
Der Bundestag beschließt am Morgen die Nachschärfung des Infektionsschutzgesetzes. Der Beschluss ist eine Formsache, doch in seiner ersten Bundestagsrede als Gesundheitsminister findet Lauterbach klare Worte.
Seit seiner Nominierung zum Gesundheitsminister ist Karl Lauterbach so etwas wie der heimliche Star der neuen Regierung. Und der SPD-Mann legt gleich los, mit zahlreichen Interviews und nun auch klaren Worten im Bundestag. Der beschloss am Morgen die Nachschärfung des Infektionsschutzgesetzes, so wie es vergangene Woche vereinbart worden war und schärfte damit das Gesetz nun schon zum zweiten Mal nach. Jetzt kommt die einrichtungsbezogene Impfpflicht, außerdem werden Impfungen durch Tier- und Zahnärzte möglich, sowie strengere Lockdown-Maßnahmen wie Schließungen auch von Restaurants - wenn der Bundesrat am frühen Nachmittag zustimmt, was aber als Formsache gilt.
Lauterbach eröffnete die Debatte zur finalen Lesung des Gesetzentwurfs und bemühte sich, neuen Optimismus zu verbreiten - trotz nach wie vor hoher Inzidenz und drohender Omikron-Welle. "Man soll ja nicht sagen, wir schaffen das, aber wenn ich ganz ehrlich sein soll, ich glaube nicht nur, ich weiß, dass wir das schaffen werden", sagte er und lächelte etwas schief, während er dieses berühmte Zitat Angela Merkels aus der Flüchtlingskrise vor fünf Jahren bemühte. "Wir müssen zusammenarbeiten, wir müssen an uns glauben und wir müssen einander vertrauen", so der Gesundheitsminister.
Mit diesen Worten schloss er seine Rede unter dem Applaus der eigenen und der befreundeten Fraktionen. Zuvor hatte er seine Marschroute ausgegeben: "Die Herausforderung liegt darin, die aggressive Delta-Welle endlich zu brechen und die drohende Omikron-Welle zu verhindern." Die Frage nach dem "Wie" beantwortet er wie die meisten anderen Experten: Impfen, Impfen, Impfen. Kein Land vergebe so schnell die Booster-Impfungen wie Deutschland, sagte er. Vorgestern seien 1,1 Millionen Spritzen gegeben worden - ein Rekordwert.
"Dafür werden wir kämpfen"
Der Gesundheitsminister verteidigte die geplante Nachschärfung des Infektionsschutzgesetzes. "Wir müssen vorgehen wie Mediziner. Hat sich der medizinische Befund verändert, dann müssen auch die therapeutischen Maßnahmen angepasst werden." Die beschlossenen Maßnahmen müssten konsequent umgesetzt werden. "Wir müssen es schaffen, dass wir so erfolgreich sind, dass zumindest das Weihnachtsfest und die Reisen zu den Menschen, die wir lieben, nicht nur stattfinden können, sondern sicher stattfinden können. Dafür werden wir kämpfen", so der langjährige Professor.
Die Debatte selbst hatte nur begrenzte Brisanz, da bereits am Dienstag ausgiebig diskutiert worden war - und weil die Union angekündigt hatte, für den Gesetzentwurf zu stimmen. Allerdings brachte sie einen Änderungsantrag ein. So sollte die einrichtungsbezogene Impfpflicht auch auf das Personal in Kitas und Schulen ausgeweitet werden. Den Plänen der Ampelkoalition zufolge soll sie dagegen nur für Alten- und Pflegeheime gelten sowie für Einrichtungen, in denen Menschen mit Behinderungen betreut werden. Erfasst von der Regelung sind außerdem Tageskliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste oder sozialpädagogische Zentren.
Zusätzlich wird der im Zuge der vorangegangenen Änderung des Infektionsschutzgesetzes verkleinerte Maßnahmenkatalog wieder ausgeweitet. Künftig können alle gastronomische Einrichtungen, Freizeit- oder Kultureinrichtungen wieder geschlossen werden. Betroffen sind davon neben Restaurants auch Bars, Clubs und Diskotheken. Auch Messen oder Kongresse können wieder untersagt werden.
Allgemeine Impfpflicht soll erst später kommen
Der Opposition ist das jedoch nicht genug. "Sie tun erneut zu wenig", sagte CDU-Redner Erwin Rüddel. Er kritisierte erneut, dass die Ampel-Koalition die Epidemische Notlage von nationaler Tragweite auslaufen ließ und die Corona-Maßnahmen nun stattdessen durch das Infektionsschutzgesetz begründet werden. "Dank dieser Manöver verbringen wir jetzt die laufende Woche damit, erneut Versäumnisse der Koalition zu reparieren und das Infektionsschutzgesetz erneut nachzuschärfen."
Grünen-Rednerin Maria Klein-Schmeink warf Rüdde daraufhin vor, dass die alte Regierung den Beginn der Booster-Kampagne verschlafen habe. Sie wies auch darauf hin, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die nun beschlossen werden soll, nicht mit der allgemeinen Impfpflicht verwechselt werden solle. Die Entscheidung ist ungleich kontroverser als die nun beschlossene Impfpflicht für bestimmte Berufe. Insbesondere in der FDP gibt es Vorbehalte. Eine Abstimmung darüber soll es Kanzler Olaf Scholz zufolge erst im kommenden Frühjahr geben. Er hat bereits angekündigt, dass dann der Fraktionszwang aufgehoben werden soll.
Quelle: ntv.de