Regionalnachrichten

ThüringenRechnungshof warnt vor Corona-Nachwehen

12.07.2021, 02:20 Uhr

In seinen Jahresberichten prangert der Rechnungshof regelmäßig hohe Ausgaben und Steuerverschwendung an. Aber auch auf die Finanzen nach Corona schauen die Prüfer. Nicht nur die thüringische Landesregierung muss dabei einiges einstecken.

Rudolstadt (dpa/th) - Corona-Nachwehen, mahnende Worte und teils heftiger Gegenwind: Der Thüringer Rechnungshof hat bei der Vorstellung seines Jahresberichts die Landesregierung in die Mangel genommen. Auch wenn 2022 voraussichtlich keine neuen Schulden aufgenommen werden müssten, gebe es in den Folgejahren erhebliche strukturelle Probleme bei den Landesfinanzen, warnten die obersten Finanzprüfer am Montag in Rudolstadt. "Wir sehen nicht, dass die Landesregierung konkrete Vorschläge erarbeitet hat, um diese Probleme zu lösen", sagte der scheidende Rechnungshofpräsident Sebastian Dette, dessen Amtszeit im kommenden Januar nach zwölf Jahren endet.

Im Jahr 2022 habe das Land noch 1,8 Milliarden Euro an Rücklagen, rechnete die Finanzexpertin der Kontrollbehörde, Annette Schuwirth, vor. "Das müsste reichen." Für die Jahre danach sehe es jedoch "mau aus", sollten diese Rücklagen teilweise angetastet werden und die Landesregierung ihr Ausgabeverhalten nicht ändern. Auch das Tilgen von Schulden im gesetzlich festgesetzten Rahmen von acht Jahren sei "eine Riesen-Herausforderung".

Das Finanzministerium hatte zuvor angekündigt, dass der Haushalt 2022 ohne Neuverschuldung auskommen solle. 2020 hatte das Land im Zuge der Corona-Krise rund 1,2 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen. Für 2021 sind 288 Millionen Euro vorgesehen. Für die kommenden Jahre plant die Landesregierung 700 bis 900 Millionen jährlich ein, um die Etats auszugleichen.

"Unsere Kernforderung ist, dass die Kosten runter müssen", sagte Dette. Der Rechnungshof kritisiert unter anderem vergleichsweise hohe Personalausgaben in der Landesverwaltung, mangelnde Digitalisierung dort und ein schlampiges Einplanen von Geldern. Dette wies auch darauf hin, dass die derzeitige Minderheitsregierung und damit verbundene "Paketlösungen" bei Verhandlungen zur Steigerung von Ausgaben beitragen könnten. Damit meinte er, dass einzelne Parteien nur mit Zugeständnissen der Verhandlungspartner, die wiederum mit Kosten verbunden sind, zu einem Kompromiss bereit sein könnten.

Außerdem listet der Rechnungshof in seinem Jahresbericht für 2019 Fälle auf, bei denen aus seiner Sicht leichtfertig mit Geld umgegangen wurde oder Aufträge falsch vergeben wurden. Die Prüfer veröffentlichen die Berichte inklusive der Haushaltsrechnung standardmäßig zwei Jahre nach dem Berichtsjahr. Einige Beispiele:

STADIONUMBAU: Der Umbau des ehemaligen Erfurter Steigerwaldstadions in eine Multifunktionsarena mit rund 30 Millionen Euro aus Bundesmitteln stieß beim Rechnungshof schon 2012 auf Skepsis. Nun sehen sich die Prüfer bestätigt: Gleich mehrere Fördervorgaben seien nicht oder nur unzureichend erfüllt worden. Konsequent wäre, wenn das Thüringer Wirtschaftsministerium, das das Geld weitergegeben hatte, die Summe von der Stadt Erfurt zurückfordere. Letztlich gehe es darum, dass die Verwaltung das, was sie fordert, auch einfordert, sagte Schuwirth. "Sonst macht sie sich ja irgendwo auch lächerlich."

SANIERUNGSSTAU: Auch der Umgang mit dem Gebäude der Thüringer Landesvertretung in Berlin stößt beim Rechnungshof auf Kritik. Das Land hatte das Gebäude knapp 20 Jahre gemietet und 2018 gekauft. In der Zeit sei kein Geld in die Instandhaltung geflossen - nun gebe es einen Baubedarf von fast 17 Millionen Euro. Die Landesregierung plane daher einen Neubau. Der ist jedoch aus Sicht des Hofes zu groß geplant. Außerdem sei mit Kostensprüngen zu rechnen.

STUDIERENDE: Von heftigem Gegenwind berichtete der Rechnungshof anlässlich seiner Prüfungen der verfassten Studierendenschaften. Diese nähmen jährlich rund 650 000 Euro an Pflichtbeiträgen ein. Im Umgang mit dem Geld seien sie jedoch teilweise überfordert und handelten unwirtschaftlich, heißt es. So hätten einzelne Studierendenschaften fünfstellige Beträge im Jahr für Alkohol ausgegeben.

Im Laufe der Prüfungen habe man "in bisher nicht bekannte Weise Kritik erfahren", sagte Prüferin Kirsten Butzke. Teils habe es persönliche Beleidigungen gegeben. Aus Sicht des Rechnungshofes müsse man darüber nachdenken, ob es eine verfasste Studierendenschaft, bei der jeder Student und jede Studentin Pflichtmitglied ist, noch braucht.

© dpa-infocom, dpa:210711-99-341974/5

Regionales