Politik

Dritter Tag im NSU-Prozess Zschäpe-Anwalt will Lachen verbieten

3bob0639.jpg4392528132914516884.jpg

Immer wieder Anträge und Streit ums Rederecht: An einem turbulenten dritten Tag im NSU-Prozess fordert ein Verteidiger ein Lachverbot, ein anderer verlässt wütend den Saal. Der Antrags-Marathon geht weiter - sogar die Einstellung des Verfahrens wird verlangt.

Der Kleinkrieg der Zschäpe-Anwälte geht weiter - der dritte Tag des NSU-Prozesses bringt teils hitzige Wortgefechte, Lacher und einige absurde Anträge. Ergebnis: Der Prozess vor dem Oberlandesgericht München ist auch am dritten Verhandlungstag nur im Schneckentempo vorangekommen. Wie schon in den ersten Tagen versuchen die Verteidiger von Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben, das Gericht mit möglichst vielen Anträgen aus dem Takt zu bringen. So forderten sie mit unterschiedlichen Begründungen, das Verfahren auszusetzen. Eine vom Gericht vorgeschlagene Abtrennung des Kölner NSU-Bombenanschlags stieß unterdessen auf breite Ablehnung.

Die Versuche der Verteidigung, das Verfahren zu verzögern, muten mitunter bizarr an. Wohllebens Verteidigerin Nicole Schneiders stellte einen Antrag, der juristisch nicht ernst gemeint sein konnte. Schneiders fordert, das Verfahren gegen ihren Mandanten einzustellen. Grund sei Wohllebens "mediale Vorverurteilung". Außerdem sei zu befürchten, dass sich die Politik in das Verfahren einmischen werde. Es handele sich um ein "nicht behebbares Verfahrenshindernis".

Bei der Wahl ihrer Beispiele für die angebliche Vorverurteilung schlitterte Schneiders hart am Rande einer Verhöhnung der Opfer und ihrer Angehörigen entlang: Sie kritisierte die zentrale Trauerfeier für die NSU-Opfer ebenso wie die Entschädigung, die die Bundesregierung an die Angehörigen gezahlt hatte. Die Ombudsfrau für die Angehörigen der Opfer, Barbara John, habe von "rassistischen Verbrechen" gesprochen, ohne einen Schuldspruch abzuwarten.

Verteidigerin fordert Einstellung des Verfahrens

Die Zschäpe-Rechtsanwälte Wolfgang Stahl (v. l. n. r.), Wolfgang Heer und Anja Sturm.

Die Zschäpe-Rechtsanwälte Wolfgang Stahl (v. l. n. r.), Wolfgang Heer und Anja Sturm.

(Foto: picture alliance / dpa)

Rechtsanwalt Wolfgang Heer forderte, den gesamten Prozess auszusetzen oder alternativ für drei Wochen zu unterbrechen, damit die Verteidigung Einblick in ihr bislang nicht vorliegende Akten der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum NSU nehmen könne. "Frau Zschäpe ist derzeit nicht in der Lage, ihre Verteidigung angemessen führen zu können", meinte Heer.

Zwischendurch verhinderten Zschäpes Verteidiger Stellungnahmen zu Schneiders' Antrag, indem sie wieder einen Kleinkrieg mit dem Vorsitzenden Richter starteten.  Als andere Beteiligte ein Lachen nicht unterdrücken können, beantragt Heer, diese "zur Sachlichkeit anzuregen". Es folgen Debatten, wer wann reden darf. Weiteres Lachen. Irgendwann steht Zschäpe-Anwalt Wolfgang Stahl auf und verlässt den Saal. Es sind Nadelstiche, möglicherweise in der Hoffnung, dass der als cholerisch geltende Vorsitzende Götzl irgendwann die Nerven verliert - und irgendetwas tut oder sagt, das wiederum als Grund für einen Befangenheitsantrag dienen könnte.

Noch keine Entscheidung zu Verfahren um Nagelbombenanschlag

Zschäpe verfolgt das prozessuale Gezerre schweigsam. Immer wieder nestelt sie an ihrem Armband. Ralf Wohlleben wirkt konzentriert, André E. gewohnt selbstbewusst. Auf der hinteren Anklagebank sieht es völlig anders aus. Dort sitzen Holger G. und Carsten S. - von ihren jeweiligen Anwälten fast schützend in die Mitte genommen, zusammengesunken auf ihren Stühlen. Vor Beginn der Verhandlung verdecken sie ihr Gesicht. Beide haben in den Ermittlungen ausgesagt, beide sind in Zeugenschutzprogrammen. Auf ihre Aussagen stützt sich im Wesentlichen die Anklage.

Angesichts des komplexen Verfahrens beriet das Gericht darüber, ob einer der beiden Bombenanschläge der Gruppe in ein gesondertes Verfahren ausgelagert werden soll. Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten in der vorwiegend von türkischstämmigen Migranten bewohnten Kölner Keupstraße 2004 eine Nagelbombe vor einem Friseursalon gezündet, dabei gab es viele Verletzte. Der Anschlag könnte abgetrennt werden, hatte Götzl am Dienstag vorgeschlagen. Bundesanwaltschaft, Verteidiger und Nebenkläger lehnten den Vorschlag aber ab. Eine Entscheidung fiel zunächst nicht. Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen