Wirtschaft

Speicher füllen sich Wie lange reicht das Gas?

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In Brunsbüttel entsteht ein LNG-Terminal für die Gasversorgung in Deutschland.

(Foto: IMAGO/penofoto)

Die Gasspeicher sind prall gefüllt, obwohl der Kreml die Lieferungen nach Deutschland gestoppt hat. Doch die Vorräte alleine reichen nicht aus, um durch den Winter zu kommen.

Der Winter naht, die deutschen Gasspeicher sind fast voll. Doch reichen die Vorräte aus, um durch die kalte Jahreszeit zu kommen?

Das hängt vor allem von drei Faktoren ab. Zum einen ist es entscheidend, wie kalt und wie lang der Winter sein wird. Zum anderen kommt es darauf an, wie kräftig beim Gasverbrauch gespart wird. Und dann spielt eine große Rolle, wie viel Gas in den kommenden Wochen nach Deutschland fließt.

Die Speicher sollen helfen, damit hierzulande in der Heizsaison ausreichend Gas zur Verfügung steht. Derzeit sind sie zusammengenommen zu 95 Prozent gefüllt. Manche Anlagen liegen über diesem für den 1. November gesetzlich vorgeschriebenen Ziel, andere darunter. Die wichtigste Speicheranlage in Rehden ist nur zu knapp 84 Prozent ausgelastet, wird aber weiter befüllt. Rein rechnerisch reichen komplett gefüllte Gasspeicher der Bundesregierung zufolge aus, den Bedarf für zweieinhalb durchschnittlich kalte Wintermonate zu decken.

Nach Angaben der Initiative Energien Speichern (INES) - ein Zusammenschluss von Betreibern - werden an kalten Wintertagen bis zu 60 Prozent der Gasversorgung in Deutschland aus den Speichern abgedeckt. Der Rest wird importiert. Nachdem Russland seine Lieferungen komplett gestoppt hat, bezieht Deutschland sein Gas vor allem aus Norwegen. Auch aus Pipelines aus den Niederlanden und Belgien bekommt Deutschland Gas.

Seit dem gestrigen Donnerstag fließt außerdem Gas aus Frankreich. Nach Angaben der französischen Behörde zur Energieregulierung können durch die Leitung bis zu 100 Gigawattstunden täglich gepumpt werden. Derzeit importiert Deutschland jeden Tag insgesamt etwa 3000 Gigawattstunden. Der Anteil aus Frankreich macht also gut drei Prozent aus. "Aber jeder Kubikmeter zählt", sagt Frank Dietzsch vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW).

Die Lage könnte sich entspannen, wenn noch im Winter in Wilhelmshaven und Brunsbüttel die ersten schwimmenden Flüssiggas-Terminals in Betrieb genommen werden und so zusätzliche Import-Kapazitäten zur Verfügung stehen. Die Spezialschiffe können Flüssigerdgas von Tankern aufnehmen und an Bord wieder gasförmig machen. Anschließend soll es ins Versorgungsnetz eingespeist und über Pipelines weiterverteilt werden.

Noch sieht es so aus, als werde der Winter mild. "Derzeit soll es den experimentellen Langfristvorhersagen des Amerikanischen Wetterdienstes NOAA zufolge die kommenden sechs Monate bis einschließlich März zu warm oder deutlich zu warm werden", sagt ntv-Meteorologe Björn Alexander. Ausnahme sei der Dezember, den die aktuellen Trends als durchschnittlich vorhersagen.

"Können erste Sparmaßnahmen sehen"

Das ändert allerdings nichts daran, dass der Bundesregierung zufolge der Verbrauch gesenkt werden muss, um eine Mangellage zu vermeiden, in der Energie für die Wirtschaft rationiert würde. "Wir werden eine Gasnotlage im Winter ohne mindestens 20 Prozent Einsparungen im privaten, gewerblichen und industriellen Bereich kaum vermeiden können", sagt der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Es sei egal, wie warm oder kalt der Winter werde.

Auch vom Science Media Center veröffentliche Kalkulationen zeigen, dass es wohl nicht reicht, sich alleine auf das bereits gespeicherte Gas und weitere Importe zu verlassen. "Das Ergebnis: Ohne Einsparung von Gas führen alle Szenarien im Laufe des Winters zu einer Gasmangellage, selbst die optimistischen", heißt es dort.

Derzeit sieht es so aus, als würde in Deutschland tatsächlich Gas gespart. Haushalte und kleinere Firmen haben in der vergangenen Woche laut Netzagentur deutlich weniger verbraucht als in den vergleichbaren Vorjahreszeiträumen. Müller begründete das auch mit dem dann relativ warmen Wetter. In der Woche zuvor hatte der Verbrauch allerdings deutlich über dem Niveau des Vorjahres gelegen.

Aussagekräftig ist vor diesem Hintergrund, den Gasverbrauch ins Verhältnis zur jeweils herrschenden Temperatur zu setzen. So hat dem Wirtschaftsforschungsinstitut DIW zufolge der Verbrauch in den letzten Wochen zwar zugenommen - "jedoch weniger stark als witterungsbedingt zu erwarten gewesen wäre, wenn sich das Verhalten der Kundinnen und Kunden gegenüber dem letzten Jahr nicht ändern würde."

"Wir können erste Sparmaßnahmen sehen", sagt Müller. Das seien aber alles Momentaufnahmen. "Jetzt ist es noch nicht wichtig", so Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politk. " Ab November zählt es."

Quelle: ntv.de, mit rts/AFP/dpa

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