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Einheits-Bericht veröffentlicht Ost-Beauftragter erklärt AfD-Umfragewerte mit "Trotzhaltung"

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Als Fortschritte bei der Annäherung der Lebensverhältnisse nennt der Bericht die Angleichung der Rentenwerte in Ost und West.

Als Fortschritte bei der Annäherung der Lebensverhältnisse nennt der Bericht die Angleichung der Rentenwerte in Ost und West.

(Foto: picture alliance/dpa)

Seit dem 3. Oktober 1990 sind Ost- und Westdeutschland wieder vereint. Was hat sich seitdem getan? Als Fortschritt nennt der Bericht zur Deutschen Einheit die Angleichung der Rentenwerte. Die Reduzierung Ostdeutschlands auf die AfD alleine werde dem Thema laut dem Ost-Beauftragten Schneider nicht gerecht.

Auch 33 Jahre nach der Wiedervereinigung bleiben Spuren der Teilung weiterhin sichtbar. Das ist eine Kernaussage des diesjährigen Berichts "Zum Stand der Deutschen Einheit", den der Ost-Beauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider in Berlin vorlegte. Zwar seien viele strukturelle Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland abgebaut worden, doch weiter "bewerten viele Ost- und Westdeutsche die Lage des Landes unterschiedlich", heißt es darin.

"Die Einigkeit weiter zu stärken, ist die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten in Deutschland in den kommenden Jahren", betonte Schneider in der Einleitung des Berichts, der am Vormittag im Bundeskabinett beraten wurde. Die Herstellung der inneren Einheit Deutschlands sei "ein kontinuierlicher Prozess der gegenseitigen Verständigung" und bleibe "deshalb eine dauerhafte Aufgabe".

Als Fortschritte bei der Annäherung der Lebensverhältnisse nennt der Bericht die Angleichung der Rentenwerte in Ost und West. Genannt wird auch die Ablösung vieler Sonderprogramme durch ihre Integration in ein "an objektiven Indikatoren orientiertes gesamtdeutsches Fördersystem". Wo es strukturelle Unterschiede gibt, seien diese inzwischen häufig innerhalb ost- oder westdeutscher Regionen, zum Beispiel zwischen Großstädten und ihren Speckgürteln einerseits und ländlichen Regionen andererseits. Damit verbundene Prägungen überlagerten vielfach "die in der Vergangenheit liegenden unterschiedlichen Erfahrungen in Ost und West".

Reduzierung Ostdeutschlands auf die AfD

Tatsache sei jedoch auch, "dass ein höherer Anteil von Menschen in ländlichen Regionen in Ostdeutschland in einem Umfeld lebt, das von einer stagnierenden oder schrumpfenden Bevölkerung, von anderen Familienstrukturen und von einer geringeren Ausstattung mit Einrichtungen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge geprägt ist", merkt der Bericht an. Viele gesamtdeutsche Herausforderungen, auch in Verbindung mit Digitalisierung oder einer erreichbaren Gesundheitsversorgung erschienen daher "in Teilen Ostdeutschlands wie im Brennglas". Kritisch angemerkt wird in dem Bericht, dass der Anteil ostdeutscher Führungskräfte zwar ansteige, aber weiterhin deutlich unter dem Bevölkerungsanteil der Ostdeutschen von rund 20 Prozent liege.

Mit Blick auf hohe Umfragewerte der AfD in Ostdeutschland sagte Schneider, dass viele Bürger eine "Trotzhaltung" einnähmen, die er "in Teilen nachvollziehen" könne. Die AfD sei aber auch in seinem Heimat-Bundesland Thüringen "weit davon entfernt, eine Massenorganisation zu sein".

Die Reduzierung Ostdeutschlands auf die AfD alleine werde dem Thema nicht gerecht, betonte Schneider bei der Vorstellung des Berichts. Er habe sogar den Eindruck, dass dies der AfD sogar noch helfe. Im kommenden Jahr finden in Sachsen, Thüringen und in Brandenburg Landtagswahlen statt. Jüngsten Umfragen zufolge könnte die AfD aus allen drei Wahlen als stärkste Partei hervorgehen.

"Bericht zur deutschen Einheit ist verpasste Chance"

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Verwiesen wird in dem Bericht auch auf eine laut Umfragen deutlich höhere Verbreitung migrationsfeindlicher Einstellungen im Osten sowie auf dort höhere Fallzahlen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Der Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte lag in Ostdeutschland 2022 in allen Bundesländern (außer Berlin) allerdings im einstelligen Bereich und damit weit unter dem bundesweiten Durchschnitt von gut 24 Prozent. Kritik an dem Bericht kam aus der CDU/CSU-Fraktion.

"Der Bericht zur deutschen Einheit ist eine verpasste Chance, die positiven Entwicklungen in Ostdeutschland hervorzuheben", erklärte Unionsfraktionsvize Sepp Müller. "Andererseits fehlen in dem Bericht auch Impulse für die Regionen, die sich im Strukturwandel befinden, oder Initiativen für eine bessere ärztliche Versorgung auf dem Land. Gänzlich unerwähnt bleibt die Einkommens- und Vermögensschere zwischen Ost und West." Der Linken-Politiker Sören Pellmann nannte die Bilanz der Bundesregierung zu Ostdeutschland "verheerend". Er forderte Schneider auf, "endlich konkrete Pläne vorzulegen", um eine Angleichung bei Wirtschaftskraft und Löhnen zu erreichen.

Quelle: ntv.de, jki/AFP

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