Nach Newtown-Massaker Investor verkauft Waffenfirma
18.12.2012, 16:00 Uhr
Mit einem Sturmgewehr Typ AR-15 der Firma Bushmaster (im Vordergrund) hatte der Amokläufer 26 Menschen erschossen: Der Finanzinvestor Cerberus will die Waffenschmiede nun verkaufen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach dem Amoklauf an einer US-Grundschule kommt nicht nur Bewegung in die Debatte um ein schärferes Waffenrecht. Zahlreiche Investoren überdenken ihre Engagements bei Waffenherstellern. Cerberus will etwa die Waffenschmiede Freedom Group verkaufen, zu der Remington und Bushmaster gehören. Mit einem Bushmaster-Gewehr tötet der Newtown-Amokschütze 20 Kinder.
Der US-Finanzinvestor Cerberus reagiert auf das Schulmassaker in der US-Kleinstadt Newtown. Das Unternehmen, das die Tatwaffe hergestellt hat, soll verkauft werden. Man werde mit dem Verkauf der Freedom Group umgehend beginnen und die Erlöse an die Investoren weiterleiten, teilte Cerberus mit. Zur Freedom Group gehört auch der Hersteller Bushmaster, der das Sturmgewehr AR 15 anbietet. Diese Waffe sowie zwei Pistolen wurden am Freitag von dem 20-jährigen Attentäter benutzt. Der Mann erschoss 27 Menschen und brachte sich selbst um. Cerberus steht auch unter Druck des kalifornischen Lehrerpensionsfonds, der Hunderte Millionen Dollar bei dem Finanzinvestor angelegt hat.
Das Attentat, dem vor allem Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren zum Opfer fielen, sorgte weltweit für Entsetzen. In den USA ist eine neue Diskussion über das Waffenrecht entbrannt.
Cerberus äußerte sich in der Erklärung entsetzt und bekundete seine Trauer: "Unsere Gedanken und unsere Gebete sind bei den Familien und der Stadt, die von diesem entsetzlichen Ereignis getroffen wurde", hieß es bei Cerberus. Das Massaker sei ein Wendepunkt in der Debatte um Waffenkontrollen.
Die Freedom Group sei aber nicht für das Verbrechen verantwortlich. Keine Firma könne sinnlose Gewalt verhindern. Cerberus betonte zudem, nur Anlageentscheidungen für die Kunden zu treffen und nicht die Rolle von Politikern einzunehmen.
"Freedom Group"
Der kalifornische Pensionsfonds CalSTRS - der zweitgrößte seiner Art in den USA - hatte bereits angekündigt, wegen des Massakers in Connecticut seine Investitionen bei Cerberus zu überprüfen. Der mächtige Kunde hat (Stand Ende März) mehr als 750 Mio. Dollar bei dem Unternehmen angelegt.
Zur Freedom Group gehören eine Reihe von Waffenherstellern, auch die Bushmaster Firearms International. Bushmaster stellt eine zivile Variante des Sturmgewehrs AR-15 her, das zwar nicht mit Dauerfeuer schießen kann, aber dennoch eine hohe Schussfolge ermöglicht. Cerberus übernahm Bushmaster im Jahr 2006 und führte es mit anderen Unternehmen zur Freedom Group zusammen. Eine Schwesterfirma von Bushmaster ist etwa das Traditionsunternehmen Remington.
Cerberus, 1992 vom Wall-Street-Händler Stephen Feinberg gegründet, kauft, saniert und verkauft Firmen. Die Gruppe übernahm 2007 von Daimler die Mehrheit an Chrysler und mischt in Deutschland bei Woolworth mit und hatte auch Interesse an Schlecker. Auch andere Finanzinvestoren sind im Waffengeschäft aktiv. So besitzt das Unternehmen Sciens Capital Management Anteile an Colt - Hersteller des gleichnamigen Revolvers.
Kritik an Waffenfirmen
Nach dem Massenmord in Connecticut kam auch an Finanzinvestoren Kritik auf. So forderte der frühere New Yorker Gouverneur Eliot Spitzer am Montag in einem Gastbeitrag von den Pensionsfonds, Druck auf Cerberus auszuüben. In einem Beitrag für die "New York Times" kritisierte zudem der einflussreiche Wirtschaftskolumnist Andrew Ross Sorkin, dass die Freedom Group und andere Hersteller nach der Gewalttat schwiegen.
Die Amerikaner sind bei der Frage nach schärferen Waffengesetzen gespalten. Allerdings stieg nach dem Massaker der Anteil der Bürger, die für strengere Regeln sind, auf 50 Prozent von zuvor 42 Prozent. Für viele Politiker war das Thema bislang heikel, auch weil Waffenlobbyisten einen großen Einfluss haben. Zum letzten Mal wurde ein wichtiges Waffengesetz auf Bundesebene 1994 verabschiedet. Ein Verbot bestimmter halbautomatischer Waffen lief im Jahr 2004 aus. Strengere Waffengesetze gelten als unwahrscheinlich.
Etwas Normalität
Die Bürger in Newtown versuchen unterdessen, zur Normalität zurückzukehren. Die Schulen der Kleinstadt sollten am Dienstag wieder für 4700 Schüler ihre Tore öffnen. Die Polizei kündigte an, in allen sechs Einrichtungen Beamte zu postieren, um ein größeres Sicherheitsgefühl zu vermitteln. Zudem sollen Schülern und Eltern Berater zur Seite stehen. Die Grundschule Sandy Hook, in der der 20-jährige Täter Adam Lanza am Freitag um sich schoss, bleibt wegen der Ermittlungen noch länger geschlossen.
US-Präsident Barack Obama traf sich bereits am Montag mit Beratern, um über Konsequenzen des Massakers zu sprechen. Er hatte am Sonntag bei der Trauerfeier angekündigt, mehr gegen die Gewaltkriminalität zu unternehmen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa