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Der zweifelhafte Panzer-Deal Deutschland verliert seine Glaubwürdigkeit

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Der Leopard 2 A6 ist ein Exportschlager.

(Foto: dapd)

Deutschlands außenpolitische Präsenz verleitet mitunter zu der Überzeugung, die Bundesrepublik wäre ein Vorreiter in punkto Menschenrechten. Selbst der gutgläubigste Wähler dürfte angesichts des Panzer-Deals mit den Saudis nun ins Grübeln kommen. Zumindest sollte er das.

Deutschland steht kurz davor, seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Bundesdeutsche Politiker sind stets in erster Reihe derer, die Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern verurteilen und demokratische Bewegungen unterstützen. Das ist richtig, das ist gut so und erklärter Inhalt unserer Politik. Doch wie sieht es hierzulande mit der Moral aus, wenn sie fetten Milliarden-Geschäften der Wirtschaft im Wege steht?

Alle Politiker aus Union und FDP, die über das mit Saudi-Arabien Bescheid wissen, schweigen eisern. An erster Stelle unsere christliche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auch hier wieder versucht, sich mit sattsam bekanntem Aussitzen über die heikle Lage zu retten.

Der liberale Außenminister Guido Westerwelle sagt natürlich auch nichts, will aber offenbar die seit Tagen in allen Medien und bei der Opposition hochschlagenden Wellen glätten - und lässt sich zu der schwammigen Formulierung hinreißen, wir sollen alle davon ausgehen, "dass die Beratungen sehr verantwortungsvoll geführt werden. Dass alle Gesichtspunkte berücksichtigt werden - ausdrücklich natürlich auch zivile Fragen und nicht nur wirtschaftliche." Man könnte lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre! Westerwelle sagt nicht einmal, welche "Beratungen" er meint - die Worte Kampfpanzer Leopard und Saudi-Arabien nimmt er nicht in den Mund. Was man nicht laut ausspricht ist nicht existent? Das erinnert irgendwie an Pippi Langstrumpf.

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Deutschland ist einer der größten Waffenexporteure weltweit.

(Foto: dpa)

Wie glaubwürdig steht unser Land da, das den "arabischen Frühling” begeistert begrüßt hat? Einen kleinen Vorgeschmack einer gewissen Doppelmoral gab ja schon Westerwelle im UN-Sicherheitsrat, als er namens Deutschland abwinkte, als ein Einsatz zur Unterstützung der libyschen Opposition konkret wurde.

Saudi-Arabien als Stützpfeiler?

Nun wird das geplante Waffengeschäft mit Saudi-Arabien - das ja offenbar längst alle notwendigen Unterschriften hat - damit begründet, Deutschland müsse Saudi-Arabien als "letzten und wichtigsten Stützpfeiler" in der Nahost-Region unterstützen. Wofür ist das dortige Regime ein "Stützpfeiler"? Für westliche Werte? Für Menschenrechte? Oder dafür, kleinere und schwächere Nachbarn in Schach zu halten wie im Falle Bahreins? 44 Panzer von geplanten 200 sollen schon verkauft sein - und es liegt auf der Hand, dass im Falle eines Falles sie gegen Menschen rollen dürften, denn niemand wird ja wohl so blauäugig sein und glauben, die Kampfmaschinen, die irgendwo den Stempel Krauss-Maffei oder Rheinmetall tragen, blieben deshalb im Depot?

Parlamentarier fordern von der Bundesregierung zu Recht Aufklärung, denn ein derartiges Waffengeschäft hat außen- und menschenrechtspolitische Konsequenzen. Auch Unionsabgeordnete wie der Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann können sich nicht vorstellen, dass eines Tages deutsche Fabrikate bei der Niederschlagung von Protesten helfen. Andere Politiker wie FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle haben da nicht so viele Bauchschmerzen; für Brüderle ist der Waffen-Deal "Entscheidung der Bundesregierung, nicht des Parlaments". Eine derartige verantwortungslose Haltung öffnet dem Missbrauch Tür und Tor.

Es bleibt zu hoffen, dass die Bundestagsabgeordneten, die gewillt sind, ihre Verantwortung auch wahrzunehmen, in der Mehrzahl sind. Querbeet durch alle Parteien.

Quelle: ntv.de

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