Panorama

Mysteriöser Angriff in Malaysia Hacker stehlen MH370-Daten

Ungelöste Fragen hängen über dem Drehkreuz: Am Kuala Lumpur International Airport rollt eine 737-400 der Malaysia Airlines an den Start.

Ungelöste Fragen hängen über dem Drehkreuz: Am Kuala Lumpur International Airport rollt eine 737-400 der Malaysia Airlines an den Start.

(Foto: REUTERS)

Das Rätsel um Flug MH370 wird immer verworrener: Seit Anfang März ist der Passagierjet mit mehr als 300 Menschen an Bord verschollen. Nun dringen unbekannte Angreifer in die Computer der Ermittler ein. Die Spur führt angeblich nach China.

Aufregung in Malaysia: Mehr als fünf Monate nach dem mysteriösen Verschwinden einer nahezu vollbesetzten Boeing 777-200 der Fluggesellschaft Malaysia Airlines haben malaysische Sicherheitsbehörden einen elektronischen Einbruch in die offiziellen Ermittlungsdatenbanken registriert.

Bislang unbekannte Täter seien in das Computersystem der zuständigen Behörde eingedrungen und hätten dort offenbar gezielt Informationen zum Ermittlungsstand entwendet, heißt es aus der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Dort war Flug MH370 am Abend des 7. März mit dem Ziel Peking gestartet.

Am Zielflughafen in der chinesischen Hauptstadt kam der zweistrahlige Passagierjet jedoch nie an. In den frühen Morgenstunden des 8. März, wenige Stunden nach dem Start, riss der Kontakt zu der Maschine unvermittelt und ohne jegliche Vorwarnung ab. Bis jetzt liegen noch immer keine konkreten Anzeichen für technische Probleme oder Hinweise auf anderweitige Schwierigkeiten an Bord vor. Der Funkverkehr verlief völlig unauffällig.

Flug MH370 galt zunächst als vermisst. Umfangreiche Suchaktionen liefen an, die nach und nach in vollkommen unterschiedliche Meeresregionen verlegt und ausgeweitet wurden. Schließlich gingen die malaysischen Behörden von einem Absturz auf offener See aus und erklärten die Menschen an Bord schließlich für tot.

In ihrer verzweifelten Trauer warfen wütende Angehörige den malaysischen Behörden schwere Fehler vor. Insbesondere die teils chaotischen Ermittlungen in der frühen Phase des Unglücks waren tatsächlich dazu geeignet, Zweifel an den offiziellen Verlautbarungen zu wecken. Auch von Seiten Chinas, das die Mehrheit der mutmaßlichen Opfer zu beklagen hat, kamen formelle Beschwerden. Schnell kamen in der breiten Öffentlichkeit Verschwörungstheorien auf. Spekuliert wird seitdem unter anderem auf vorsätzliche Täuschungsmanöver, um das angebliche Versagen offizieller Stellen zu vertuschen.

Daten nach China geschafft?

Diese Umstände machen den Diebstahl der Ermittlungsdaten auch politisch besonders brisant. Wie es aus Malaysia nun heißt, hätten die Hacker die Computer von Ermittlern angezapft und gestohlene Daten nach China geschafft. 30 Computer seien von Schadprogrammen infiziert worden, sagte der Chef der Agentur für Internetsicherheit, Amirudin Abdul Wahab, der Zeitung "Star".

Das Spionageprogramm sei über die Datei eines vermeintlichen Zeitungsartikels zum Thema MH370 eingeschleust worden. Der Sicherheitsbeauftragte habe die internationale Polizeiagentur Interpol eingeschaltet.

Side Scan Sonar

Technisch funktioniert ein solches Sonar so, dass ein akustisches Signal seitlich von dem von einem Schiff geschleppten System abgestrahlt wird. Trifft dieses Signal auf eine Grenzfläche (z.B. den Meeresboden), wird das Signal reflektiert und ein Teil wird wieder vom Gerät aufgefangen, solange die Grenzfläche nicht völlig glatt ist.

Die Stärke dieser Rückstrahlung hängt von der Neigung des Meeresbodens, dem Einfallwinkel des Signals und von der Beschaffenheit des Meeresbodens ab. Der entscheidende Faktor ist dabei die Rauhigkeit des Bodens. Im Allgemeinen ist ein kiesiger Boden rauher als ein sandiger und dieser wiederum rauher als ein schlammiger.

So lassen sich mit Seitensicht-Sonargeräten unterschiedliche Ablagerungen am Meeresboden kartieren. "Aufgrund dieses Prinzips können wir auch Gesteinsschichten von anderem Material, wie zum Beispiel den Wrackteilen eines Flugzeugs unterscheiden", erläutert Geophysiker Jörg Bialas vom Kieler Geomar.

(Quelle: Geomar)

Das Wrack von Flug MH370 blieb bislang unauffindbar. Selbst von sicher identifizierbaren Trümmerteilen des Flugzeugs fehlt bislang jede Spur. Damit fehlen streng genommen auch belastbare Beweise für die bislang plausibelste Annahme, der Passagierjet sei führerlos und mit leergeflogenen Tanks über dem offenen Meer niedergegangen.

Technik aus Deutschland

Wie jüngst bekannt wurde, hegen Experten durchaus noch Hoffnung, das Wrack der Maschine zu finden. Bei der Suche nach neuen Hinweisen auf den Verbleib des seit mehr als fünf Monaten verschollenen Passagierflugzeugs soll demnächst auch ein spezielles Tauchschleppgerät aus Deutschland zum Einsatz kommen.

"Eine holländische Bergungsfirma hat sich unser 'Side Scan Sonar' gemietet", bestätigte Andreas Villwock, Pressesprecher des Geomar-Helmholtzzentrums für Ozeanforschung in Kiel. Das Tauchgerät wird wie ein mit Technik vollgestopfter Torpedo an einem Kabel durch das Einsatzgebiet geschleppt. Es ist speziell auf den Einsatz in großer Tiefe ausgelegt und kann dort den Meeresboden mittels Schallimpulsen absuchen.

"Das System kann in Wassertiefen bis zu 6000 Metern eingesetzt werden und hat je nach Entfernung zum Meeresboden eine Auflösung von 25 bis 100 Zentimetern", erklärte Jörg Bialas, Geophysiker am Geomar. Seitensichtsonare werden demnach von den Meeresforschern häufig eingesetzt, um die Struktur des Meeresbodens näher zu untersuchen. Aus den mit solchen Geräten gewonnenen Informationen lassen sich zum Beispiel Hinweise auf veränderte Strukturen am Meeresboden oder auf geologische Störungen im Untergrund gewinnen.

Einzelteile am Meeresgrund

"Wir haben es bis Ende des Jahres vermietet, dann brauchen wir es wieder selber", erklärte Geomar-Sprecher Villwock. Das etwa zweieinhalb Meter lange und 900 Kilogramm schwere Kieler Tauchgerät ist unbemannt und wird geschleppt. Es könne koffergroße Teile in Tausenden Metern Tiefe erkennen, erklärte Villwock. Dabei entstehen keine Fotos, vielmehr handelt es sich um ein indirektes Bildverfahren.

Zeitweilig war für die Suchaktion vor Australien auch die Unterwasser-Drohne "Abyss" von Geomar im Gespräch. Dieses deutlich größere Unterwasserfahrzeug aus Deutschland kommen diesmal jedoch nicht zum Einsatz, hieß es aus Kiel. "Abyss wird in den kommenden Monaten für verschiedenen wissenschaftliche Expeditionen benötigt und kann daher nicht zur Verfügung gestellt werden", erklärte Villwock. Dafür leihen die Kieler Forscher aber ihr Schleppsonar aus.

"Bei dem geschleppten System handelt es sich aber auch um ein sehr leistungsfähiges Gerät, dass in der Auflösung Abyss in nichts nachsteht und kurzfristig zur Verfügung gestellt werden kann", erklärte Villwock. Das Sonarsystem habe sich "auf vielen wissenschaftlichen Expeditionen bestens bewährt". Außerdem ist es für dieses System nicht erforderlich, eigenes Personal abzustellen.

Angehörige fordern vehement, die Suche nach dem Verbleib der Maschine auf keinen Fall aufzugeben. Psychologisch gesehen ist Gewissheit über das Schicksal von Crew und Passagieren für die Betroffenen von enormer Bedeutung. Die schwebende Ungewissheit ist allerdings auch für Piloten, Luftfahrtaufsicht, die angeschlagene Fluggesellschaft Malaysia Airlines und insbesondere auch für den Hersteller des Jets nur schwer zu ertragen.

Auf politischer Ebene könnte die restlose Aufklärung des mysteriösen Vorfalls zu einer Normalisierung der zuletzt deutlich angespannten Beziehungen zwischen China und Malaysia beitragen. Gestützt auf eine Analyse technischer Signale zwischen der Unglücksmaschine und einem Kommunikationssatelliten konzentriert sich die Suche mittlerweile auf eine abgelegene Meeresregion vor der Südwestküste Australiens. In verschiedenen Initiativen wollen Angehörige die technisch aufwändige Suche am Meeresgrund zur Not auch durch private Spendenaktionen finanzieren.

In Kiel hoffen die deutschen Wissenschaftler, mit ihrem Spezialgerät weiterhelfen zu können. "Wir wünschen der Suchmannschaft alles Gute und hoffen mit unserer Unterstützung einen Beitrag zur Aufklärung des mysteriösen Verschwindens von MH370 leisten zu können", teilte das Forschungszentrum mit.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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