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Zwischenruf Sigmar, der Bademeister

Rettungsringe oder Wettschwimmen? SPD-Chef Gabriel hat der Koalition seine Hilfe angeboten und steht damit im Gegensatz zu Fraktionschef Steinmeier, der Neuwahlen fordert.

Sigmar Gabriel bietet der Regierung Unterstützung an.

Sigmar Gabriel bietet der Regierung Unterstützung an.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Es ist nicht das erste Mal, dass der SPD-Vorsitzende Rettungsringe wirft. Schon auf dem Arbeitgebertag im November vergangenen Jahres hatte Sigmar Gabriel der Wirtschaft einen Pakt der Vernunft angeboten, der durchaus vernünftige Vorschläge enthielt. Für die Wirtschaft hätte dies bedeutet, den Absturz in immer tiefere Krisentäler abzufedern. Die Bundesregierung wäre ganz sicher nicht in eine Existenz bedrohende Krise abgerutscht. Doch weder griffen Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Koalition den Vorschlag auf noch unternahmen die Sozialdemokraten Schritte, die Initiative mit Inhalt zu erfüllen.

Nun bietet Gabriel dem vom Untergang bedrohten Regierungsbündnis abermals einen "Pakt der Vernunft" an, der auch noch genauso heißt wie der vom November. Der war wenigstens vor einem Auditorium gemacht, in dem die potenziellen Protagonisten allesamt anwesend waren. Diesmal wählt der SPD-Chef das "Handelsblatt" als Transmissionsriemen. Das hat keinen Stil. Dem Zentralorgan der deutschen Wirtschaft war der Vorschlag nicht einmal eine Ankündigung auf der ersten Seite wert. Das richtige Forum wäre der Deutsche Bundestag gewesen. Doch da hat Gabriel bei seiner jüngsten Rede gerade einmal eine Spaßavance an die Union gerichtet, sich von Guido Westerwelles Freien Demokraten zu trennen.

Rettungsringe oder Wettschwimmen?

Was auch immer diesem Interview an konkreten Vorschlägen folgt, es steht im Gegensatz zum sozialdemokratischen Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Der hatte das Reizwort Neuwahlen ausgesprochen, von dem beim Parteivorsitzenden jetzt nicht mehr die Rede ist. Was also? Rettungsringe oder Wettschwimmen?

Die SPD hätte in der gegenwärtigen Krise die Gelegenheit, sich als soziale Kraft zu profilieren, so wie es Gabriel auf dem Dresdner Parteitag angekündigt hatte. Dann könnte sie auch die vielbeschworene Wende herbeiführen. Doch der einzige, seither gelungene Coup ist die Aufstellung von Joachim Gauck als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, mit dem sie das Regierungslager gespalten hat. Fällt deren Bewerber Christian Wulff durch, wäre die Koalition am Ende. Neuwahlen - wie von Steinmeier angedacht - könnten Klärung bringen. Diese Option ist durch Gabriels Vorprellen weitgehend obsolet geworden. Herumeiern ist keine Strategie. Zumal auch Eier nicht schwimmen können.

Politiker schwimmen sich frei

Als Gabriel den Vorschlag des SPD-Landeschefs von Niedersachen, Olaf Lies, abschmetterte, Margot Käßmann für die Nachfolge von Horst Köhler aufzustellen, sagte er, neugewählte Parteivorsitzende machten manchmal vorschnelle Vorschläge. Da war Lies gerade einmal ein paar Tage im Amt. Gabriel wurde vor sieben Monaten gekürt. Inzwischen sollte er sich freigeschwommen haben.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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