Politik

"Erschreckende Naivität" Stasi-Aufarbeitung bitter nötig

20 Jahre nach dem Mauerfall verzeichnet die Stasi-Unterlagenbehörde wieder ein gestiegenes Interesse an den Akten der DDR-Staatssicherheit.

Die Birthler-Behörde verzeichnet 20 Jahre nach dem Mauerfall wieder ein gestiegenes Interesse an den Unterlagen der DDR-Staatssicherheit. Seit Jahresbeginn gingen monatlich rund 10.000 Anträge auf Akteneinsicht ein, sagte die Stasi-Akten-Beauftragte Marianne Birthler bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts in Berlin.

Marianne Birthler übergibt ihren Tätigkeitsbericht an Bundestagspräsident Norbert Lammert.

Marianne Birthler übergibt ihren Tätigkeitsbericht an Bundestagspräsident Norbert Lammert.

(Foto: dpa)

Im gesamten vergangenen Jahr gab es den Angaben zufolge 87.000 Anträge. Im Jahr 2007 waren es mehr als 100.000 gewesen. In den Bereichen Forschung und Medien recherchieren der Behörde zufolge immer mehr junge Menschen etwa für ihre Diplom- oder Doktorarbeit in den Stasi-Unterlagen. Seit einer Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzes im Jahr 2006 können Unterlagen Betroffener herausgegeben werden, wenn deren Tod mindestens 30 Jahre zurückliegt.

"Erschreckende Naivität"

Im Bereich der Rehabilitierung und Wiedergutmachung gab es der Behörde zufolge einen starken Anstieg. Das Amt prüft vor allem auf Anfrage von Ämtern, ob Gründe gegen die Gewährung der im Sommer 2007 beschlossenen Opferrente vorliegen. Die Tätigkeit ihrer Behörde sei weiterhin notwendig, sagte Birthler. "Nach wie vor wissen viel zu viele Menschen viel zuwenig über die DDR. Die Debatte um den Unrechtsstaat DDR und die 'erschreckend naiven Kommentare dazu' zeigten, "dass es noch sehr viel zu diskutieren gibt".

Birthler  wehrt sich gegen Vorwürfe

In der ARD wehrte sich Birthler gegen Vorwürfe, ihre Behörde vernachlässige die Erforschung von Stasi-Aktivitäten im Westen. Die "Westarbeit" der Stasi spiele eine "hervorragende Rolle" in der Forschungsarbeit, sagte sie. Man habe in den vergangenen Jahren "sehr umfangreiche Publikationen" dazu vorgelegt.

Begrenzte Kapazitäten

Birthler aber auch, dass die Behörde für die Forschung begrenzte Kapazitäten habe. "Zunächst sind wir Dienstleister und geben Unterlagen an externe Nutzer heraus. Und dann haben wir auch noch eine kleine Forschungsabteilung, in der wir eigene Projekte verfolgen." Selbst die Wissenschaft habe nicht daran gedacht, dass Kurras, der vor 42 Jahren den Studenten Benno Ohnesorg erschossen hatte, ein Stasi-Spion gewesen sein könnte. "Die Kurras-Unterlagen waren die ganze Zeit zugriffsfähig. Man muss nur auf die Idee kommen, zu vermuten, dass er für die Stasi gearbeitet hat", sagte Birthler. Auf die Idee sei aber keiner gekommen, "auch nicht Wissenschaftler, die sehr intensiv zur Studentenbewegung geforscht haben."

 

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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