"Comeback" der Kanzlerin Merkel betritt wieder das politische Parkett
11.02.2022, 19:08 Uhr
Merkel bei der Amtsübergabe an Olaf Scholz am 8. Dezember.
(Foto: picture alliance/dpa)
An der Bundesversammlung nimmt sie teil, am feierlichen Abendessen danach nicht. Trotz dieser halben Absage ist bei der CDU die Aufregung groß: Am Sonntag kehrt Altkanzlerin Merkel zurück auf den politischen Boden der Hauptstadt.
"Sie kommt!", heißt es aus den Reihen der CDU in Mecklenburg-Vorpommern. Ihr Heimatverband hat die Altkanzlerin als Delegierte der Bundesversammlung nominiert und ist stolz auf die eigene Entscheidung. "Somit dürfte klar sein, wer die meistfotografierte und am stärksten beobachtete Wahlberechtigte nominiert hat", erklärt ein CDU-Landespolitiker.
Angela Merkel hatte sich seit der Amtsübergabe an ihren Nachfolger aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Stimmen aus ihrem Umfeld erklärten hinter vorgehaltener Hand, Merkel wolle sich sechs Monate bedeckt halten. Sechs Monate sind es mit dem bevorstehenden öffentlichen Auftritt am Sonntag nicht, ihren Landesverband stimmt das versöhnlich. Nachdem Merkel dem digitalen Bundesparteitag der CDU fernblieb, sich nicht zur Ehrenvorsitzenden wählen ließ und am Abend des Parteitags der Einladung des neuen Vorsitzenden Friedrich Merz zum Essen nicht folgte, glänzte sie ebenfalls durch Abwesenheit auf dem Landesparteitag ihrer Partei in Mecklenburg-Vorpommern.
"Am ersten Parteitag nach ihrer Amtszeit hätte sie doch gerne teilnehmen können, das kam bei vielen nicht gut an. Schließlich ist sie hier jahrzehntelang gewählt worden, ein Abschied und ein paar persönliche Worte des Dankes wären angemessen gewesen", sagt ein CDU-Vertreter der Nordost-CDU.
Doch vergessen ist der Ärger von gestern, am Sonntag wird die Altkanzlerin an der Bundesversammlung teilnehmen. Im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages sind Stuhlreihen und Rednerpult bereits arrangiert. Das coronakonforme Arrangement von Platzkarten und Abständen hat allerdings eher die optische Anmutung eines Impfzentrums denn eines Staatsaktes. "Wir haben ihr sogar einen Platz in der ersten Reihe organisiert", erklärt ein Fraktionsmitglied. Ob der Platz in der ersten Reihe für die Altkanzlerin eigens reserviert werden musste oder selbstverständlich ist, sei dahingestellt. Die Aufregung und ein gewisser Stolz sind unüberhörbar. Merkel ist inzwischen der Tagespolitik entrückt, die historische Würdigung überdeckt inhaltliche Konflikte im Einzelnen, die Altkanzlerin verkörpert nun Geschichte.
Mit Merz ganz vorn in der ersten Reihe
Aufgrund der Pandemie sind die Festlichkeiten rund um die Wahl des Bundespräsidenten stark reduziert, hier und da kommt es in der Hauptstadt zu kleinen Zusammenkünften in den Landesvertretungen oder Restaurants. In der Heimat der Altkanzlerin regiert die Sozialdemokratin Manuela Schwesig mit den Linken, die Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern ist somit nicht der natürliche Hafen für die kleine Gruppe der CDU-MV, obwohl die Staatssekretärin der Landesvertretung eine Einladung ausgesprochen hat.
Die Runde wird sich nach der Bundesversammlung in einem Restaurant in unmittelbarer Nähe des Reichstags zusammenfinden und den Abend ausklingen lassen. Hatte man gemeinsam die Kanzlerin im vergangenen Jahr bei einem Abendessen in der Parlamentarischen Gesellschaft verabschiedet, wird Angela Merkel am Sonntagabend der Runde nicht Gesellschaft leisten. "Mit zum Essen kommt sie nicht, aber davon sind wir im Grunde auch nicht ausgegangen", heißt es.
Immerhin könnte sich aus dieser Entscheidung ableiten lassen, dass die Absage der Altkanzlerin an Friedrich Merz vor wenigen Wochen keine persönliche war, sondern ein gewisser Abstand zum politischen Betrieb. Wo Angela Merkel ihr Kreuz am Sonntagmittag machen wird, muss man nicht erraten, aus der Unionsspitze heißt es, Merkel habe die Botschaft übermitteln lassen, unabhängig davon, ob und wen die Union als eigenen Kandidaten aufstellen würde, sie werde Frank-Walter Steinmeier wählen. Spannend wird sein, wie das erste Zusammentreffen der Altkanzlerin und dem jetzigen Parteichef Merz verläuft. Beide sitzen bei der Bundesversammlung prominent platziert ganz vorn.
Quelle: ntv.de