SachsenProblembär: Auch in Sachsen gibt es immer mehr Waschbären

Knapp 27.000 Waschbären wurden im aktuellen Jagdjahr in Sachsen erlegt. Die Tiere bereiten sich stark aus - mit Folgen für die heimische Natur.
Leipzig/Dresden (dpa/sn) - Für manche sind es possierliche Tiere, für einige aber wahre Plagegeister: Waschbären breiten sich auch in Sachsen rasant aus. Selbst wenn es keine genauen Zahlen gibt, sprechen die Jagdstrecken eine deutliche Sprache. Im Jagdjahr 1992/1993 (1. April bis 31. März des Folgejahres) wurden erstmals Waschbären in den sächsischen Wäldern geschossen - drei Exemplare. Zehn Jahre später waren es 80, im Jagdjahr 2024/2025 bereits knapp 27.000, wie der Landesjagdverband mitteilte.
Wo kommen die Waschbären her?
Der Waschbär stammt aus Nordamerika und ist in Europa eine invasive Tierart, er gehört nicht in hiesige Breiten. Im 20. Jahrhundert wurden Waschbären für die Pelzherstellung nach Europa importiert. Durch Auswilderung und Flucht aus Farmen gelangten sie in die Natur. 1934 war das etwa in Hessen der Fall, 1945 entwichen Tiere aus einer Farm bei Berlin. Das Problem ist also von Menschen gemacht. Waschbären seien keine dämonischen Tiere, sagt René Sievert, Vize-Chef des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) in Sachsen. Für seine negativen Auswirkungen trage allein der Mensch Verantwortung.
"Menschlicher Frevel am Tierwohl und an der heimischen Fauna ist der eine Grund für die heutige Situation und die negativen Folgen für das Ökosystem", betont Sievert. Zwei weitere kämen hinzu: der schlechte Zustand der heimischen Natur und menschliche Nachlässigkeit. Ein intaktes, widerstandsfähiges Ökosystem könne robuster auf invasive Arten reagieren. Zudem werde Waschbären Zugang zu Futterquellen wie Lebensmittelabfällen oder Tierfutter zu leicht gemacht. Mitunter würden sie aus falsch verstandener Tierliebe sogar gefüttert. In Siedlungen fänden sie ideale Lebensbedingungen.
Was zeichnet Waschbären aus?
Der Waschbär gilt als sehr anpassungsfähiger, geschickter und intelligenter Allesfresser. Deshalb kann er sich nahezu jede Nahrungsquelle zugänglich machen. "Die Tiere sind erfinderisch, kooperieren im Familienverband, sind geduldig und lernfähig. Deshalb können sie zu simple Hindernisse oft leicht überwinden", berichtet Sievert. Sein Verband sei deshalb gezwungen, Vogelnistkästen "waschbärensicher" zu konstruieren und aufzuhängen. Das gelte auch für andere Naturschutzmaßnahmen. Einige Artenschutzprojekte seien wegen der Waschbären nur noch schwer umzusetzen.
Welche Schäden richten Waschbären an?
Der Waschbär plündere zur Brutzeit Vogelnester, fresse wandernde Amphibien zur Laichzeit, besetze Höhlen, die für heimische Arten wie den Waldkauz dann nicht mehr verfügbar seien, listet der Naturschutzbund auf. Auch Quartiere von Fledermäusen, Eichhörnchen und vielen anderen Tieren seien für den Waschbären mögliche Nahrungsquellen. Lokal könne seine Anwesenheit zum Zusammenbruch von Vogel- und Amphibienpopulationen führen, die oft zuvor mit mühsamen Naturschutzmaßnahmen gestützt worden seien.
Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie nennt Probleme für Hausbesitzer und Landwirte - vor allem, wenn Agrarbetriebe Sonderkulturen wie Obst oder Wein anbauen. "Hier können wirtschaftliche Schäden entstehen, da die Tiere die Früchte fressen und Pflanzen beschädigen." Die Kleinbären würden auf der Suche nach Schlaf- und Wurfplätzen in Häuser eindringen. "Sie suchen nach nicht verschlossenen Dachluken oder Lücken im Dachbelag. Diese vergrößern sie mit ihren Vorderpfoten so lange, bis sie sich als Einstieg eignen." So könne Wasser in das Gebäude eindringen und Folgeschäden verursachen.
Wie kann man gegen Waschbären vorgehen?
Waschbären unterliegen dem Jagdrecht und werden gejagt. Die Tiere dürfen aber nur von Menschen getötet werden, die dafür die notwendige Sachkunde besitzen, wie das Landesamt klarstellt. Es verweist auf Tierärzte und Jäger. Nach Angaben des Nabu kommt es gelegentlich vor, dass Jungtiere und andere in hilfsbedürftigem Zustand gefunden werden. Die EU-Richtlinie zum Umgang mit invasiven Arten verbiete aber, Waschbären aufzunehmen, zu halten, zu transportieren, zu vermehren oder auszusetzen. Prinzipiell geht der Nabu nicht davon aus, dass man Waschbären in der Natur ausrotten kann.
Welcher Schutz ist an Gebäuden möglich?
Laut Landesamt ist es wichtig, potenzielle Einstiegsluken in ein Haus zu verschließen. Die Vertreibung der Tiere durch Lärm, Licht und Vergrämung durch Menschenhaar und WC-Steine führe in der Regel nicht zum Erfolg. Speisereste sollten nicht auf den Kompost gelangen, heißt es. Mülltonnen verschließen und mit Spanngummis versehen, Katzen- und Hundefutter nicht im Freien stehen lassen - so lauten weitere Ratschläge. Da Waschbären gute Kletterer sind, sollten Fallrohre der Dachrinnen mit Blechen verblendet und Katzenklappen und Dachluken nachts fest verschlossen werden.