Mecklenburg-VorpommernMV-Regierungschefin letzte Zeugin in Nord-Stream-Ausschuss

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin ist die 91. Zeugin im Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags zum Bau der Erdgasleitung Nord Stream 2 für russisches Erdgas. Was kann sie beisteuern?
Schwerin (dpa/mv) - Als letzte Zeugin im Schweriner Untersuchungsausschusses rund um den Bau der Pipeline Nord Stream 2 für russisches Erdgas soll am Freitag Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig vernommen werden. Die SPD-Politikerin wurde im Juli 2017 Regierungschefin in Schwerin, als ihr Amtsvorgänger und politischer Ziehvater Erwin Sellering (SPD) das Amt wegen einer Krebserkrankung aufgab.
Als Schwesig aus Berlin, wo sie zu der Zeit Bundesfamilienministerin war, in den Nordosten zurückkehrte, lief gerade das Planfeststellungsverfahren für Nord Stream 2 beim Bergamt Stralsund. Es wurde im Januar 2018 abgeschlossen, wie das Sekretariat des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses berichtet.
Die Erdgasleitung sollte auf dem Grund der Ostsee parallel zu der bereits existierenden Nord Stream 1-Pipeline verlegt werden. Durch Nord Stream 1 floss seit 2011 russisches Gas nach Europa. Auf Land traf die Leitung in MV, in Lubmin nahe Greifswald.
Schwesig ließ sich regelmäßig informieren
"Während des laufenden Bauvorhabens wurde die Ministerpräsidentin regelmäßig von Mitarbeitern der Nord Stream 2 AG über den Baufortschritt und über aufgetretene Probleme informiert." Der Pipeline-Bau wurde allerdings vor allem in den USA und in Osteuropa kritisch gesehen. Schließlich drohten die USA mit Sanktionen gegen Unternehmen, die sich am Bau beteiligten.
"Nachdem die Sanktionsdrohungen der USA Anfang August 2020 durch einen Drohbrief von drei US-Senatoren an die Fährhafen Sassnitz GmbH erheblich an öffentlicher Aufmerksamkeit gewannen, kümmerte sich die Ministerpräsidentin um Möglichkeiten, diese Sanktionen für die am Bau von Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen zu umgehen", heißt es weiter aus dem Ausschuss-Sekretariat. "Zu diesem Zweck traf sie sich auch mehrfach mit Matthias Warnig, dem damaligen Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG."
Idee für Stiftung mit Angela Merkel erörtert
Es sei dann die Idee einer vom Land Mecklenburg-Vorpommern initiierten Stiftungsgründung entwickelt worden. Die Klimaschutz-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern sollte durch einen angegliederten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Auftraggeber für die den Bau durchführenden Unternehmen zur Fortsetzung der Bauarbeiten an den Pipelines dienen. "Diese Idee erörterte die Ministerpräsidentin unter anderem mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem seinerzeitigen Bundesfinanzminister Olaf Scholz."
Gegründet wurde die Stiftung dann Anfang 2021 nach einem entsprechenden Beschluss des Schweriner Landtags.
Untersuchungsausschuss seit Mai 2022
Der Untersuchungsausschuss versucht seit dreieinhalb Jahren - er wurde im Mai 2022 eingesetzt - herauszufinden, ob Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung bei alldem möglicherweise von Russland beeinflusst wurde. Bisher wurden 90 Zeuginnen und Zeugen angehört, darunter so prominente Figuren wie die beiden Ex-Kanzler Schröder und Scholz von der SPD. Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde hingegen nicht in den Zeugenstand gerufen.
Die Pipeline wurde Ende 2021 unter dem Schutzschirm der Stiftung fertig, ging aber wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 nicht in Betrieb.
Christian Pegel sagte vor Schwesig aus - neun Stunden lang
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD), der als zentrale Figur der Stiftungsgründung gilt, hat als vorletzter Zeuge ausgesagt. Seine Vernehmung am 28. November dauerte neun Stunden.
Die Stiftung zur Umgehung der US-Sanktionen sei nicht von außen initiiert und vorbereitet worden, versicherte Pegel. Die Idee habe sich im Sommer 2020 in Gesprächen zwischen ihm und dem Nord Stream 2-Vertreter Reinhard Ontyd herauskristallisiert. Wer dabei zuerst das Stichwort Stiftung gesagt habe, sei ihm nicht aber erinnerlich.
Die Satzung sei maßgeblich von ihm selbst erstellt worden, sagte Pegel weiter in seiner Zeugenaussage. Er sei aber offen gewesen für sinnvoll erscheinende Beiträge und Anregungen, die unter anderem von Nord Stream 2 gekommen seien. Zeitpunkte und Umfang erinnere er nicht mehr.
Nord Stream 2-Boss: Idee für Stiftung kam von uns
Nach Darstellung des früheren Geschäftsführers der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, kam der Anstoß zur Stiftungsgründung hingegen vom Unternehmen. Wegen der Sanktionsdrohungen der USA sei nach alternativen Möglichkeiten gesucht worden, die Leitung fertigzustellen, hatte Warnig bei seiner Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss im Januar 2025 gesagt. Dies mit Hilfe einer Umweltstiftung zu tun, die über einen gesonderten wirtschaftlichen Teil verfügt, sei firmenintern im September 2020 erstmals erörtert worden, sagte Warnig.
Am 5. November 2020 habe es dazu dann einen persönlichen Austausch mit der Landesregierung in Schwerin gegeben. "Erst in einem Gespräch mit Herrn Pegel in seinem Büro und dann sind wir gemeinsam in die Staatskanzlei gegangen und haben die Thematik mit der Ministerpräsidentin besprochen", sagte Warnig. Pegel sei als damaliger Energieminister erster Ansprechpartner für die Nord Stream AG gewesen.
Die Nord Stream 2 AG war eine Tochtergesellschaft des russischen Staatskonzerns Gazprom.
Schwesig möchte "viele Dinge klarstellen"
Schwesig, die gerade von einer Corona-Erkrankung genesen ist, teilte am Donnerstag mit: "Ich freue mich, im Ausschuss viele Dinge klarstellen zu können." Es sei um eine bezahlbare Energieversorgung für die Menschen und die Wirtschaft gegangen - wie wichtig das sei, sehe man heute. "Und es war auch völlig klar, was die Aufgaben und Möglichkeiten der Stiftung sein werden. Da ist niemand getäuscht worden. Und wir wurden auch nicht von Russland gesteuert. Wir haben im Interesse unseres Landes gehandelt."