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Aus dem Gefängnis geflohen Wo ist Sudans Ex-Präsident Baschir?

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Omar al-Baschir im Januar 2022 vor Gericht

Omar al-Baschir im Januar 2022 vor Gericht

(Foto: picture alliance / AA)

Bei den Kämpfen zwischen Armee und RSF-Miliz im Sudan wurde das Gefängnis geöffnet, in dem bislang Ex-Diktator Baschir saß. Über seinen Verbleib gibt es über die sudanesischen Grenzen hinaus einige Spekulationen.

Er ist derzeit wohl der meistgesuchte flüchtige Gefangene Afrikas: Sudans Ex-Präsident Omar al-Baschir ist am Sonntag aus dem Zentralgefängnis in der Hauptstadt Khartum geflohen - oder wurde gar befreit. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt.

Seit seinem Sturz durch einen Militärputsch 2019 saß der ehemalige Diktator im Kober-Gefängnis in Khartum. Der heute 79-Jährige war wegen Korruption, der Annahme illegaler Geschenke und des Besitzes von Fremdwährung schuldig gesprochen und verurteilt worden. Nach dem Putsch hatte die Polizei im Haus des Ex-Präsidenten, der über 30 Jahre an der Macht war, mehrere Millionen Euro und sudanesische Pfund gefunden.

Als sich am Sonntag die Kämpfe zwischen den rivalisierenden Konfliktparteien rund um das Zentralgefängnis intensivierten, wurden offenbar die Gefängnistore geöffnet, tausende Gefangene entkamen. Was genau vor Ort geschah, ist nicht nachzuvollziehen. Angeblich hatten Insassen protestiert - aus Mangel an Lebensmitteln und Trinkwasser. Ein Video, das von lokalen Medien online gestellt wurde, zeigt, wie Dutzende Gefängnisinsassen in Häftlingskleidung und mit ihren Habseligkeiten unter dem Arm aus dem Gefängnis heraus marschieren.

Lokalen Medien im Sudan gelang es, mit zwei der geflohenen Gefangenen zu sprechen. Ob Ex-Präsident Baschir ebenfalls entkommen konnte und wohin, das konnten sie jedoch nicht bestätigen.

Laut verschiedener Quellen wurde Baschir angeblich von Militärs der Sudanesischen Armee (SAF) von General Abdel Fattah al-Burhan weggebracht. Eine anonyme Quelle innerhalb der sudanesischen Polizei bestätigte dies der Zeitung "Sudan Post": "Die Polizei hat die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit des ehemaligen Präsidenten Omar al-Baschir und der Mitglieder seines Regimes zu gewährleisten, die an einen sicheren Ort gebracht wurden. Dieser Schritt soll auch verhindern, dass sie aus dem Gefängnis fliehen", sagte die Polizeiquelle.

Die Gerüchteküche brodelt

Sofort verbreiteten sich afrikaweit Gerüchte, wohin Baschir gebracht worden oder geflohen sein könnte. Immerhin hängt dem Ex-Präsidenten nach wie vor ein internationaler Haftbefehl an. Er ist weltweit einer der meistgesuchten mutmaßlichen Menschenrechtsverbrecher. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte 2009 und 2010 gleich zwei Haftbefehle gegen ihn erlassen: wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Baschir hatte als Präsident in den Jahren zwischen 2003 und 2008 Truppen seiner Spezialeinheiten (RSF) unter General Mohammed Hamdan Daglo alias Hemedti in die Bürgerkriegsregion Darfur entsandt, wo diese mutmaßlich grausame Menschenrechtsverbrechen begingen. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden im Darfur-Konflikt, der 2003 in der riesigen westlichen Region ausbrach, 300.000 Menschen getötet und 2,5 Millionen vertrieben.

Durch ihre Rolle im Darfur-Konflikt sind die RSF-Truppen unter Hemedti damals innerhalb des gewaltigen Sicherheitsapparates des Sudan mächtig geworden. Hdmedti, der selbst aus Darfur stammt, wurde zum entscheidenden Handlanger Baschirs, der für den Diktator die Drecksarbeit erledigte. Durch den Putsch 2019 wurde der RSF-Chef letztlich zu einem der einflussreichsten Akteure des Landes. Klar ist: Sollte Baschir je in Den Haag angeklagt werden, steht auch Hemedti mit auf der Liste der Schuldigen. Sudans Medien spekulieren deswegen, dass die RSF-Truppen von Hemedti, die im Sudan gegen die Armee von General al-Burhan kämpfen, das Zentralgefängnis gestürmt haben, um Baschir in ihre Gewalt zu bekommen.

Afrikas Gerüchteküche brodelt nun: Wo steckt Baschir? Regionale Analysten diskutieren verschiedene Szenarien. Einige vermuten, dass er außer Landes gebracht worden sei. Er könne nach Juba ausgeflogen sein, der Hauptstadt Südsudans, das sich 2011 nach Jahrzehnten des Krieges durch ein Referendum von Sudan trennte. Als Präsident des Sudan war Baschir damals ein wichtiger Akteur bei der Aushandlung eines Friedensvertrags zwischen den Konfliktparteien. Er hat deswegen bis heute in Juba Freunde.

Uganda würde Baschir aufnehmen

Auch Uganda könnte ein mögliches Zielland für Baschir sein. Während des Unabhängigkeitskampfes der Südsudanesen war Ugandas Präsident Yoweri Museveni ein direkter Gegenspieler Baschirs. Im Zuge des Friedensprozesses wurden die beiden Staatschefs jedoch Gefährten. Als Baschir 2016 zu einem Staatsbesuch in Uganda war, forderte der Internationale Strafgerichtshof Museveni auf, Baschir festzunehmen und nach Den Haag auszuliefern - vergeblich.

"Präsident Omar al-Baschir war mit ein Garant für das Friedensabkommen im Südsudan, er hat eine sehr wichtige Rolle gespielt", erklärte Ugandas Staatsminister für internationale Beziehungen Henry Oryem 2019, als Baschir festgenommen wurde. Er betonte, dass Uganda dafür Baschir nach wie vor sehr "dankbar" sei und unterstrich: "Sein Asyl in Uganda ist etwas, das wir in Betracht ziehen können." Bereits damals, so bestätigen es Quellen in Uganda, sei ein Teil von Baschirs Vermögen nach Uganda ausgeflogen worden. Falls er jemals aus Sudan flüchten würde, könne er sich damit in Uganda ein neues Leben aufbauen. Diese Option steht ihm offenbar auch heute noch offen.

Quelle: ntv.de

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