Panorama

"Attacken, Spucken, Pöbeln" Berliner Freibad-Mitarbeiter schreiben Brandbrief

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Das Verhalten mancher Gäste stellt für die Mitarbeiter eine große Belastung dar.

Das Verhalten mancher Gäste stellt für die Mitarbeiter eine große Belastung dar.

(Foto: picture alliance / Andreas Gora)

Nach einer Auseinandersetzung von Jugendlichen mit Mitarbeitern wird das Columbiabad in Berlin erneut geräumt und geschlossen. Weil der Krankenstand unter den Mitarbeitern anschließend hoch ist, bleibt das Bad dicht. Derweil taucht ein Brandbrief auf, der üble Zustände beschreibt.

Keine Ruhe für das Columbiabad in Berlin-Neukölln: Während das Freibad nach einer Auseinandersetzung mit Jugendlichen am Wochenende auch am Mittwoch weiterhin geschlossen ist, gelangte ein Brief der Belegschaft von Mitte Juni an die Öffentlichkeit. Bei der Einrichtung hieß es, das Columbiabad (Sommerbad Neukölln) bleibe vermutlich die gesamte Woche zu, es werde von Tag zu Tag neu entschieden. "Das Bad ist derzeit aus betrieblichen Gründen geschlossen", war auf der Internetseite zu lesen. Das Freibad war wegen des hohen Krankenstands der Mitarbeiter geschlossen worden.

Die Berliner Bäder-Betriebe bemühten sich, das Bad so schnell wie möglich wieder zu öffnen, so das Unternehmen. Derweil kam nach einem Bericht des "Tagesspiegel" heraus, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits Mitte Juni in einem Brief an die Führung der Bäder-Betriebe gewandt hatten. Darin werde "auf das untragbare Ausmaß der Umstände" aufmerksam gemacht. Täglich werde die Hausordnung "vorsätzlich missachtet". Mitarbeitern, Frauen, Minderheiten, besonders trans und queeren Menschen, werde immer häufiger Gewalt angedroht. "Verbale Attacken, das Spucken oder Pöbeln" seien üblich. Personal werde "bewusst psychisch terrorisiert". Das Sicherheitspersonal sei überfordert und nicht in der Lage, Hausverbote durchzusetzen oder Straftaten anzuzeigen.

Mitarbeiter stellten Forderungen auf

Laut "Tagesspiegel" heißt es in dem Brief des Freibad-Personals, dass in der Regel Jugendliche aus arabischen Familien und zum Teil auch Tschetschenen auffällig seien. Sie ließen sich von Bademeistern nichts sagen und würden als Mob auftreten. Auch dass das Personal teilweise selbst Migrationsgeschichte habe, ändere daran nichts. Die Bediensteten schreiben zudem von einer "eklatanten Unterbesetzung des Personals". Sie fordern unter anderem in der Hauptzeit Zugang und Tageskarten nur für Familien mit Kindern, ständig Polizei vor Ort, nur Online-Tickets und namentlichen Einlass.

Der Berliner Sozialarbeiter Kazim Erdogan plädiert dafür, auf die Eltern von auffälligen Jugendlichen zuzugehen. "Ich bin mir sicher, wenn ich zu den Familien dieser jungen Menschen gehen würde und das darstelle, was sich abgespielt hat, dann werden 90 Prozent der Familien sagen, wir haben davon nichts gewusst", sagte Erdogan, Vorstand des sozialen Vereins Aufbruch Neukölln und Vorsitzender des Berliner Beirats für Familienfragen. "Ja, die Behörden könnten härter durchgreifen, aber alleine mit härteren Strafen und Strafmaßnahmen ist keine Schule zu machen", so Erdogan. Er fordert Angebote für Eltern dieser jungen Menschen, Infoveranstaltungen zu Themen wie Gewalt oder Drogen. "Ich schreie seit Jahrzehnten, dass wir Kontakt zu den Familien aufnehmen müssen." Wenn man es nicht schaffe, die Eltern für diese Themen zu sensibilisieren, dann werde vieles auf der Strecke bleiben.

Das Columbiabad war am frühen Sonntagabend zum wiederholten Mal frühzeitig geschlossen und geräumt worden. Grund sei eine Auseinandersetzung von Jugendlichen mit Beschäftigten des Bades und Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes gewesen, hieß es dazu vom Bäderbetreiber. Der Chef der Bäder-Betriebe, Johannes Kleinsorg, hatte sich bereits besorgt gezeigt: "Die Menge der Vorfälle und das Verhalten einiger Badegäste stellen für unsere sehr engagierten Mitarbeitenden in den Bädern in der Summe eine extreme Belastung dar. Das ist auf Dauer so nicht tragbar." Nach solchen Vorfällen steige die Krankenquote stark an. Das Columbiabad war bereits am Montag aufgrund eines hohen Krankenstandes geschlossen geblieben.

Quelle: ntv.de, rog/dpa

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