Panorama

Spektakulärer Kunstraub Ein Caravaggio in den Fängen der Mafia

Caravaggio malte das Bild 1609. Es wäre heute vermutlich 30 Millionen Euro wert.

Caravaggio malte das Bild 1609. Es wäre heute vermutlich 30 Millionen Euro wert.

(Foto: commons.wikimedia.org)

Seit mehr als fünf Jahrzehnten suchen italienische Ermittler und das FBI nach einem Gemälde des Meisters Caravaggio, das in Palermo gestohlen wurde. Ergebnislos. Die Aussagen eines Kronzeugen weisen nun auf eine neue Spur.

Die "Geburt Christi mit den Heiligen Laurentius und Franziskus" befand sich einst im barocken Oratorio di San Lorenzo der sizilianischen Hauptstadt Palermo. Von dort wurde das Gemälde von Michelangelo Merisi da Caravaggio in der Nacht vom 17. zum 18. September 1969 gestohlen. Ein Diebstahl, der wahrscheinlich kein großes Geschick voraussetzte, denn das Kunstwerk war in dem Franziskanerkloster in keiner Weise geschützt.

Der Raub der "Geburt Christi" gehört zu den zehn berühmtestem Kunstdiebstählen, zusammen mit einer Stradivari aus New York und einem Picasso aus dem Museum Chacara Do Ceu in Rio de Janeiro, wird es unter den "Top Ten Art Crimes" auf der Liste des FBI geführt.

Der Caravaggio galt bis vor kurzem aber nicht nur als verschollen, man befürchtete sogar, er sei zerstört worden. Jetzt gibt es jedoch wieder Hoffnung, dass das Gemälde doch noch irgendwo versteckt sein könnte. Die Vermutung gründet auf der Aussage eines "Pentito", eines ehemaligen jetzt geständigen Mafioso. Dieser Kronzeuge behauptete unlängst bei einem Verhör, das Gemälde sei auseinandergenommen und schon vor 50 Jahren ins Ausland gebracht worden.

Gerüchte und Legenden

So paradox es auch klingen mag, dieser Kunstkrimi passt irgendwie zur Vita des Meisters. Die "Chiaroscuri", das Helle und das Dunkle, prägten nicht nur Caravaggios Werke sondern auch sein bewegtes und kurzes Leben, er starb mit 38 Jahren. Auch seine, für jene Zeit ungewöhnlich realistisch dargestellten Figuren, schöpfte er aus dem Alltag. Denn er verkehrte nicht nur mit gehobenen Auftraggebern, Prälaten, Prinzen und Fürsten, sondern auch mit Gaunern und Zechbrüdern.

Wer den Diebstahl in Palermo in Auftrag gegeben hat, bleibt bis heute ein Rätsel. Was wiederum Gerüchte und Legenden befeuert hat. Eine dieser Geschichten hat aber mit der Zeit immer mehr Konturen angenommen. Und zwar jene, die hier die Mafia am Werk sieht. Es war der Cosa Nostra Boss Giovanni Brusca, der als erster mit dem Richter Giovanni Falcone, darüber sprach.

Brusca meinte, es stecke der Clan der Corleonesi dahinter, der gegen Rückerstattung des Gemäldes, eine mildere Gefängnisordnung für die Mafiosi forderte. Eine andere Geschichte erzählt wiederum, das Bild sei beim Boss Gaetano Badalamenti gelandet, der es als noblen Hintergrund für die Treffen von Cosa Nostra bei sich Zuhause hängen hatte. Und dann gibt es noch zwei weitere Gerüchte: Dem ersten zufolge soll das Bild zusammen mit einem Boss begraben worden sein. Dem zweiten zufolge, soll es in einem Stall versteckt worden sein, und dort hätten es Ratten und Feuchtigkeit zerstört.

Eine neue Spur

Es sind diese Geschichten, die so manch kreatives Gemüt inspirierten. 1984 veröffentlichte der englische Journalist Peter Watson das Buch "The Caravaggio Conspiracy". Darin erzählt er, wie er sich zusammen mit dem Geheimagenten und Kunsthistoriker Rodolfo Siviero auf die Suche nach dem Bild machte. Ein Kunsthändler hatte Siviero angeblich den Verkauf des Gemäldes angeboten. Auch ein Treffen für die Übergabe war schon ausgemacht. Doch am Abend des 23. Novembers 1980 wurde das süditalienische Irpinia von einem Erdbeben heimgesucht und das Treffen platzte.

An der Geschichte mit der Mafia dürfte aber doch etwas Wahres daran sein. Dies scheint nun auch der parlamentarische Mafia-Ausschuss zu bestätigen. Laut einer protokollarisch aufgenommenen Aussage des Pentito Gaetano Grado, soll "Gaetano Badalamenti, damaliger Boss der 'Cupola' (der Spitze der Mafia Bosse), selbst für die Ausfuhr des Bildes, höchstwahrscheinlich gesorgt und im Gegenzug eine hohe Summe dafür bekommen haben".

Offenbar ging das Bild in die Schweiz. Grado habe erzählt, "das Gemälde ist in mehrere Teile auseinandergenommen worden, um so auf dem Schwarzmarkt verkauft zu werden". Wie man in der Tageszeitung "La Repubblica" lesen konnte, deckt sich Grados Aussage mit der eines anderen Pentito. Außerdem soll er den Schweizer Antiquar wiedererkannt haben, der damals nach Palermo gekommen war. Und obwohl dieser mittlerweile verstorben ist, stellt sein Name ein weiteres Puzzlestück dar, um vielleicht eines Tages das Rätsel über den Verbleib des Gemäldes zu lüften.

Quelle: ntv.de

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