"Noch zu viel Druck im Kessel" Inflationsrate sinkt im August weniger als erhofft
30.08.2023, 14:03 Uhr Artikel anhören
Mit einem Plus von neun Prozent bleiben Lebensmittel die größten Preistreiber.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Inflation in Deutschland schwächt sich im August erneut ab. Waren und Dienstleistungen kosten durchschnittlich 6,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Allerdings hatten Ökonomen einen geringeren Anstieg erwartet.
Der ersehnte deutliche Rückgang der Inflation in Deutschland ist im August ausgeblieben. Die Verbraucherpreise lagen um durchschnittlich 6,1 Prozent höher als im Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt vorläufig mitteilte. Im Juli hatte die Teuerung bei 6,2 und im Juni bei 6,4 Prozent gelegen. Ökonomen hatten einen deutlicheren Rückgang auf 6,0 Prozent erwartet.
"Weiterhin ist noch zu viel Druck im Inflationskessel", sagte Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Hauck Aufhäuser Lampe. Preistreiber Nummer eins blieben Nahrungsmittel: Sie kosteten 9,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, nach 11 Prozent im Juli. Energie verteuerte sich um 8,3 (Juli: 5,7) Prozent, während für Dienstleistungen 5,1 (Juli: 5,2) Prozent mehr bezahlt werden mussten. Die Teuerungsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, die sogenannte Kerninflation, verharrte bei 5,5 Prozent.
"Der flotte Rückgang bei den Produzenten- und Einfuhrpreisen stimmt aber zuversichtlich, dass der Inflationsschub in den kommenden Monaten weiter abnimmt", sagte Volkswirt Hepperle. Die Importpreise fielen im Juli mit 13,2 Prozent zum Vorjahresmonat so stark wie seit über 36 Jahren nicht mehr. Da die deutsche Wirtschaft viele Vorprodukte und Rohstoffe aus dem Ausland bezieht, kommen sinkende Einfuhrpreise verzögert auch bei der allgemeinen Inflation an.
"Der Inflationsschub von außen nimmt also deutlich ab, was auch für einen weiteren Rückgang der Inflationsrate spricht", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. "Allerdings hat gleichzeitig der interne Preisdruck unter anderem durch den starken Anstieg der Löhne zugenommen, sodass das Inflationsproblem noch lange nicht gelöst ist."
Claus Niegsch von der DZ Bank verweist darauf, dass Verbraucher trotz der erfreulichen Entwicklung "nach wie vor jeden Euro zweimal umdrehen, auch wegen der immer noch stark steigenden Lebensmittelpreise". Das ZEW-Institut erinnert daran, dass die Inflation Handwerkerleistungen, bei Pauschalreisen oder auch bei den Kosten von Pflegeheimen weiter zweistellig sei. Der Kaufkraftschwund sei für die meisten spürbar. "Dieser Zustand führt zu einer anhaltenden Verunsicherung und nährt die Sorge um Wohlstandsverluste. Eine solche Entwicklung spricht dagegen, dass der private Konsum in absehbarer Zeit wieder eine Stütze der wirtschaftlichen Entwicklung werden könnte."
Von einer harten Geduldsprobe für Verbraucher spricht deswegen auch die KfW-Bank. Aber langsam wendet sich das Blatt. "Kräftige Lohnzuwächse sorgen für mehr Geld im Portemonnaie und im September ist endlich mit einem substanziellen Rückgang des Verbraucherpreisanstiegs zu rechnen, wenn die Entlastungspakete des Vorjahres aus der Vergleichsbasisfallen. Das dürfte der lahmenden Konjunktur Rückhalt verleihen."
Quelle: ntv.de, jwu/rts