RKI sieht positive Entwicklung Darum verliert die Reproduktionszahl an Bedeutung
30.04.2020, 16:12 Uhr
Seit einigen Wochen schaut Deutschland in der Corona-Krise auf die Reproduktionszahl R, die angibt, wie viele andere Menschen ein Infizierter ansteckt. Doch deren Aussagekraft verliert laut RKI an Bedeutung.
Die Infektionszahlen mit dem Coronavirus in Deutschland gehen zurück, die Ansteckungsrate ist unter eins und die Intensiv-Kapazitäten in den Krankenhäusern werden zurückgefahren. Obwohl die erste Welle der Epidemie inzwischen zumindest als weitgehend eingedämmt gilt, ist das Virus in Deutschland laut Experten noch nicht unter Kontrolle.
Vor allem geht es darum, dass die Gesundheitsämter Kontakte und damit Infektionsketten nachverfolgen können. Dafür werden sie mit Personal aufgestockt. Helfen soll später auch die Handy-App, mit der automatisch Menschen mit Kontakt zu Infizierten gewarnt werden. Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass die Ämter derzeit grob 1000 Neuinfektionen pro Tag mit den zugehörigen Infektionsketten kontrollieren könnten. Dann wäre auch Raum für weitere Lockerungen der Corona-Auflagen.
Noch liegt die Zahl der Neuinfektionen aber darüber, zuletzt waren es nach Berechnungen von ntv.de 1474 pro Tag. Allerdings wurden in der vergangenen Woche mit 460.000 Fällen mehr getestet als in früheren Wochen, wo es im Schnitt maximal 400.000 gab. Es wurden also trotz umfangreicherer Prüfungen weniger Infizierte gefunden. Geplant ist, die Testzahl weiter kräftig zu erhöhen. Selbst wenn also dann wieder etwas mehr Infektionen nachgewiesen würden, hieße dies nicht zwangsläufig, dass der positive Trend kippt.
Ansteckungsrate nicht mehr so entscheidend
Dass überhaupt die nächste Phase im Virus-Kampf in den Blick genommen werden kann, liegt auch am Ansteckungsfaktor der vergangenen Wochen. Dieser liegt seit Längerem bei eins und zuletzt mit etwa 0,75 deutlich darunter. Ein Infizierter gibt rechnerisch das Virus also an weniger als einen anderen weiter. In der Folge sank die Zahl der Neuinfektionen auf unter 1500 in den vergangenen Tagen. Der Faktor verliert aber auch laut RKI bei sehr hohen oder sehr niedrigen Zahlen an Bedeutung: Gäbe es täglich beispielsweise 50.000 Neuinfektionen, wäre ein Faktor von um die eins viel zu hoch für die Behandlung von Schwerkranken im Gesundheitssystem.
Bei einer sehr geringen bundesweiten Zahl wiederum kann der Faktor zeitweise über eins liegen, ohne das Gesundheitssystem zu gefährden. Etwa wenn es einen regionalen Ausbruch gibt. Solange dieser aber von den Gesundheitsämtern noch erfasst werden kann, bliebe die Epidemie unter Kontrolle.
Und schon jetzt ist die Lage für die Behörden übersichtlicher geworden: Denn seit über zwei Wochen genesen mehr Menschen als sich neu infizieren. Dies hat dazu geführt, dass in Deutschland derzeit nach ntv.de-Berechnungen weniger als 37.000 Menschen erkrankt beziehungsweise noch infektiös sind - Tendenz sinkend. Das sind nicht einmal halb so viele Erkrankte wie Anfang April.
Quelle: ntv.de, vpe/rts