Treffen mit Banker verheimlicht Scholz kämpft mit brisanten Tagebüchern
03.09.2020, 19:21 Uhr
Finanzminister Scholz räumt die Treffen inzwischen ein, er könne sich aber nicht an den Inhalt der Gespräche erinnern.
(Foto: picture alliance/dpa)
Das Tagebuch eines Privat-Bankiers macht dem SPD-Kanzlerkandidaten zu schaffen: In seiner Zeit als Hamburger Oberbürgermeister gewährte Scholz dem Mann mehrfach Audienz. Steuerschulden aus dem Cum-Ex-Bereich fielen danach unter den Tisch. Diese Kontakte hatte der Fianzminister vorher verschwiegen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz stehen im Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Privatbank MM Warburg unangenehme Nachfragen bevor. Ausgerechnet das Tagebuch eines in den Skandal verwickelten Bankers mit Details zu den Treffen und dem Inhalt der Gespräche bringt den Minister in Bedrängnis. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" traf sich der SPD-Kanzlerkandidat während seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Hansestadt öfter mit Warburg-Miteigentümer Christian Olearius, als er bislang zugegeben hatte. Tagebücher des Bankers, die die Zeitung habe einsehen können, belegten drei Treffen und ein Telefonat zwischen Scholz und Olearius. Hintergrund der Kontakte zwischen 2016 und 2017 waren laut Aufzeichnungen von Olearius mögliche Steuerrückforderungen der Stadt Hamburg in Millionenhöhe, heißt es in dem Bericht. Das Brisante daran: Der Bank wurden die drohenden Schulden später erlassen.
Die Bank ist in Deutschlands größte Steueraffäre verwickelt, den Cum-Ex-Skandal, bei dem Banken den Fiskus um Milliarden betrogen haben sollen. Im Sommer 2016 ermittelte die Kölner Staatsanwaltschaft wegen mutmaßlich illegaler Cum-Ex-Geschäfte gegen die Warburg-Bank und Olearius. Im Januar 2016 war die Bank durchsucht worden. Es gab eine Sonderprüfung der Finanzaufsicht Bafin. Dennoch empfing Scholz laut SZ den Bankchef am 7. September 2016 in seinem Büro. Eingeräumt hatte Scholz bislang allerdings nur ein Treffen im Jahr 2017.
Die "Süddeutsche Zeitung" rekonstruiert den Verlauf der Angelegenheit minutiös anhand der Tagebucheinträge. Auch die "Zeit" und das NDR-Magazin "Panorama" berichteten über die Aufzeichnungen des Privatbankers. Demnach erläuterte Olearius dem SPD-Politiker zunächst die rechtliche Position der Bank. Die Hamburger Steuerbehörde hatte angekündigt, wegen der Cum-Ex-Deals eine Kapitalertragsteuer-Rückerstattung in Höhe von 47 Millionen Euro für 2009 von Warburg zurückzufordern. Als diese Forderung sich einige Wochen später präzisierte, habe Olearius erneut um einen Termin bei Scholz gebeten. Bei diesem zweiten Treffen am 26. Oktober habe der Banker Scholz den Entwurf eines mehrseitigen Schreibens an die Finanzbehörde übergeben. Darin bestritt die Bank alle Cum-Ex-Vorwürfe und wies darauf hin, dass das Bankhaus im Falle einer Rückzahlung in seiner Existenz gefährdet sei. Knapp zwei Wochen später, so zitiert die Zeitung aus den Notizen von Olearius, rief Scholz den Bankchef an und sagte, er möge das Schreiben kommentarlos an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher schicken. Nur drei Tage nach dem Telefonat erhielt Olearius laut seinen Aufzeichnungen aus der Finanzverwaltung den Hinweis, dass die Stadt die 47 Millionen Euro doch nicht zurückfordern würde.
Der Minister wird nun erklären müssen, warum er die Treffen nicht offengelegt hat, als der Vorgang im März und im Juli Thema im Bundestag-Finanzausschuss war. Auf SZ-Anfrage räumte Scholz nun die drei Treffen mit Olearius und das Telefonat ein. Zur Begründung sagte er, er spreche grundsätzlich mit jedermann. Konkrete Erinnerungen an die Gespräche habe er nicht. Er betonte gegenüber dem Blatt aber, er habe keinerlei Zusagen gemacht oder eine Einschätzung vorgenommen. Und er habe nie "Einfluss in der Steuersache ausgeübt". Er habe auch weder mit dem Finanzsenator noch mit der Finanzverwaltung über den Fall gesprochen. An Olearius' Schreiben könne er sich nicht erinnern.
Quelle: ntv.de, mau