Razzia bei Xenia Sobtschak Tochter von Putins Ziehvater flieht nach Litauen
30.10.2022, 07:24 Uhr (aktualisiert)Mehrfach kritisiert Xenia Sobtschak auf ihrem Youtube-Kanal den russischen Angriff auf die Ukraine - und bleibt dennoch monatelang unbehelligt. Plötzlich ermittelt die Polizei gegen die frühere russische Präsidentschaftskandidatin. Die 40-Jährige meint, den Grund dafür zu kennen.
Die prominente russische TV-Moderatorin und frühere Präsidentschaftskandidatin Xenia Sobtschak hat ihre Heimat Richtung Litauen verlassen. "Sie ist in Litauen", bestätigte der Nachrichtendienstchef des Landes, Darius Jauniskis, im Radio. Die 40-Jährige sei mit einem israelischen Pass eingereist. "Sie braucht kein Visum und kann hierherkommen und 90 Tage bleiben, wenn ich mich nicht irre."
Die Journalistin ist die Tochter von Anatoli Alexandrowitsch Sobtschak, der in den 1990er Jahren als Bürgermeister von St. Petersburg politischer Mentor von Kremlchef Wladimir Putin war. Lange genoss sie daher in Russland mehr Freiheiten als andere Oppositionelle. In dieser Woche allerdings hat die Justiz einen Vertrauten Sobtschaks wegen angeblicher Erpressung festgenommen. Staatliche Medien berichten, dass auch gegen Sobtschak ermittelt werde. Offiziell wurden die Ermittlungen nicht bestätigt, allerdings deutete die Sprecherin des russischen Außenministeriums an, dass es "schwerere Vorwürfe" gegen Sobtschak gebe als nur Erpressung.

Sobtschak war gegen Putin im Rennen um den Kreml angetreten. Dies habe der Wahl einen Anstrich von Offenheit geben sollen, urteilten Kritiker.
(Foto: REUTERS)
So hatten die russische Nachrichtenagentur Tass sowie der staatliche Sender RT unter Berufung auf die Polizei berichtet, dass Sobtschak verdächtigt wird, in einen Fall groß angelegter Erpressung verwickelt zu sein. Eine solche Straftat kann in Russland mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden. Berichten zufolge ist Sobtschak Putins Patentochter. Ihr Vater Anatoli, der verstorbene Bürgermeister von St. Petersburg, war einst Chef und Professor des russischen Präsidenten.
"Angriff auf meine Redaktion"
Tass zufolge wurde am Mittwochmorgen bereits Sobtschaks Wohnsitz durchsucht. Zudem wurde der kaufmännische Leiter ihres Medienunternehmens Attention Media festgenommen, nachdem er eine Geldzahlung über 800.000 Rubel (ca. 13.000 Euro) angenommen haben soll. Attention Media betreibt unter anderem Sobtschaks Youtube-Kanal mit mehr als drei Millionen Abonnenten. Dort hatte die Journalistin in den vergangenen Monaten mehrfach den russischen Angriff auf die Ukraine kritisiert.
Auf Telegram wies Sobtschak die Vorwürfe gegen sie zurück. Es handele es sich um den Versuch, Druck auf ihr Medienunternehmen auszuüben. "Es ist klar, dass es sich um einen Angriff auf meine Redaktion handelt, die letzte freie Redaktion in Russland, die unter Druck gesetzt werden musste", schrieb die 40-Jährige. Sie hoffe, dass es sich um ein Missverständnis handele.
Sobtschak hatte 2018 bei der Wahl für die russische Präsidentschaft gegen Amtsinhaber Putin kandidiert. Beobachter warfen ihr damals vor, dass sie sich habe instrumentalisieren lassen, um der Wahl einen Anschein von Wettbewerb zu geben.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 27. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, chr/jwu/AFP/dpa