PETA fordert die Abschaffung Allstar Bs Tod stellt Reitsport an den Pranger
03.07.2022, 15:03 Uhr
Allstar B musste eingeschläfert werden.
(Foto: IMAGO/Stefan Lafrentz)
Der Tod des britischen Vielseitigkeitspferdes Allstar B in Aachen setzt die ewige Debatte um Für und Wider der Reiterei wieder in Gang. Die Tierrechts-Organisation PETA fordert nach dem CHIO-Drama von der Bundesregierung unmittelbar gravierende Konsequenzen.
Nach dem Tod des britischen Vielseitigkeitspferdes Allstar B beim CHIO in Aachen am Samstagnachmittag macht sich die Tierrechts-Organisation PETA erneut lautstark und mit drastischen Forderungen für die Abschaffung des Reitsports stark. "Wir fordern die Bundesregierung in einem ersten Schritt auf, die Hochleistungsturniere in sämtlichen Pferdesportdisziplinen zu untersagen", heißt es in einem am Sonntag veröffentlichten Statement.
Immer wieder würden Pferde "bei Vielseitigkeitsturnieren und anderen Disziplinen zu Tode geritten, weil die Reiterinnen und Reiter sie als bloße Sportgeräte ansehen, die ersetzt werden können". Alle Trauerbekundungen der Verantwortlichen für Allstar B seien "nichts als Heuchelei. Empfänden sie wirklich etwas für ihre Pferde, würden sie sie nicht Woche für Woche unter Einsatz schmerzhafter Hilfsmittel über halsbrecherische Parcours zwingen und erheblichen Risiken aussetzen."
Erschütternde Bilder
"Es gibt keine Worte für die Liebe und den Respekt, den ich für Alby empfinde", hatte Reiterin Rosalind Canter in einer Mitteilung des CHIO-Veranstalters gesagt. "Er hat eine große Rolle beim Aufbau meiner Karriere gespielt und wird von vielen vermisst werden." Die 36-Jährige war mit Allstar B unter anderem Doppel-Weltmeisterin 2018 in Tryon geworden. Die Bilder der Tragödie waren schrecklich. Auf drei Beinen stand Allstar B neben dem Hindernis, das linke Vorderbein setzte der Hengst nicht mehr auf. Um ihn herum wuselten zahlreiche Helfer und seine völlig geschockte Reiterin. Ein weißer Sichtschutz wird in aller Eile aufgestellt, das Pferd dann behutsam in einen Transporter geführt und in eine Aachener Tierklinik gebracht. Es sind die letzten Bilder von Allstar B.
"Das Pferd muss eine extreme Drehbewegung gemacht haben", befand der Klinikchef Friedrich Hanbücken gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". Dabei habe es einen offenen Bruch im Krongelenk direkt über dem Huf gegeben. Der Schaden sei irreparabel gewesen, man hätte dem Pferd kein schmerzfreies Leben mehr ermöglichen können. Die Tierärzte rieten zum Einschläfern, die Besitzer folgten dem Rat. Der Unfall sei allerdings nicht typisch für die Vielseitigkeit gewesen, sagte Bundestrainer Peter Thomsen dem Sportinformationsdienst: "Das Pferd ist wohl am Hindernis vorbeigelaufen und hat sich dabei das Bein verdreht." Das könne überall passieren: "Auf der Weide, im freien Galopp, in der Stallgasse, beim Verladen, beim Hobbyreiten."
Dennoch hat der Tod eines der weltbesten Vielseitigkeitspferde die Diskussion um das ewige Für und Wider im Reitsport neu entfacht. Am Hindernis 16 d, einem nur schmalen Buschoxer auf einer kleinen Anhöhe, hatte der Hengst den Weg vorbei gewählt, zum Sprung kam es nicht. "Wenn Menschen oder Tiere sich bewegen, ob schnell oder langsam, kann theoretisch immer etwas passieren", sagte Thomsen: "Es ist natürlich tragisch und sehr traurig, dass das Pferd in diesem Fall nicht zu retten war."
Mehrere heikle Momente in der Soers
Bereits vor dem Zwischenfall hatte es bei der finalen Runde des Geländeritts im großen Reiterstadion der Soers ein paar heikle Momente gegeben. Der Schweizer Felix Vogg kam mit seiner Stute Cartania spektakulär zu Fall, Reiter und Pferd blieben unverletzt. Und am letzten Tiefsprung vor dem Wasser wackelte unter anderem auch Julia Krajewskis olympisches Goldpferd Amande de B'Neville bei der Landung bedenklich. Die Vielseitigkeit habe schon viele Anstrengungen unternommen, um das Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Deformierbare Hindernisse, das sogenannte MIM-System, seien dabei ein großer Schritt gewesen, sagte Thomsen: "Aber einem Unfall wie diesem kann niemand vorbeugen, kein Mensch und kein Tier, weder im Sport noch im Alltag."
Aufregung hatte es am Samstag auch um eine Verletzung von Isabell Werts Pferd Quantaz gegeben. Am Maul ihres zwölfjährigen Hengstes war Blut zu sehen. Dem Regelwerk entsprechend musste Werth ihren Ritt abbrechen und wurde disqualifiziert. Die Ursache war harmlos, aber folgenreich: Quantaz habe sich auf die Zunge gebissen, sagte Werth. "Shit happens. Wenn man nicht alles erlebt hat, war man nicht lange genug dabei. Nun habe ich diese Erfahrung gemacht", meinte die 52-Jährige aus Rheinberg. "Es war das erste Mal und hoffentlich das letzte Mal."
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid