Politik

Kritiker sehen sich bestätigt Mindestlohn soll zehn Milliarden extra kosten

Das Prestigeprojekt der SPD ist Linken und Gewerkschaften wegen der Ausnahmen verhasst, der Wirtschaft wegen der Kosten.

Das Prestigeprojekt der SPD ist Linken und Gewerkschaften wegen der Ausnahmen verhasst, der Wirtschaft wegen der Kosten.

(Foto: dpa)

Der Mindestlohn kommt, doch er hat wenige Freunde. Der mühsam zusammengebaute Kompromiss der Großen Koalition soll in zwei Tagen Gesetz werden. Jetzt zeigt sich: Die Kosten sind noch höher als gedacht.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles geht einem Zeitungsbericht zufolge davon aus, dass die Umsetzung des Mindestlohngesetzes die deutsche Wirtschaft mit fast zehn Milliarden Euro zusätzlich belastet. Die Fachleute im Bundesarbeitsministerium hätten Kosten in Höhe von 9,6 Milliarden Euro berechnet, berichtet die "Bild"-Zeitung. Diese Zahl habe Nahles bei der Unterrichtung der Fachpolitiker von Union und SPD im Bundestag genannt, heißt es unter Berufung auf Teilnehmerkreise.

Dem Bericht zufolge sollen zudem 1600 neue Stellen für Zollfahnder geschaffen werden, um die Einhaltung des Mindestlohns zu kontrollieren. Die Kosten dafür sollen sich demnach auf rund 80 Millionen Euro jährlich belaufen. Die Zahlen seien intern vom Arbeitsministerium ermittelt worden, um den sogenannten Erfüllungsaufwand für die Umsetzung von Gesetzen festzustellen, hieß es.

Über das Mindestlohngesetz soll der Bundestag an diesem Donnerstag abstimmen. Die Kritik an dem mühsam errungenen Kompromiss der Großen Koalition reißt aber auch zwei Tage vorher nicht ab. Nicht nur bei Arbeitgebern und Gewerkschaften, auch bei Union und SPD gibt es weiterhin Widerstände. Bei der Verabschiedung des Gesetzes könnte es deshalb eine Reihe von Gegenstimmen aus dem Regierungslager geben.

Vor allem die Regelungen für Jugendliche unter 18 Jahren, Langzeitarbeitslose und Praktikanten sind umstritten. Nach dem Koalitionskompromiss soll es außerdem Ausnahmen und Stufenlösungen unter anderem für Erntehelfer und Zeitungszusteller geben. Jusos und Gewerkschaften halten diese Ausnahmen für zu weitgehend. Verdi-Chef Frank Bsirske hatte kritisiert, mit einer Vielzahl von Ausnahmen habe die Koalition den gesetzlichen Mindestlohn "brutal amputiert". Rückendeckung erhält die SPD-Ministerin Nahles aus dem linken Flügel ihrer Partei. "Andrea Nahles ist es gelungen, das Gesetz sauber auf den Weg zu bringen", sagte Carsten Sieling, Sprecher der Parlamentarischen Linken (PL), der "Frankfurter Rundschau". Sämtliche Ausnahmen, auf die sich die Fraktionsspitzen nun geeinigt hätten, seien befristet: "Das Gesetz und unser Ziel, Niedriglöhne künftig auszuschließen, werden dadurch nicht dauerhaft beschädigt."

Das Gesetz sieht vor, dass ab 2017 jeder Arbeitnehmer mindestens 8,50 Euro pro Stunde verdienen soll. Das stößt wiederum beim Wirtschaftsflügel der Union auf Kritik. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, verlangte, das Gesetz im Abstand von zwei Jahren zu überprüfen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wertete die Debatte als Signal dafür, dass zwischen Union und SPD "der letzte Rest an Gemeinsamkeiten flöten geht". Schwarz-Rot bekämpfe sich, statt gemeinsam zu regieren, sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Die Große Koalition hat schon nach einem halben Jahr fertig".

Quelle: ntv.de, nsc/AFP/dpa

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