ThüringenGericht: Razzia bei GdP war rechtswidrig

Eine Razzia bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Thüringen im März galt als hochumstritten. Nun stellt ein Gericht fest: Sie war rechtswidrig. Es ist nicht der erste Rückschlag in dem Verfahren.
Gera (dpa/th) - Eine Durchsuchung bei der Gewerkschaft der Polizei im Zusammenhang mit Vorwürfen des Geheimnisverrats stand massiv in der Kritik, nun stellt ein Gericht fest, dass sie rechtswidrig war. Alle sichergestellten Gegenstände müssen nun auf Weisung des Gerichts wieder herausgegeben werden, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Gegen die Entscheidung könnten keine Rechtsmittel eingelegt werden, so der Sprecher. Konkret geht es um eine Durchsuchung der GdP-Räume im März dieses Jahres.
Damals nahmen die Beamten unter anderem Server der Gewerkschaft mit. Die GdP hatte das Vorgehen auch mit Verweis auf personenbezogene Daten ihrer Mitglieder auf den Servern scharf kritisiert. Es ist nicht der erste Rückschlag dieser Art: In mehreren weiteren ähnlich lautenden Beschlüssen seien im Verlaufe des Novembers weitere Überwachungs- und Durchsuchungsmaßnahmen für rechtswidrig erklärt worden, so der Gerichtssprecher. Zudem hatte die Beschwerdekammer schon im Sommer dieses Jahres die Abhör- und Durchsuchungsmaßnahmen bei einer Polizeibeamtin in diesem Zusammenhang für rechtswidrig befunden.
Rechtliche Voraussetzungen lagen nicht vor
Denn nicht nur in der GdP-Geschäftsstelle hatte es damals Durchsuchungen gegeben, sondern auch bei Polizisten. Nach damaligen Angaben der Staatsanwaltschaft Gera wurde unter anderem zwei Polizeibeamten vorgeworfen, sich Informationen aus laufenden Ermittlungen besorgt und diese einem größeren Personenkreis zur Verfügung gestellt zu haben. Der Verdacht dazu war bei den Ermittlern entstanden, weil sie Telefone überwacht hatten.
Das Landgericht Gera kam nun zu der Auffassung, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Durchsuchung nicht vorlagen. Die im Rahmen der Telefonüberwachung erlangten Zufallserkenntnisse seien zur Begründung eines Verdachts nicht verwertbar, hieß es. Zudem seien sie auch als Spurenansatz für die Durchsuchung nicht verwendbar. Schon die Telefonüberwachung sei nicht zulässig gewesen.
GdP findet Gerichtsbefund "höchst alarmierend"
Die Gewerkschaft der Polizei Thüringen nannte die Entscheidung des Gerichts "höchst alarmierend". "Diese Maßnahme entbehrte jeder tragfähigen rechtlichen Grundlage und hätte niemals stattfinden dürfen", hieß es in einer Mitteilung der GdP. Es habe bereits ein hinreichender Anfangsverdacht gefehlt.
"Die Durchsuchung sowie die Sicherstellung und Spiegelung umfangreicher Datenbestände beruhten nicht auf belastbaren Tatsachen, sondern im Wesentlichen auf Vermutungen." Das gesamte Ermittlungsgerüst sei wie ein Kartenhaus zusammengestürzt. "Der Zugriff auf hochsensible personenbezogene Daten, darunter Informationen aus Rechtsschutzverfahren und Daten im Sinne von Art. 9 DSGVO, stellt einen gravierenden Grundrechtseingriff dar", erklärte die Gewerkschaft.
Maier zeitweise unter Druck
Die Ermittlungen und Durchsuchungen bei Polizisten und in den Räumen der Gewerkschaft hatten harsche Kritik ausgelöst - auch in der Politik. Innenminister Georg Maier (SPD) stand wegen des Vorgehens der internen Ermittler bei der Polizei zeitweise unter politischem und öffentlichem Druck.
Die Linken-Fraktion im Thüringer Landtag wirft dem Innenministerium vor, die Aufklärung der Hintergründe systematisch erschwert zu haben. "Mehrfach wurden unsere Anträge zur Befassung damit im Innenausschuss abgelehnt, Auskünfte verweigert", so Ronald Hande, innenpolitischer Sprecher der Fraktion. Die Vorwürfe seien "implodiert". "In der Rückschau war der Umgang mit uns im Landtag ein massiver Angriff auf die parlamentarische Aufklärung und ist in dieser Form nicht hinnehmbar."
Maier selbst reagierte auf die Gerichtsentscheidung zurückhaltend und lehnte eine Kommentierung ab: Es handle sich um einen "Justiz-internen Vorgang", so der Innenminister. "Das Landgericht hat staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Entscheidungen aufgehoben. Ich respektiere die Entscheidungen der Justiz für oder gegen Durchsuchungsmaßnahmen."