Hochwasser-Katastrophe am Ural So trifft die Frühjahrsflut russische Städte
12.04.2024, 19:47 Uhr Artikel anhören
Satellitenfoto vom 11. April: In den Höhenlagen des Ural liegt noch Schnee.
(Foto: © ESA / Sentinel Hub)
Mit dem Frühling kommt das Wasser: Tief im russischen Hinterland kämpfen mehrere Städte und Regionen gegen die Fluten. Satellitenbilder aus der Region Orenburg und Orsk deuten daraufhin, dass die Hochwasserkatastrophe andauern könnte.
In den russischen Hochwassergebieten am Ural bleibt die Lage angespannt. Mit einer raschen Entwarnung sei nicht zu rechnen, heißt es aus dem Katastrophenschutzministerium in Moskau. Tatsächlich deuten aktuelle Satellitenbilder aus der Region auf anhaltende Probleme hin, die Schneeschmelze dauert an.
Im südlichen Ural, an dessen Ausläufern die beiden bisher am stärksten betroffenen Städte Orenburg und Orsk liegen, sind die höheren Lagen noch mit einer fast durchgehenden Schneedecke bedeckt, wie Aufnahmen aus dem europäischen Erdbeobachtungsprogramm Copernicus vom 11. April zeigen. Mit den steigenden Temperaturen der vergangenen Tage dürften die dort gespeicherten Niederschläge des Winters schnell abschmelzen, die Pegelstände könnten damit noch weiter steigen.
Schon jetzt können Bäche und Flüsse in den tieferen Lagen die Massen an Schmelzwasser nicht mehr fassen. Dämme und Behelfsbarrieren sind aufgeweicht. In den Flussniederungen am Südrand des riesigen Gebirgszugs stehen ausgedehnte Flächen unter Wasser. Zahlreiche Siedlungen und vereinzelt auch Industrieanlagen sind überflutet.
In der rund 550.000 Einwohner zählenden Großstadt Orenburg stieg der Pegelstand des Flusses Ural auf 10,60 Meter - fast anderthalb Meter über der kritischen Marke. Der Stadtkern selbst liegt zwar weitgehend sicher auf einer Anhöhe. Am Stadtrand und in den umliegenden Dörfern jedoch haben die braunen Fluten mehrere Wohngebiete erreicht. Mehr als 2000 Wohnhäuser und mehr als 2500 Gartengrundstücke sollen im Stadtgebiet unter Wasser stehen.
Insgesamt sind in der Region nach Zählung der örtlichen Behörden knapp 12.000 Wohnhäuser von der Flut betroffen. Die Stadt Orenburg liegt am südlichen Ende des Urals oberhalb des gleichnamigen Flusses, der von hier weiter Richtung Westen fließt, um 750 Kilometer weiter stromabwärts ins Kaspische Meer zu münden. Bei Orenburg verengt sich das Flusstal, wodurch sich das Frühjahrshochwasser zusätzlich aufstaut.

Dammbruch bei Orsk: Tiefer liegende Wohngebiete stehen unter Wasser.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
In den Falschfarbenaufnahmen der europäischen Sentinel-2-Satelliten erscheinen offene Wasserflächen in Dunkelgrau bis Schwarz. Wälder, Wiesen und Ufervegetation sind an roten Farbtönen erkennbar. Der Vergleich mit Satellitenbildern aus dem vergangenen Sommer ermöglicht es, die Ausdehnung der Flutzone zu erfassen. Die Hochwasserkatastrophe erstreckt sich von Orenburg (im Bild links der östliche Stadtrand) flussaufwärts über eine Strecke von mehr als 250 Kilometer auf ganzer Breite der Flussniederungen bis nach Orsk (rechts im Bild).
Die Stadt ist von dem Hochwasser ebenfalls schwer getroffen: Die rund 240.000 Einwohner zählende Regionalmetropole liegt gut 200 Kilometer Luftlinie östlich von Orenburg am Oberlauf des Flusses Ural an den südöstlichen Ausläufern des gleichnamigen Gebirges im Grenzgebiet zu Kasachstan. In Orsk bildet das Terrain ebenso wie in Orenburg einen natürlichen Engpass für das Hochwasser. Mit dem anschwellenden Pegel erreichte das Wasser hier vor allem die nahe am Ufer entstandenen Wohnsiedlungen.
Das Frühjahrshochwasser führt an weiteren Orten zu Problemen. Berichte über ausgedehnte Überschwemmungen erreichen die Moskauer Katastrophenschutzzentrale auch aus den westsibirischen Gebieten Kurgan und Tjumen. Der Scheitel der Flut wird dort erst in einigen Tagen erwartet. Im Gebiet Kurgan mussten bereits 6200 Menschen ihre Häuser verlassen, heißt es. Auch auf kasachischer Seite kämpfen Anwohner niedrig gelegener Orte mit Überschwemmungen. Zehntausende Menschen hätten sich aus der Flutzone in Sicherheit gebracht.
Die Frühjahrsflut fällt in diesem Jahr außergewöhnlich heftig aus. Auslöser ist neben dem Abschmelzen großer Schneemassen vor allem auch die Wetterlage: Mit den steigenden Temperaturen kam es in der Region zu ergiebigen Niederschlägen in Form von Regen. Unter ungünstigen Bedingungen können sich zudem treibende Eisschollen auf den Flüssen verkeilen und so zusätzliche Barrieren für das abfließende Wasser erzeugen. Nahe der Stadt Orsk waren in den vergangenen Tagen zudem mehrere Dämme gebrochen.
Politisch schlägt die Flutkatastrophe am Ural hohe Wellen: Der in Russland für den Katastrophenschutz zuständige Minister Alexander Kurenkow flog am Donnerstag in die betroffene Region im Süden des Uralgebirges. Er wolle sich dort ein Bild vom Einsatz der Rettungskräfte machen, berichtete die Agentur Tass. Das ganze Ausmaß der Schäden ist noch unklar. Immerhin: In Orsk begann der Wasserstand zuletzt bereits wieder zu sinken.
Quelle: ntv.de