Panorama

Sammeln verboten, Anbau erlaubtDeutsche entdecken Trüffelzucht für sich

18.07.2021, 15:08 Uhr
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Michael Heiler zeigt die Trüffel, die er auf seiner Plantage geerntet hat. (Foto: picture alliance/dpa)

Das Sammeln von wilden Trüffeln ist nicht nur schwierig, sondern in Deutschland auch verboten. Erlaubt ist dagegen die Zucht, deswegen häuft sich die Zahl der heimischen Trüffelplantagen. Die Bauern sind Pioniere, sie wollen auch die Gastronomie erobern. Ein Sternekoch ist skeptisch.

Schnüffel, schnüffel. Balou läuft schwanzwedelnd mit der Nase am Boden entlang, um die kleinen Bäume herum und fängt dann an zu buddeln, was das Zeug hält. Erdklumpen fliegen - ob da ein Trüffel dabei ist? Der Laie würde es nicht sehen, aber Michael Heiler, der bei Waghäusel nahe Karlsruhe drei Trüffelplantagen hat, schon. Außerdem zeigt ihm Trüffel-Suchhund Balou mit der Schnauze an, wenn er etwas gefunden hat. Brav, sagt Heiler. Balou bekommt ein Leckerli in Form von Leberwurst aus der Tube. Und weiter geht's.

Die Ausbeute an dem Tag ist nicht schlecht: Innerhalb von eineinhalb Stunden findet der fast neun Jahre alte Golden Retriever einige sogenannte Burgundertrüffel. Der kleinste ist so groß wie ein Kirschkern, der größte hat immerhin den Umfang eines Gummiflummis und wiegt schätzungsweise 60 Gramm.

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Balou hat eine exzellente Trüffelnase. (Foto: picture alliance/dpa)

Heiler lebt seine Trüffel-Leidenschaft seit vielen Jahren, fing mit einer Anlage an, heute sind es drei mit insgesamt etwa 200 Bäumen. Er betreut einen halben Hektar Land, den Boden hat er dafür mühevoll mit Kalk aufbereitet, damit die Trüffel gedeihen können. Die Zahl seiner trüffelanbauenden Kollegen im Südwesten schätzt er auf etwa 20.

250 bis 350 Trüffelanbauer

Trüffel zu züchten sei sehr aufwendig, erzählt er. Und doch: Laut dem Verband für Trüffelanbau und Nutzung in Deutschland gehört der 48-Jährige einer seit 2014 steigenden Zahl von Menschen an, die die begehrte Delikatesse züchten. "Wir schätzen die Zahl der Trüffelanbauer bundesweit auf derzeit 250 bis 350", sagt Verbandssprecher Markus Mayer. Die Gesamtanbaufläche betrage zwischen 300 und 400 Hektar. Die Erntemenge sei aber noch gering. "Die Datenlage ist sehr schwierig."

Landwirtschafts- und Umweltministerium können ebenfalls nicht mit Zahlen aufwarten. Der Markt in Deutschland, einst Exportnation für die sündhaft teuren Knollen, muss sich erstmal entwickeln", sagt Silke Friedrich, die mit ihrer Freiburger Trüffelbaumschule vor Kurzem nach Bayern umgesiedelt ist. Die Nachfrage sei zwar da. "Die Allermeisten bestellen aber weiterhin aus dem Ausland, weil die deutschen Plantagen noch nicht so weit sind."

Bis Trüffel zum ersten Mal geerntet werden können, dauert es sieben bis acht Jahre. So mancher Anbauer sieht der ersten Ernte noch entgegen, die meisten Plantagen sind jung.

"Geimpfte" Bäume

Ludger Sproll, der mit seinem Geschäftspartner Ulrich Stobbe vor zehn Jahren die eigenen Angaben zufolge erste Trüffelbaumschule Deutschlands gründete, sieht auf jeden Fall einen lohnenden Markt. "Die Gastronomie ist sehr beeindruckt."Trüffel würden pro Tag fünf Prozent ihres Geschmacks und Geruchs verlieren - "je regionaler, desto frischer", erklärt er.

Auf den Verkauf von Trüffelbäumen spezialisierte Baumschulen wie seine oder die von Silke Friedrich "impfen" als Wirtsbaum geeignete Bäume wie Haselnuss oder Eiche mit den Trüffelsporen. Der Trüffelpilz siedelt sich dann in den Wurzeln an und geht, gute Bedingungen vorausgesetzt, eine lebenslange Symbiose mit dem Baum ein.

In Deutschland dürfte es Sprolls Angaben zufolge Tausende Fundstellen für wilde Trüffel geben - sie zu ernten und zu vermarkten, ist in Deutschland aber verboten, auch wenn für Forschungszwecke laut Umweltministerium mitunter Ausnahmen gemacht werden. Andere Länder erlauben die Trüffelsuche, zumindest mit etwas großzügigeren Sonderlizenzen. Davon hält das Umweltministerium nichts. Auch die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) will keine Trüffelsammelei unterstützen, die gewerblichen Zwecken dient. Bleiben in Deutschland also Trüffel von Plantagen.

Ein Sternekoch ist skeptisch

Regionale Restaurants seien daran sehr interessiert, sagt Heiler. Aber ob Trüffel aus heimischer Zucht auch ihren Weg in die Spitzengastronomie finden? Experten sind sich uneins. Aus Sicht von Sproll stehen sie den aus dem Ausland importierten geschmacklich in nichts nach. Ein Sternekoch aus Baden-Württemberg, der lieber anonym bleiben will, ist hingegen skeptisch. Die Qualität sei bislang einfach nicht mit jener aus Italien oder Frankreich vergleichbar. "Leider habe ich noch kein einheimisches Produkt gefunden, das mit der Qualität der Nachbarländer zu vergleichen wäre", sagt auch Elisabeth Albrecht vom Trainerteam der deutschen Köche-Nationalmannschaft des Verbandes der Köche Deutschlands (VKD).

Mayer vom Trüffelverband ist jedoch optimistisch. Noch habe man zu wenig Erfahrung mit hierzulande gezüchteten Trüffeln, um Qualitäten grundsätzlich beurteilen zu können. "In zehn Jahren wird die Sterne-Gastronomie möglicherweise ganz anders darüber denken."

Quelle: ntv.de, Anika von Greve-Dierfeld, dpa

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