"Praktisch unbrauchbar" Experten stellen Energieausweis infrage
04.11.2023, 14:59 Uhr Artikel anhören
Bei Verkauf oder Neuvermietung einer Immobilie sind die Eigentümer dazu verpflichtet, den Energieausweis vorzulegen.
(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)
Ursprünglich sollten Energieausweise Auskunft über den energetischen Zustand eines Gebäudes geben. Doch angesichts der zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre, ist ihre Aussagekraft stark eingeschränkt. Fachleute regen deshalb eine neue Ausweisart an.
Nach den krisenbedingten Schwankungen im Energieverbrauch stellen Fachleute die Aussagekraft von Energieausweisen für Gebäude infrage. "Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der im Jahr 2023 und den Folgejahren ausgestellten und in den nächsten Jahren gültigen Energieausweise praktisch unbrauchbar sein wird", warnte die Wissenschaftlerin und Energieberaterin Constanze Liepold von der RWTH Aachen im "Spiegel". Energieausweise, die aktuell wie üblich auf Basis der Verbräuche der letzten drei Jahre ausgestellt würden, ließen "keinesfalls Rückschlüsse auf die Verbräuche der kommenden Jahre zu", sagte die Expertin.
Grund dafür sind die diversen Krisen der vergangenen Jahre: Während der Corona-Lockdowns waren die Menschen viel zu Hause und verbrauchten vergleichsweise viel Energie. "Es ist daher davon auszugehen, dass die Energieabrechnungen dieser Jahre keinen auf Nichtpandemiejahre übertragbaren Verbrauch widerspiegeln", erklärten Liepold und ihr RWTH-Kollege Paul Fabianek. "Gleiches gilt in umgekehrter Form für das Jahr 2022."
Bedarfsausweise sind aussagekräftiger
Nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren die Bürger in Deutschland zum Energiesparen aufgerufen, und die Preise stiegen stark. Verbraucherschützer schließen sich der Einschätzung an: "Verbrauchsausweise sind weniger wertvoll als Bedarfsausweise", sagte Christian Handwerk von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im "Spiegel". "Und die Schwächen von Verbrauchsausweisen werden aktuell besonders deutlich."
Bedarfsausweise sind in der Regel teurer und für weniger Bauten verpflichtend. Liepold und Fabianek appellieren an die Politik, die Pflicht für die aussagekräftigeren Bedarfsausweise, bei denen der Energiebedarf eines Hauses detaillierter ermittelt wird, auszuweiten. Alternativ sollten ihrer Einschätzung nach für Verbrauchsausweise längere Betrachtungszeiträume vorgeschrieben werden.
Quelle: ntv.de, jaz/dpa