Mecklenburg-Vorpommern Ex-Staatskanzleichef im Nord Stream-Untersuchungsausschuss
19.09.2025, 17:31 Uhr
Reinhard Meyer war Staatskanzleichef, Finanz- und Wirtschaftsminister. Ende 2024 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück. Jetzt kehrte er als Zeuge im Nord Stream-Untersuchungsausschuss zurück.
Schwerin (dpa/mv) - Kaum einer hat so lange an wichtigen Schalthebeln der Politik in Mecklenburg-Vorpommern gesessen wie Reinhard Meyer (SPD). Er leitete die Staatskanzlei unter drei Regierungschefs, war Finanz- und zuletzt bis Dezember 2024 Wirtschaftsminister. Dann zog er sich aus gesundheitlichen Gründen zurück. Jetzt haben ihn die Landtagsabgeordneten im Untersuchungsausschuss zu Nord Stream 2 und der Klimaschutzstiftung MV befragt.
Übereinstimmend berichteten Vertreter von Regierungslager und Opposition im Anschluss, dass nach Meyers Aussage die 2021 gegründete Klimaschutzstiftung von Anfang an auch die Aufgabe haben sollte, die Pipeline für russisches Erdgas unter den Sanktionsdrohungen der USA gegen beteiligte Unternehmen fertig zu bauen.
Was war das Hauptziel?
Der Obmann der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Thomas Krüger, erklärte, Meyer habe bestätigt, dass die Stiftung zwei Kernziele verfolgte - die Fertigstellung der Pipeline und den Klimaschutz. Beides sei in der vom Landtag beschlossenen Satzung angelegt gewesen. "Damit war allen Abgeordneten im Landtag und jedem, der die von Anfang an öffentlich zugänglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hat, klar, wie weit die Aufgaben der Stiftung im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehen würden", meinte Krüger.
Das sehen Vertreter der Opposition anders. Der Obmann der CDU im Untersuchungsausschuss, Sebastian Ehlers, erklärte: "Reinhard Meyer hat offen eingeräumt, dass es bei den ersten Gesprächen zur Stiftungsgründung nie um Klimaschutz, sondern einzig um Nord Stream 2 ging. Genau dieses Versteckspiel, das später unter dem Etikett "Klimaschutzstiftung" betrieben wurde, hat er heute selbst kritisiert und betont, dass er sich eine solche Konstruktion nicht gewünscht hätte. Intern habe er Offenheit und Transparenz angemahnt."
Opposition: Nord Stream 2 stand im Vordergrund
Der Obmann der Grünen, Hannes Damm, berichtete Ähnliches. Demnach erklärte Meyer, dass Anlass der Stiftungsgründung die Einrichtung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Fertigstellung von Nord Stream 2 gewesen sei. Klimaschutz habe dabei zunächst keine Rolle gespielt und sei erst kurz vor der Beschlussfassung im Landtag in den Vordergrund gestellt worden. Er selbst habe dieses „Versteckspiel“ abgelehnt, sich mit seiner Meinung im Kabinett aber nicht durchsetzen können, habe Meyer gesagt.
Damm erklärte: "Ich zolle Herrn Meyer Respekt für seine offene Aussage. Die Landesregierung behauptet bis heute, der Klimaschutz sei Hauptaufgabe der Stiftung gewesen."
Das bedeute, dass die Mitglieder des Landtags den Beschluss zur Stiftungsgründung unter falschen Voraussetzungen getroffen hätten, sie seien nicht ehrlich über Anlass und Zweck der Stiftungsgründung informiert worden.
SPD: Umfang des Geschäftsbetriebs war allen klar
Dem widersprach SPD-Mann Krüger. Allen Abgeordneten im Landtag sei klar gewesen, wie weit die Aufgaben der Stiftung im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehen würden, betonte er. "Dies bestätigt auch der Blick ins Protokoll der Landtagsdebatte zur Errichtung der Stiftung vom 7. Januar 2021." Der CDU-Abgeordnete Dietmar Eifler habe gesagt: "Aus diesem Grund befürwortet meine Fraktion unverändert den Bau der Pipeline, ebenso jetzt die Errichtung der Stiftung, die neben dem Klimaschutz auch den Bau der Pipeline absichern soll."
Wer schrieb die Satzung der Klimaschutzstiftung?
Nach Meyer wurde ein führender Mitarbeiter der Nord Stream 2 AG als Zeuge vernommen. "Der Zeuge war bei nahezu allen Gesprächen zwischen Vertretern der Nord Stream 2 AG und der Landesregierung beteiligt, insbesondere als es um die Gründung der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV ging", berichtete CDU-Obmann Ehlers. Der Zeuge habe "in aller Klarheit" bestätigt, dass der erste Entwurf der Stiftungssatzung nicht aus der Feder der Landesregierung gestammt habe, sondern von einer Großkanzlei. Die Kontakte habe der Zeuge selbst hergestellt und er habe auch den Entwurf direkt an die Landesregierung weitergeleitet.
Grünen-Obmann Damm unterstellte Pegel in dem Zusammenhang, die Unwahrheit gesagt zu haben. "Er hatte stets behauptet, die Satzung selbst verfasst zu haben", so Damm. "Das Motiv für diese Falschbehauptung liegt auf der Hand: Die Landesregierung wollte den massiven Einfluss des russischen Staatskonzerns auf ihre Entscheidungen verschleiern."
Der Austausch der Unterlagen sei dem Zeugen zufolge mit dem heutigen Innenminister Christian Pegel (SPD) per E-Mail erfolgt, berichtete Ehlers. "Dass Pegel später sämtliche Mails gelöscht hat und dies mit Sorge um knappen Speicherplatz begründete, erscheint angesichts dessen noch mal in einem völlig neuen Licht. Die Wahrheit ist: Es wurde Beweismaterial vernichtet."
Nach Ansicht des AfD-Abgeordneten Michael Meister häufen sich die Affären um Pegel. Er erinnerte an die ungewöhnlich schnelle Beförderung eines leitenden Polizeibeamten und an die Durchsuchung im Ministerium wegen nicht eingetriebener Rechnungen für Corona-Masken.
Quelle: dpa