei eine große Ehre für sie, sagte sie darin. "Unter diesen schwierigen Bedingungen gibt er mir und meiner Familie neue Energie, um meinen Weg fortzusetzen", wurden ihre Worte übersetzt. Das iranische Regime sieht sie als Staatsfeindin, sie wurde zu mehr als 30 Jahren Haft verurteilt.

Einer von neun Verurteilten unschuldig

Die Rechtsanwältin Lottie Cunningham Wren kämpft in Nicaragua für die Rechte indigener Völker.

Die Rechtsanwältin Lottie Cunningham Wren kämpft in Nicaragua für die Rechte indigener Völker.

(Foto: picture alliance/dpa/Livelihood Foundation)

Der Right Livelihood Award, gemeinhin als Alternativer Nobelpreis bekannt, wird jedes Jahr von der Right-Livelihood-Stiftung vergeben. Mit ihm werden Personen geehrt, die sich oft unter hohen Risiken für den Frieden und eine gerechtere und nachhaltigere Welt einsetzen. Das gilt auch für die diesjährigen Preisträger. "Alle kämpfen gegen die Bedrohung der Demokratie und geben anderen den Mut, aufzustehen", sagte Ole von Uexküll, der Exekutiv-Direktor der Stiftung.

Ebenso wie Cunningham Wren konnte Stevenson Corona-bedingt nicht persönlich bei der Verleihung in Stockholm anwesend sein. In den USA kämpft der 61-Jährige schon seit Jahrzehnten gegen die Todesstrafe. "Auf neun Menschen, die wir in den USA hingerichtet haben, kommt ein Mensch in einer Todeszelle, der als unschuldig identifiziert wurde", sagte der 61-Jährige. Das müsste eigentlich zu einem sofortigen Stopp von Hinrichtungen führen. "Wie in der Luftfahrt. Wenn ein Flugzeug abstürzt, müssen wir herausfinden, warum. Wir erlauben Flugzeugen so lange nicht zu fliegen."

Rassismus im Gerichtssaal

Alex Beljazki setzt sich in Belarus seit fast 30 Jahren für Demokratie und Freiheit ein.

Alex Beljazki setzt sich in Belarus seit fast 30 Jahren für Demokratie und Freiheit ein.

(Foto: picture alliance/dpa)

Als zentrales Problem sieht der Gründer der Equal Justice Initiative die Diskriminierung von Afroamerikanern im US-Justizsystem. Das betreffe nicht nur Polizisten, wie Stevenson mit Blick auf die Black-Lives-Matter-Proteste gegen Polizeigewalt gegen Schwarze sagte. Auch Staatsanwälte und Richter könnten rassistische Vorurteile hegen. "Es gibt die Annahme, dass Menschen mit schwarzer oder brauner Hautfarbe gefährlich und schuldig sind", so Stevenson, selbst ein Afroamerikaner. "Das macht sie in einem sehr aggressiven, raubtierhaften Justizsystem sehr verletzlich. Viele Schwarze werden fälschlicherweise beschuldigt und festgenommen, fälschlicherweise verurteilt."

Der Jura-Absolvent der Elite-Universität Harvard machte die Erfahrung am eigenen Leib: "Ich bin schon aus meinen Auto gezogen und von Polizisten bedroht worden, die gesagt haben, dass sie mir das Gehirn aus dem Kopf schießen." Die USA müssten sich viel umfassender mit dem Problem des Rassismus befassen als bislang, fordert Stevenson.

Quelle: ntv.de, chf/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen