Kredite werden nicht bedient Werften-Pleite bringt Genting-Konzern in Seenot
11.01.2022, 16:00 Uhr
Kann in den Werften in MV das zu 80 Prozent fertig gestellte Kreuzfahrtschiff vollendet werden?
(Foto: dpa)
Mit der Pleite der MV Werften versiegen für den Genting-Konzern mehrere Geldquellen. Ein Kreditversicherer kündigt sein Engagement. In der Folge drehen Banken den Geldhahn zu. Der Konzern kann seine Gläubiger nicht mehr auszahlen. Vor Gericht kämpft er nun um ein Landes-Darlehen.
Die Insolvenz des Schiffbaukonzerns MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern bringt auch dessen asiatischen Eigentümer Genting Hongkong ins Trudeln. Das Kreuzfahrtunternehmen teilte mit, es könne infolge der Pleite in Deutschland Kredite über knapp 2,8 Milliarden Dollar nicht mehr bedienen. Genting Hongkong macht seine Kreditgeber, vor allem aber den Bund und das Land Mecklenburg-Vorpommern, für den Engpass verantwortlich. Sie enthielten dem Unternehmen insgesamt 336 Millionen Dollar vor, die ihm eigentlich zustünden, so das Unternehmen. Zudem habe der Kreditversicherer Euler Hermes mit Blick auf die düsteren Aussichten für die Kreuzfahrtindustrie die Exportkreditversicherung gekündigt, die für den Bau des Kreuzfahrtschiffes "Global 1" auf der Werft in Wismar wesentlich gewesen sei.
In der Folge werden die Genting-Aktien bis auf Weiteres nicht an der Hongkonger Börse gehandelt. "Der Handel der Aktien wird bis zu einer weiteren Veröffentlichung von internen Informationen weiter ausgesetzt bleiben", hieß es. Hierzu gehöre besonders der Ausgang eines Gerichtsverfahrens am Landgericht Schwerin.
Schlagabtausch vor Gericht
In dem Verfahren klagt Genting gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern auf die Auszahlung eines Darlehens von 88 Millionen US-Dollar (78 Millionen Euro). Schwerin hatte den Kredit im Juni 2021 gewährt, um eine mögliche spätere Liquiditätslücke bei Genting zu schließen. Bei einem mehrstündigen Termin am Dienstag tauschten Land und Konzern ihre Argumente aus. Das Gericht will seine Entscheidung am kommenden Montag verkünden.
In der Verhandlung warf der Genting-Anwalt der Landesregierung vor, zugesagte Gelder nicht ausgezahlt zu haben. Es sei in den Verhandlungen über die weitere Finanzierung ein "Konstrukt präsentiert worden, das die politische Motivation kaschieren" solle, sagte er. Demnach knüpfe das Land die Auszahlung an Bedingungen, die nicht im Vertrag stehen. Dazu gehöre die Forderung nach einer Verdoppelung der Eigenleistung der Eigentümer auf 60 Millionen Euro und Hilfszahlungen des Bundes.
Ein Anwalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern wies den Vorwurf zurück. Allein das Haushaltsrecht gebiete es, die Auszahlung kritisch zu hinterfragen. Außerdem sei der Vertrag für einen möglichen Liquiditätsantrag in Höhe von 148 Millionen Euro geschlossen worden. Inzwischen bestehe jedoch eine Finanzierungslücke von rund 600 Millionen Euro. Die Genting-Seite wies darauf hin, dass dieser Vertrag mit Genting geschlossen worden sei, nicht aber mit den inzwischen insolventen MV Werften. Genting Hongkong sei nicht überschuldet.
Banken verweigern nach Euler-Hermes-Rückzug Zahlung
Die MV Werften hatten am Montag Insolvenz angemeldet, nachdem in Gesprächen von Bund und Land mit Genting keine Lösung über eine weitere Finanzierung gefunden worden war. Die Bundesregierung war nach eigener Darstellung bereit, 600 Millionen Euro bereitzustellen, damit das Schiff fertig gebaut werden könne. Im Gegenzug verlangte der Corona-Rettungsfonds WSF vom Eigentümer 60 Millionen Euro frisches Eigenkapital. Daran scheiterten die Verhandlungen letztlich.
Hinter dem verzweigten Konzern, der vor allem in der Tourismusindustrie tätig ist, steht der malaysische Milliardär Lim Kok Thay, der Eigentümer des Tourismuskonzerns Genting Bhd. Genting Hongkong hatte angesichts des in der Corona-Krise fast brachliegenden Geschäfts bereits im Sommer 2020 eine Sanierung durchlaufen.
Die Banken verweigerten angesichts des Rückziehers von Euler Hermes eine versprochene Meilensteinzahlung von 108 Millionen Euro für den Bau von "Global 1" sowie die Freigabe von 81 Millionen Dollar, die Genting gehörten, erklärte die Firma in einer Pflichtmitteilung an der Hongkonger Börse. Das habe zu einer "sofortigen und beträchtlichen Liquiditätslücke" geführt. Das Unternehmen habe "weiterhin keinen Zugang zu wesentlichen neuen Liquiditätsquellen", räumte Genting ein. Der Verwaltungsrat spreche derzeit mit den Banken, dem Miteigentümer der Tochter Dream Cruises und Beratern über einen Ausweg aus der Krise.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP/dpa