Sachsen-AnhaltKleiderflut in Sachsen-Anhalt – wohin mit alten Klamotten?

Von Müllbergen bis hin zu echten Schätzen: Wie Magdeburger Second-Hand-Läden und Kleidercontainer mit abgelegten Klamotten kämpfen – und was jede Spende bewirken kann.
Magdeburg (dpa/sa) - Wohin mit der Kleidung, die nicht mehr gebraucht wird? In Sachsen-Anhalt gibt es für abgelegte Klamotten zahlreiche Angebote - von Kleidercontainern über Second-Hand-Läden bis hin zu Kleiderkammern und Flohmärkten. Im Magdeburger Charity-Shop "Zweimalschön" etwa zeigt sich, wie wichtig Second-Hand sein kann.
Der Laden gehört zur Deutschen Kleiderstiftung, die es seit 70 Jahren gibt, berichtet Filialleiterin Sibylle Eikel. Als klar wurde, wie viel hochwertige Kleidung in Spenden landet, entschied die Stiftung vor rund 15 Jahren, Second-Hand-Läden zu eröffnen. In Sachsen-Anhalt gibt es mittlerweile zwei "Zweimalschön" -Filialen, eine in Halle und eine in Magdeburg. Der Grundgedanke: Spenden annehmen, hochwertige Stücke weiterverkaufen, den Rest für Hilfsprojekte einsetzen. Der Erlös fließt in Kinderheime, Hilfstransporte nach Osteuropa, Katastrophenhilfen und andere soziale Projekte.
Wie funktioniert das System?
Täglich landen in der Magdeburger Filiale 10 bis 15 Säcke voller Kleidung, sagt die Filialleiterin. Fast 40 Ehrenamtliche unterstützen Eikel dabei, aus den Säcken wahre Schätze herauszufischen. Doch nur ein Bruchteil schafft es in den Verkauf: "Von 15 Säcken sind vielleicht zwei für den Laden geeignet." Der Grund: Die Qualität der Kleider sinkt seit Jahren – eine Folge der Fast-Fashion-Industrie, die den Markt mit billiger, aber kurzlebiger Ware überschwemmt.
Auch die Kleiderläden des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Sachsen-Anhalt, wie der kürzlich in Halle eröffnete "rot couture", setzen auf Nachhaltigkeit. Sie funktionieren laut Sprecherin Antje Wimmler ähnlich wie Second-Hand-Läden, sind aber gemeinnützig. Dort können getragene Kleider abgegeben werden. Und jeder kann - unabhängig von seinem Einkommen - dort einkaufen.
Zudem stehen Kleiderkammern und Container des Verbandes zur Verfügung. "Jede tragfähige Kleiderspende unterstützt hilfsbedürftige Menschen und sichert unsere sozialen Angebote vor Ort", betont Wimmler. An allen Standorten des DRK in Sachsen-Anhalt kommen jedes Jahr schätzungsweise mehrere Tonnen an gebrauchten Klamotten zusammen. Zunehmend seien Abnehmer wie Verwertungsgesellschaften aber von Insolvenz bedroht, erklärt Wimmler. Daher werde es für gemeinnützige Organisationen wie das DRK immer schwerer, unbrauchbare Alttextilien abzugeben.
Kleiderkammern und Container nutzen
Wer in Sachsen-Anhalt getragene Kleidung abgeben möchte, kann auch die Standorte des Malteser Hilfsdienstes nutzen. Hosen, Röcke und Co. können in Kleiderkammern gebracht oder in Container geworfen werden. Diese sollten aber unbeschädigt und sauber sein, hieß es. Bislang wurden in diesem Jahr in den Containern des Malteser Hilfsdienstes in Sachsen-Anhalt rund 324 Tonnen Altkleider gesammelt. Stark gestiegen sei der Anteil an Müll. Dadurch werde Kleidung, die an bedürftige Menschen abgegeben werden könnte, oft nicht mehr nutzbar. "Der Anteil nicht mehr verwertbarer Kleidung liegt zwischen 10 und 20 Prozent", so Sprecherin Mandy Börner-Hannemann.
Pakete verschicken oder Flohmärkte besuchen
Die Deutsche Kleiderstiftung bietet eine weitere Alternative: Verbraucher können bundesweit ein Spendenpaket an das Zentrallager in Helmstedt schicken. "Das ist auch für Leute auf dem Dorf eine schöne Möglichkeit, die keine Anlaufstelle in der Nähe haben", erklärt Sibylle Eikel in Magdeburg. Die gesammelten Textilien werden laut Markus Böck von der Deutschen Kleiderstiftung nach Helmstedt gebracht und dort sortiert. Je nach Eignung kämen sie in einen Projektort der Deutschen Kleiderstiftung oder werden in einem Charity-Shop zur Finanzierung der Hilfstransporte verkauft.
Thomas Szymkowiak vom Projektzentrum Dresden organisiert Events wie den Nachtflohmarkt in Magdeburg. Dieser findet mehrmals im Jahr an der Magdeburger Messe statt, jeder kann dort seine Second-Hand-Stücke verkaufen. Mittlerweile werden die Nachtflohmärkte bundesweit veranstaltet. Im Durchschnitt kommen den Angaben zufolge 3.000 bis 4.000 Besucher zum Markt in Magdeburg - in die drei Messehallen passen rund 250 Stände.
Gebrauchte Kleidung bei Online-Anbietern verkaufen
Allein beim Online-Anbieter Kleinanzeigen gab es in den vergangenen zwölf Monaten in Sachsen-Anhalt mehr als eine Million Anzeigen für Second-Hand-Kleidung, wie Sprecherin Fiona Kleinert mitteilte. Berücksichtigt wurden Damen- und Herrenmode, Schuhe sowie Baby- und Kinderkleidung. Setze man diese Zahl ins Verhältnis zur Anzahl der aktiven Verkäufer in den Mode-Kategorien, belegt das Bundesland im bundesweiten Vergleich Platz vier, davor Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern.
Beschädigte Kleidung gehört in die schwarze Tonne, betont Sybille Eikel von dem Magdeburger "Zweimalschön". "Container sind keine Mülleimer". Der Berg an Kleidung wachse jedes Jahr gewaltig. Doch jeder könne laut Eikel helfen, diesen Berg zu verkleinern. Durch bewusstes Spenden, nachhaltiges Einkaufen und das Wissen, wohin welche Kleidung gehört.